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Der Klang des Herzens

Titel: Der Klang des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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hinzugeben, ihm auszuhändigen, zu überlassen. Zu spüren, wie ihre ungezügelte Lust erwidert wurde. Die jähe, fast schmerzhafte Freude, ihn in sich zu spüren.
    Doch dann war der Zauber jäh verflogen, früher, als es noch einigermaßen angenehm gewesen wäre. Er war nicht
ihr Mann. Er war nicht jemand, den sie wollte, auf sich, in sich. Aber die Dinge waren zu dem Zeitpunkt schon zu weit gediegen, um noch abbrechen zu können. Also hatte sie die Augen zugemacht und es erduldet. Hatte sich ausgeklinkt, sich in jemand Kaltes, Gefühlloses verwandelt. In jemanden, der sich fürchterlich schämte. Am schlimmsten war jedoch, wie liebevoll er hinterher gewesen war, so zufrieden, so glücklich. Er schien zu glauben, dass sie es hinauszögern, es vielleicht sogar noch einmal hätte machen wollen.
    Und jetzt wurde sie, zusätzlich zu allem anderen, auch noch von drückenden Schuldgefühlen geplagt. Nicht nur wegen seiner Frau, auch ihretwegen. Sie hatte erst vor einem Jahr ihren Mann verloren, trauerte immer noch um ihn, dachte Tag und Nacht an ihn. Und ausgerechnet sie hatte sich so beiläufig einem anderen hingegeben. Sie hatte das verraten, was sie und Laurent gehabt hatten. Mehr noch: Sie hatte das Gefühl, dass die Sache mit Matt alles auslöschte, was gewesen war.
    Ein scharfes Knacken riss Isabel aus ihren Gedanken. Thierry hatte soeben begonnen, die Gliedmaßen abzudrehen. Der Pelz war verschwunden, auch der Kopf, die Pfoten und jetzt auch die Hinterläufe. Alles, was übrig blieb, war der nackte Torso, ein roher, blutiger Fleischklumpen. Thierry wusch ihn unter dem Wasserhahn ab, wobei er sich auf die Zehenspitzen stellen musste. Dann zeigte er ihn stolz vor. Der Torso war vollkommen leer, ausgehöhlt. Dort, wo das Herz gewesen war, befand sich nun eine nackte Vertiefung.
    Isabel unterdrückte ein Schaudern. »Ganz toll, Schätzchen. Das hast du wirklich gut gemacht.«
    Er griff zum nächsten Kaninchen, legte es behutsam auf die Plastiktüte und machte sich mit blutigen Fingern ans Werk.
    Isabel legte den bereits ausgeweideten Kadaver in Salzwasser, so wie Byron es ihr empfohlen hatte. Das machte das Fleisch anscheinend zarter.

     
    Bevor sie ihn sah, sah sie sein Auto zwischen den Bäumen aufblitzen, auf der anderen Seite des Sees. Dort war die Stelle, die sie ihm gezeigt hatte, wo sie sich zum ersten Mal unterhalten hatten. Sie war seitdem öfters dort gewesen, vor allem an Tagen, an denen Matt sich besonders unmöglich verhalten hatte. Ihr klangen noch die Worte ihres Sohnes in den Ohren.
    »Wir sind verheiratet«, hatte sie ihm entgegengehalten, »und das bedeutet etwas, ob du’s glaubst oder nicht. Es bedeutet, dass man in schweren Zeiten nicht einfach abhaut. Man muss versuchen, das durchzustehen, mit seinen Problemen fertigzuwerden.«
    »Wenn du’s sagst«, hatte Anthony gebrummt.
    »Was soll das schon wieder heißen?«
    »Na, ich werde bestimmt nicht heiraten, wenn es bedeutet, so zu werden wie ihr. Schaut euch doch bloß an«, sagte er zornig. »Ihr seid nicht mal Freunde. Ihr lacht nie miteinander. Ja, ihr redet nicht mal richtig miteinander.«
    »Das ist unfair.«
    »Ihr seid wie so ein Pärchen aus einer Fifties-Sitcom. Er betrügt dich, du verzeihst ihm. Er stellt was an, du kehrst hinter ihm auf. Ihr zwei seid wie ein schlechter Deal.«
    Sein Auto stand ein wenig abseits neben dem Pfad. Sie warf beim Vorbeigehen einen Blick hinein, sah die Landkarte, die herumliegenden Papiere und wusste bereits, dass es nur einen Grund geben konnte, warum er zurückgekehrt war. Laura rückte ihre Bluse zurecht. Jetzt war sie froh, dass sie sich nach dem Streit frisch geschminkt hatte.
    Er saß auf dem Baumstumpf. Bei ihrem Anblick stand er hastig auf, und ein entzücktes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Sie lächelte zurück. Es war schon eine Weile her, seit jemand, der kein Fell oder Pfoten besaß, sich so über ihren Anblick gefreut hatte.
    »Sie sind es wirklich!«, rief er froh aus. »Ich hatte so gehofft, dass Sie es sind.«

    Er hatte eine wundervolle Stimme, so sanft, so leise und klar akzentuiert. Ein wenig wie ihr Vater. Auf einmal war sie fürchterlich befangen. »Sie genießen wohl den Ausblick, was?«, fragte sie lahm.
    Er beugte sich vor und streichelte Bernie, der ihn problemlos willkommen hieß. »Eine wundervolle Stelle. Ich träume davon, seit wir … seit wir uns zuletzt so nett unterhalten haben.«
    Auf der anderen Seite des Sees war das Große Haus zu erkennen; teilweise

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