Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
gut in dem engen, freundschaftlichen Kreis der vier Damen mittleren Alters zurechtgefunden, die einige Male im Monat ausgingen, ins Theater, in Konzerte oder, wie jetzt, in die Oper. Charlotte war als Einzige noch verheiratet. Marianne und Eva waren geschieden, und Ebba war seit einigen Jahren verwitwet.
Gerade als es ihr gelungen war, die sturen Mahnungen ihres Handys gänzlich zu vergessen, hörte sie Schritte, die sich näherten. Es handelte sich nicht um das lautlose Heranschweben eines Oberkellners. Es waren die Schritte einer forschen Person, wenn auch mit einem guten Herzen unter der Uniform. Obwohl er sich direkt neben ihr aufbaute, brachte sie es noch nicht über sich, den Blick zu heben. Aber angesichts der fragenden Blicke ihrer Freundinnen, die sie über den Rand der Speisekarte hinweg erahnen konnte, blieb ihr nichts anderes übrig, als klein beizugeben.
»W as meinst du, Sven«, begann sie, immer noch ohne ihn anzusehen, »wenn ich den gebratenen Barsch mit Artischocken, Risotto mit dicken Bohnen, Hibiskusgelee sowie Zwiebel- und Lauchschaum nehme, soll ich dazu einen leichten Rotwein trinken oder mit einem weißen weitermachen, jetzt aber mit einem trockeneren? Ah! Hier gibt es einen Gevrey-Chambertin von 2006 , dem ich nicht widerstehen kann. Die Frage ist, ob er zu Fisch passt?«
Der grobschlächtige Polizist trat betreten von einem Bein aufs andere, verschränkte die Arme, steckte die Hände dann aber sofort wieder in die Taschen.
»Ebba … «, begann er und räusperte sich verlegen.
Ebba klappte ihre Speisekarte zu und ließ ihre Schultern sinken. Erst da bemerkte sie, dass alle Unterhaltungen im Restaurant verstummt waren und dass sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller anderen Gäste genoss. Jetzt, wo sie auf dem Präsentierteller saß, konnte sie ihrer Umgebung ruhig etwas bieten.
»T ja, Herr Wachtmeister«, entgegnete sie mit halblauter Stimme und sah ihn endlich an, »dann werden Sie mich wohl ins Dezernat bringen müssen.«
Sie beugte sich über den Tisch und sagte in vertraulicher Stimme zu ihren Freundinnen: »T ut mir leid, dass ich euch allein lassen muss. Was soll ich sagen. Ich habe einen Unmenschen zum Chef, der mir keinerlei Privatleben gönnt.«
Eva legte ihre Hand auf Ebbas. Charlotte umarmte sie und blinzelte ihr verständnisvoll zu.
»Heute Abend gibt es für dich nur Wasser und Brot, Ebba«, meinte Marianne. »Sei standhaft. Widerstehe ihrer Federfolter. Wir werden auf dich anstoßen.«
Ebba erhob sich, nahm ihre Handtasche und verließ mit hocherhobenem Kopf das vollkommen stille Restaurant. An einem Tisch erkannte sie die Frau wieder, die in der Oper auf ihre Pistole getreten war und die sich jetzt verschreckt hinter der Weinkarte versteckte. Als Ebba die Brauen hochzog und sie anschaute, verkroch sie sich noch mehr.
Vor dem Operakällaren parkte ein Streifenwagen. Ebba nahm auf dem Rücksitz Platz, schloss die Augen und ließ sich schwer in das Polster sinken. Sie hörte, wie Sven vorne Platz nahm und den Motor anließ.
»Okay«, sagte sie seufzend. »W as ist jetzt wieder passiert?«
»T odesfall in den Schären«, antwortete Sven und sah ihr im Rückspiegel in die großen braunen Augen. »Nordfeldt bestand darauf, dich mit der Voruntersuchung zu betrauen.«
Ebba zuckte mit den Schultern und zog ihr Handy aus der Tasche, um jetzt doch die SMS ihres Chefs zu lesen, gegen die sie sich bis zuletzt gesträubt hatte. Sofort war sie hellwach und setzte sich kerzengerade auf, als sie einen Namen las, den sie sehr gut kannte. Ihr Widerwille war wie weggeblasen und wurde von einem Gefühl des Schocks abgelöst. War es ein Omen gewesen, dass sie an diesem Abend ihre Dienstwaffe mitgenommen hatte?
Die Tür des Büros von Polizeichef Karl-Axel Nordfeldt stand auf, und sie konnte ihn am Schreibtisch sitzen sehen. Ein drahtiger Mann mit einem ergrauten Haarkranz. Der Schlips warf Falten über dem eingesunkenen Bauch, und er hatte die Hosen etwas zu hoch gezogen. Der Bund verriet, dass er die schlechte Angewohnheit hatte, sein Hemd in die Unterhose zu stecken.
Ebba klopfte an den Türrahmen. Karl-Axel schaute über den oberen Rand seiner Brille hinweg, deutete auf einen der Besucherstühle und erhob sich dann, um die Tür zu schließen. Auf dem Weg zurück zu seinem Schreibtisch registrierte er den schwachen Duft ihres Parfüms, der wie eine Spur ihrer Weiblichkeit in der Luft hing und ihn erschauern ließ. Vor Unbehagen, wie er sich einredete. Eine Polizistin sollte keine
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