Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Entscheidungen leben? Warum, Anna?«
»Du klingst so, als hätte er den Tod verdient.«
Louise schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück.
»Er hat es nicht verdient zu sterben, aber er hätte uns auch nicht entzweien dürfen.«
Sie wartete, bis Anna es wieder wagte, sie anzusehen.
»Hat dir Helena etwas erzählt? Etwas, das ich wissen sollte?«
Anna schüttelte den Kopf.
»Sicher?«
Anna schluckte und senkte den Kopf.
»Ich halte es für das Beste, dass du nicht zu viel mit ihr sprichst«, fuhr Louise fort. »Oder mit Caroline. Das könnte zu seltsamen Missverständnissen führen.«
Da sah Anna sie an und wandte sich ihr mit dem ganzen Oberkörper zu, um deutlich zu machen, dass das, was sie sagen wollte, wichtig war. Obwohl ihre Stimme vor Nervosität zitterte, betonte sie jedes Wort. »W as gäbe es denn misszuverstehen, Louise?«
Louise hatte keine Gelegenheit zu antworten. Stattdessen erhob sie sich, als die Küchentür überraschend aufgerissen wurde, und sah sich im nächsten Augenblick Ebba Schröder gegenüber.
»Hier ist also die Küche«, sagte Ebba mit einem ausdruckslosen Lächeln und kam mit Vendela die wenigen Treppenstufen herunter.
»Ich kann Ihnen gerne auch das ganze Haus zeigen«, sagte Louise. Einen Moment lang überlegte sie, wie viel die Polizistinnen von ihrer Unterhaltung mit Anna mitbekommen hatten.
»Danke, darauf komme ich unbedingt zurück«, erwiderte Ebba, ohne stehen zu bleiben. Sie ging eine Runde durch die Küche, stellte sich ans Fenster und schaute aufs Meer. Durch die großen Fenster fiel das Licht des Vormittags. »Eine wirklich schöne Aussicht«, sagte Ebba und drehte sich zu Louise um.
Louise erwiderte nichts. Sie warf einen raschen Blick zu Vendela hinüber, woraufhin diese die Augen niederschlug. Sie hatte Louise betrachtet und empfand den Blick als Zurechtweisung. Von den beiden adeligen Damen gehörte Louise zum höheren Adel, das war ihnen beiden bewusst.
»Und was befindet sich hier?«, fragte Ebba und ging ein Treppchen hinunter, das vor einer Tür endete. Sie öffnete sie und trat in einen großen, neuen Raum mit einer Fensterfront. Darin war ein Mann mit übergroßem Sweatshirt und zu weiter Jeans damit beschäftigt, Kabel aufzurollen. Er sah Ebba an und begrüßte sie mit einem Nicken.
»Kjell Nilsson, unser Tontechniker«, sagte Louise.
»Schließ doch bitte die Tür, Vendela«, sagte Ebba. Louise drehte sich um, durchquerte mit hallenden Schritten die Küche und verschwand in die Diele, dann schloss Vendela diskret die Tür. Anna blieb in der Küche sitzen und blies auf ihren Tee.
Im Studio rollte Kjell weiterhin Kabel auf, ohne dass ihn die Gesellschaft der beiden Polizistinnen weiter zu stören schien. Ebba reichte ihm die Hand.
»Sie haben Raoul Liebeskind gefunden?«, fragte sie, und Kjell, der aus Norrland stammte, antwortete mit einem gedehnten Seufzer.
»W ie haben Sie ihn entdeckt?«
»Ich wollte zu unserem Häuschen runtergehen, Jan und ich wohnen im Nebenhaus, um ein Sixpack zu holen. Da sah ich etwas bei den Felsen neben dem Steg im Wasser treiben. Groß und dunkel. Es war stockfinster, als ich ihn fand, es war also reiner Zufall, dass ich ihn überhaupt entdeckt habe.«
»Und weiter?«
»Erst dachte ich, da läge ein Müllsack im Wasser. Ich wurde neugierig, und da sah ich die Arme. Ich beeilte mich, ans Ufer zu kommen und ihn rauszuziehen. Es war wirklich verdammt glatt. Ich bin selbst hineingeplumpst. Und es dauerte eine ganze Weile, bis ich ihn endlich zu fassen kriegte. Er war wahnsinnig schwer, nachdem er da im Wasser gelegen hatte. Ich schleifte ihn die Felsen entlang bis zu einer Stelle, die weniger steil war. Dort gelang es mir dann, ihn rauszuziehen.«
»W as dachten Sie, als Sie erkannten, dass es Raoul Liebeskind war?«
»W as ich dachte … ich war natürlich erst einmal total fassungslos.«
»W aren Sie befreundet?«
Kjell verzog den Mund zu einer säuerlichen Grimasse.
»Befreundet, nein … tja, was soll ich sagen«, begann er betreten. »Man soll ja nicht schlecht über die Toten reden … aber um ehrlich zu sein, konnte ich diesen Mann nie leiden.«
Sieh mal einer an, dachte Ebba. Der Erste, der bei dem Namen Raoul Liebeskind nicht in Verzückung gerät. Interessant.
»Und warum nicht?«, fragte Ebba.
»W ir haben einige Male mit ihm gearbeitet, und er kann richtig anstrengend werden. Er begreift nicht recht, wie viel Arbeit dahintersteckt, gute Aufnahmebedingungen zu schaffen. Man hatte das Gefühl,
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