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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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alle noch so widrigen Umstände, jede Verzögerung oder Änderung ihrer Pläne hin. Es gab wohl nicht viel, was die junge Irin erschüttern konnte.
    „Können wir los?“, fragte sie voller Tatendrang, während Richard seine Wanderschuhe zuknotete.
    Er griff rasch nach seinem grauen Rucksack mit den Lederriemen, schnallte sich diesen auf den Rücken und bedeutete Norah, ihm zu folgen.
    Hinter einem der strohgedeckten Schwarzwaldhäuser, die Norah so schön fand, verbarg sich der Einstieg in die Schlucht, und nach nur wenigen Metern Fußmarsch ragte über ihnen ein riesiges Viadukt auf. Die junge Frau beschattete ihre Augen mit beiden Händen, um das Bauwerk bewundern zu können.
    Richard blinzelte gegen die Sonne an, als auch er hinaufsah, und hörte gleichzeitig, wie Norah schon wieder weiterstrebte. Eilig folgte er ihr bis an den Stauweiher der Ravennaschlucht.
    Eingerahmt von hohen Bäumen und steil ansteigenden Hängen lag das Gewässer vor ihnen. Kleine Teppiche aus Blütenstaub trieben hier und da auf der Wasseroberfläche, dazwischen spiegelte sich in Tausenden von silbernen Lichtpunkten die Sonne. Ein moosbedeckter, modriger Fichtenstamm ragte dunkel, kahl und tot in den Weiher hinein und hinter ihm leuchteten die hellvioletten Blüten des Knabenkrautes zu ihnen herüber. Lautes Vogelzwitschern und Grillenzirpen erfüllte die Luft, die nach feuchter Erde, dem stehenden Gewässer und den grünen Nadelbäumen roch.
    Richard betrachtete Norah verblüfft, denn die junge Frau tat etwas, was er in den vergangenen zwei Wochen niemals erlebt hatte: Sie stand minutenlang vollkommen still und bestaunte die wilde Schönheit dieses Ortes. Es war erstaunlich, welche Sanftheit plötzlich in ihren Augen lag, die normalerweise vor Übermut strahlten oder flink umherblickten, um ja kein noch so unwichtiges Detail zu versäumen. Dieser Ausdruck von ruhiger Bewunderung erstaunte Richard nicht nur, er zog ihn tatsächlich an. Ob in diesem Mädchen doch mehr – womöglich Tiefgründigeres – steckte? Jetzt war es allerdings zu spät, das herauszufinden, denn morgen schon würde Norah in ihre irische Heimat zurückkehren, und er würde sie vermutlich nie wiedersehen.
    Norah konnte sich nur schwer von dem Anblick des Teiches losreißen, doch schließlich war sie, wie so oft, diejenige, die voranging. Zügig schritt sie zwischen dem links unterhalb des Pfades vorbeirauschenden Fluss und dem rechts neben ihr aus dieser Perspektive eigentümlich braun schimmernden Weiher entlang.
    Die grauen Felsen der Schlucht rückten enger zusammen. Über Felsvorsprünge, angeschwemmte Steinbrocken und umgestürzte Baumstämme hinweg sprudelte ihnen das Wasser des Flusses in Kaskaden entgegen. Wasserdunst hing in der Luft, ließ die Schatten der großen Bäume und Felsen in einem geheimnisvollen, dunklen Grün schimmern und brachte, von der Sonne angestrahlt, zarte Regenbögen hervor.
    Nach nur wenigen Metern ließ Norah sich auf einen der feuchten, moosbewachsenen und von grünen Farnen umgebenen Steine fallen und zog sich ihre geliehenen Wanderschuhe und die Strümpfe aus.
    Richard, der von der jungen Frau inzwischen einige Eigenheiten gewohnt war, schwieg. Auch als sie ihren grauen Rock raffte und die Füße in das sprudelnde Wasser hielt, das sicherlich unangenehm kalt war, hob er nur kurz die Augenbrauen und schüttelte den Kopf.
    Er setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm und blickte über die feuchten Felshänge, die hin und wieder einer Grünpflanze oder widerstandsfähigen Kiefern oder Birken Halt boten, dem Himmel entgegen.
    Eine Bewegung und ein Geräusch, das nicht zu dem Rauschen und Brodeln des aufgewühlten Flusses passte, ließ ihn herumfahren. Norah stand inmitten der aus dem Wasser ragenden Felsbrocken, die Schuhe und Strümpfe in ihren Händen, und tastete sich Schritt für Schritt vorsichtig den Wasserlauf entlang.
    „Was machen Sie denn da?“, rief er und sprang besorgt auf. Steine, Tannenzapfen und kleine Zweige knackten unter seinen schnellen Schritten, als er auf dem schmalen, ausgetretenen Waldpfad loslief, um auf eine Höhe mit ihr zu gelangen.
    „Das ist herrlich, Herr Martin! Das Wasser ist zwar eisig kalt, aber das hier macht viel mehr Spaß, als auf dem Weg zu gehen.“
    Richard atmete tief durch. Was hätte er von seinem Schützling auch anderes erwarten sollen? Dieser unebene, nicht befestigte Pfad hätte so manche Dame dazu veranlasst, nach der helfenden Hand eines männlichen Begleiters zu greifen, doch

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