Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Schreibtisch und löschte den blinkenden Text auf dem Display. Es war Polizeichef Nordfeldt.
»Jetzt gehen wir es ganz ruhig an«, begann sie leise. »Das war eine unerquickliche Begegnung, die etwas ausgeartet ist.«
Caroline hatte sich jedoch, wie schon auf Svalskär, in sich verkrochen. Ebba ließ ihr Zeit.
Wieder klingelte das Telefon, und Ebba schlug wütend auf die Taste. Das Geräusch weckte Caroline, und sie hob den Kopf. Ihre glänzenden Augen ruhten auf Ebba.
»An dem Abend, an dem Raoul starb … « Carolines Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Ich konnte das nicht erzählen, weil ich es nicht wusste.«
»W as meinen Sie?«
Caroline sank in sich zusammen und starrte an die Decke, als müsse sie sich auf den nächsten Schritt vorbereiten. Sie wollte gerade den Mund öffnen, da überlegte sie es sich plötzlich anders und schüttelte den Kopf.
»Sie sind aus eigenem freien Willen hierhergekommen, weil Sie etwas bedrückt«, sagte Ebba und versuchte, ihr in die Augen zu schauen. »Das war sehr mutig von Ihnen, Caroline. Was auch immer es ist, so besteht meine Aufgabe darin, eine Antwort auf alle offenen Fragen zu finden.«
»Sie können mir nicht helfen«, sagte Caroline und schaute weg.
»Caroline«, versuchte es Ebba wieder. »Ich weiß bereits, dass Sie abends im Atelier waren und Raoul und Helena dort getroffen haben.«
Nach einem kurzen Zögern antwortete sie dann doch: »Ja.«
»W as geschah dort eigentlich?«
Als würde sie diese Stunde der Wahrheit förmlich überrumpeln, erhob sich Caroline von ihrem Stuhl und stellte sich ans Fenster.
»Ich sehe, dass Sie etwas erzählen möchten, es aber nicht recht wagen. Habe ich recht?«
Caroline räusperte sich und beugte sich vor. Sie fasste sich mit einer Hand an die Schläfe und spielte mechanisch und geistesabwesend mit einer Locke. Dann drehte sie sich plötzlich um, und Ebba schluckte, als sie unerwartet in von Schrecken geweitete Augen sah.
»Ich habe mich geirrt. Es geht nicht. Ich hätte nicht hierherkommen sollen.«
Es klopfte laut an der Tür. Ebba fluchte innerlich. Falls Karl-Axel wieder hier reinstiefelt, kriegt er eins aufs Maul, dachte sie, lächelte Caroline jedoch beruhigend an.
»Einen Augenblick bitte … «
Sie bedeutete Caroline zu warten und öffnete rasch die Tür. Es war Vendela.
»Komm schnell, Ebba. Es ist Karl-Axel!«
Sie zog Ebba am Arm hinter sich her in Karl-Axel Nordfeldts Büro. Kaum hatte Ebba die Klinke heruntergedrückt, da bot sich ihr ein erstaunliches Bild. Ihr Chef, der kurz vor seiner Pensionierung stand, erhob sich mit starrem Blick in den Augen. Um Gleichgewicht bemüht, klammerte er sich an der Schreibtischkante fest. Dann fiel er mit dem Oberkörper auf die Eichenplatte und warf dabei den Becher mit den Stiften um. Ruth sprang erschreckt auf und blieb dann wie gelähmt stehen. Leonard beugte sich vor und schüttelte Karl-Axels Schulter. Joy blieb sitzen und sah Ebba hilflos an.
»Karl-Axel! Verdammt!«, rief Ebba und rannte zum Schreibtisch. Mithilfe eingeübter Judotechnik wuchtete sie ihn auf den Fußboden und brachte ihn in die stabile Seitenlage. Sie löste seine Krawatte und knöpfte ihm das Hemd auf. Einige röchelnde Atemzüge verrieten, dass er noch bei Bewusstsein war.
»Ruft einen Krankenwagen!«, rief Ebba, und dann fiel ihr noch etwas ein: »W ählt zuerst eine Null!«
Leonard eilte um den Schreibtisch, so schnell es seinem gebrechlichen Körper möglich war. Seine Bewegungen waren fahrig, als er wählte, aber es gelang ihm trotzdem, den Notarzt zu verständigen.
»Bei Anruf Mord!«, schoss es Ebba durch den Kopf. Gerade als sie glaubte, die Ermittlung irgendwie im Griff zu haben, verwirrten sich wieder alle Fäden. Ständig wurde ihr das Zepter aus der Hand genommen. Macht, dachte sie. Es geht um Macht und Befugnisse, und ich habe einen Dinosaurier als Chef. Sie stand neben Karl-Axel, betrachtete sein entmutigtes Gesicht und war über ihre klaren Gedanken erstaunt. Obwohl er noch nicht einmal im Krankenhaus war, dachte sie schon über seine Nachfolge nach. Es gelang ihr jedoch nicht, sich dafür zu schämen, dass sie es auf seinen Posten abgesehen hatte. Als hätte er ihre Gedanken erraten, legte er ihr eine zitternde Hand auf den Arm und lallte: »Ebba, du fährst im Krankenwagen mit.«
Ebba schüttelte den Kopf. »Nein, das geht nicht. Ich kann jetzt nicht einfach hier weg. Caroline af Melchior sitzt in meinem Büro.«
»Darum soll sich Vendela kümmern. Ich will mit dir
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