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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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fragte sich, ob er das wirklich tun konnte. Da tauchte in einem der hohen Fenster eine schlanke, weibliche Gestalt auf und zog die Vorhänge zu. Wenn er später an diesen Moment zurückdachte, war ihm klar, dass dies der absolute Tiefpunkt für ihn gewesen war, diese kleine, häusliche Geste. Nie hatte er sich einsamer, nie ausgeschlossener gefühlt.
    Die Welpen begannen in der feuchten Schachtel zu zappeln.
Es ist ja nicht für lange, versuchte er sich zu trösten und wischte sich mit der freien Hand übers Gesicht. Bloß bis der Wurf entwöhnt ist und ich sie verkaufen kann. Bis ich wieder auf die Beine gekommen bin. Er klemmte sich die Schachtel fester unter den Arm, befahl den Hunden, keinen Laut von sich zu geben, und schritt dann um den Garten herum, bis er die gesuchte Tür erblickte, eine Tür in einem Backstein-Anbau mit einem Wellblechdach, der sich an eine Wand des Haupthauses lehnte.
    Das Schloss war schon seit Ewigkeiten zerbrochen, seit er zurückdenken konnte, das Holz drum herum so verrottet, dass das verrostete Eisenschloss von selbst herauszufallen drohte. Dem leisen Klang einer Geige und der kurzzeitig erhobenen Stimme eines Kindes lauschend, öffnete er die Tür und schlüpfte ins Innere des Anbaus. Vorsichtig tastete er sich die wenigen Stufen hinab. Es roch leicht nach Petroleum und nach Schwefel, aber wenigstens war’s trocken und außerdem einige Grade wärmer als draußen, wo es nachts immer noch recht kalt wurde. Das leise Dröhnen des Heizkessels drang an sein Ohr, doch erst, als er die Tür fest hinter sich zugezogen hatte, wagte er es, seine Taschenlampe anzumachen.
    Alles war so, wie er es in Erinnerung hatte: der L-förmige Raum unter dem Haus, in einer Ecke der klapprige rostige Heizkessel, neben der Tür der alte Stapel Holz, der ihn vor flüchtigen Blicken schützte. Das schmutzige alte Waschbecken, das früher Handwerker und Hausierer benutzt hatten, und schließlich die Tür, die zur Küche hinaufführte, an der aber seit Jahren ein Vorhängeschloss hing. Von dieser Seite hatte er keine Gefahr zu befürchten; keines der Kinder würde sich hier runter verirren. Niemand hatte einen Grund, überhaupt hier reinzuschauen, ja es konnte gut sein, dass die Witwe gar nichts von diesem Raum wusste.
    Byron stellte die Schachtel mit den Welpen auf den Boden und entrollte seinen Schlafsack. Meg legte sich mit zufriedener
Erschöpfung auf die Seite und begann ihren Wurf zu säugen. Den Rest seiner Habseligkeiten würde er am nächsten Tag holen. Er gab Elsie und Meg zu fressen, stellte ihnen eine Schüssel Wasser hin und versuchte, sich so gut er konnte am Waschbecken zu waschen. Dann knipste er seine Taschenlampe aus und setzte sich in eine Ecke, unter ein vergittertes Kellerfenster, durch das ein Stück Nachthimmel zu sehen war. Er versuchte, sich auf die Geräusche der Hunde zu konzentrieren und nicht auf seine Umgebung, auf seine Lage. Er versuchte, an gar nichts zu denken. Das hatte er schon vor langer Zeit gelernt.
    Er wollte gerade in seinen Schlafsack schlüpfen, als er etwas Metallisches aufblitzen sah. Neues, glänzendes Metall, nicht das alte rostige, das es überall in diesem alten Haus gab. Byron nahm seine Taschenlampe zur Hand und leuchtete dorthin, wo er etwas gesehen hatte.
    Am Boden neben der Tür, die ins Haus hinaufführte, stand ein Kleintierkäfig aus Draht, mit einer Plastikschale und einem Griff oben für den Transport. Immerhin groß genug, um darin eine kleine Katze unterzubringen.
    Als Byron den Käfig hochhob, erblickte er in einer Ecke Kotbällchen. Der Käfig war nicht für den Transport einer Katze verwendet worden.
    Und das Schloss zum Küchenaufgang war aufgebrochen worden.
    Seine schlimme Lage für den Moment vergessend, setzte sich Byron auf seinen Schlafsack. Er musste an den Besucher denken, der so unerwartet auf der Küchenschwelle aufgetaucht war.

DREIZEHN
    S ie hatte gehört, dass es in einem so alten, verfallenen, abgelegenen Haus in den Wintermonaten ganz schön hart werden konnte. Der Wind würde durch die Ritzen pfeifen, Kälte und Nässe würden durchs löchrige Dach eindringen, und das Haus würde die Feuchtigkeit, die vom See her den Boden durchdrang, aufsaugen. Aber auch der Sommer hatte seine Tücken, wie sie jetzt feststellen musste. Man hätte meinen können, die Natur wisse, dass der letzte Pottisworth gestorben war und nun Eindringlinge im Haus wohnten. Es war, als würde sie das Spanische Haus für sich zurückfordern, Backstein für

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