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Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Der Klang des Pianos: Roman (German Edition)

Titel: Der Klang des Pianos: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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an Norah vorbeischieben wollte, hielt sie ihn am Arm zurück.
    Richard sah zu ihr hinunter. Die Falten auf seiner inzwischen blau unterlaufenen, blutigen Stirn waren tief eingegraben, dennoch dachte er keinen Augenblick an seine eigenen Schmerzen, sondern nur an Susan.
    „Danke, Richard“, flüsterte sie und spürte förmlich, wie ihre Zuneigung zu dem Mann wuchs.
    Er brummte ein leises „Schon gut“, bevor er mit großen Schritten das Zimmer verließ.
    Norah trat nahe an das Bett. Ohne die Verletzte aus den Augen zu lassen streifte sie den Mantel ab und ließ ihn achtlos auf den Boden gleiten. „Adam, würdest du bitte eine Schüssel warmes Wasser und ein paar Tücher auftreiben?“
    Ihr Bruder sah sie unbehaglich an. Offenbar missfiel ihm der Gedanke, sich in dem vornehm eingerichteten Gästehaus der Familie Pirrie irgendwelche Dinge zusammenzusuchen, zumal nebenan vermutlich Karl Bokisch schlief.
    „Komm, mach schon“, drängte Norah. „Onkel Karl ist doch ein Verwandter. Hier wird es sicher eine kleine Küche geben, in der du den Ofen anfeuern kannst. Wenn sogar Richard über seinen Schatten springt und Susan hierherbringt, damit sie von einem guten Arzt untersucht wird …“ Norah sprach nicht weiter, da ihr Bruder endlich – wenn auch zögerlich – das Zimmer verließ.
    Sie wandte sich nachdenklich und bedrückt wieder der reglos daliegenden Verletzten zu. Richard hatte sie mit der Entscheidung, Susan ins Ormiston House zu schaffen, in großes Erstaunen versetzt. Ob er sich wirklich im Klaren darüber war, was er da getan hatte? Die Pirries würden entsetzt sein, sollten sie erfahren, dass er eine Prostituierte in ihr Gästehaus gebracht hatte, gleichgültig, ob sie verletzt war oder nicht. Und gerade deshalb hatte sein Handeln Norah so sehr beeindruckt. Schließlich kannte sie seine Ambitionen, ein gleichwertiges Mitglied in dieser illustren Gesellschaft zu werden. Richard war in der Regel nicht sehr spontan und überlegte sein Vorgehen gründlich, bevor er reagierte, aber bei dem verletzten Mädchen hatte er ohne zu zögern und ohne die möglichen Nachteile abzuwägen gehandelt.
    Norah setzte sich auf die Bettkante und schob behutsam die alte Decke beiseite, in die Susan noch immer eingehüllt war. Jetzt, unter dem elektrischen Licht direkt über dem Bett, war das wahre Ausmaß von Susans Verletzungen noch deutlicher erkennbar.
    Ihr Anblick trieb Norah die Tränen in die Augen. „Mein Gott!“, konnte sie nur flüstern und schloss für einen Moment die Augen. Ob Gott gnädig war und dieses Mädchen überleben ließ? Oder wäre es womöglich gnädiger, wenn sie sterben durfte? Norah war froh, dass diese Entscheidung nicht in ihrer Hand lag.
    Und was war mit Leah, Susans jüngerer Schwester? War sie noch immer an diesem schrecklichen Ort, wo sie ihren Körper gegen Geld verkaufen musste? Hatte man sie womöglich ebenso zugerichtet wie Susan?
    Als Adam ins Zimmer zurückkehrte, zog Norah schnell wieder die Decke über Susans zerschundenen Körper. Ihr Bruder stellte wortlos eine große weiße Emailleschüssel auf den Nachttisch und legte zwei flauschige Handtücher daneben. „Ich habe am Ende des Flurs ein kleines Bad entdeckt.“ Sein Blick ruhte auf Susan, als er leise fragte: „Kann ich noch etwas tun?“
    „Beten!“, entgegnete Norah knapp. Sie verfolgte mit den Augen, wie Adam einen weiteren mitleidigen Blick auf Susans entstelltes Gesicht warf, ehe er sich abwandte. Er hob den Mantel vom Boden auf, legte ihn über eine Stuhllehne und setzte sich in einen Sessel mit Rosenmuster in einer Ecke des Raums. Schwer stützte er die Ellenbogen auf die Armlehnen und legte seinen Kopf in die Hände.
    Norah begann, Susan behutsam zu waschen. Sie zu bewegen wagte sie allerdings kaum. Wer konnte schon wissen, ob sie irgendwelche Brüche erlitten hatte?!
    Als wenig später die Eingangstür geöffnet wurde, deckte sie Susan schnell wieder mit der alten Decke zu. Eine tiefe weibliche Stimme drang vom Flur bis zu ihr. Sie sagte besorgt: „Ihre Stirn sieht aber nicht gut aus, Mr Martin. Wir sollten Sie ebenfalls unbedingt dem Arzt vorstellen.“
    Die Zimmertür schwang auf und Richard ließ seiner Begleiterin höflich den Vortritt. In eine Wolke aus weißem und roséfarbenem Organza gehüllt schwebte Helena in das Zimmer und die blauen Augen der Frau taxierten den verschmutzten Mann im Sessel.
    Helenas Blick konnte nicht anders als geringschätzig und kalt genannt werden. Norah sah es und ein kalter Schauer

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