Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Booten anlegen kann.«
»Helena sah Sie, nicht wahr?«
Louises Augen funkelten. Aber sie beantwortete die Frage nicht. Stattdessen trank sie einen Schluck Champagner und fuhr dann fort: »Helena und Caroline befanden sich bereits auf dem Weg zum Steg, und ich musste mir rasch etwas einfallen lassen. Ich kletterte an Bord des Targa. Dort versteckte ich mich, während ich versuchte, mich zu beruhigen und alles zu verarbeiten.«
Sie referierte die Vorfälle unsentimental, als hätte sie das einzig Logische in einer hoffnungslosen Situation, die sich außerhalb ihrer Kontrolle befand, unternommen. Vendela lauschte ihr angespannt, und Ebba rührte es, wie sehr sie sich in die Geschichte einlebte. Gleichzeitig erkannte sie, dass sie bei Gelegenheit mit ihr ein ernsthaftes Wort über die Kunst, zwischen beruflichem und privatem Engagement zu unterscheiden, reden musste.
»Als ich Carolines und Helenas Rufe hörte, sah ich ein, dass ich mich nicht viel länger im Boot verstecken konnte«, fuhr Louise fort. »Ich erschien also auf Deck und tat erstaunt. Kurz zuvor hatte ich Caroline dabei beobachtet, wie sie auf den leblosen Raoul einstach, und jetzt fragte ich mich, ob sie vollkommen den Verstand verlor und ob sie Raoul in einem Anfall von Wahnsinn getötet, dann aber nicht begriffen hatte, was wirklich geschehen und deswegen zu Helena gelaufen war, damit diese ihn rettete. Caroline war aufgelöst und schwor, Raoul auf dem Steg gefunden zu haben. Er hätte noch gelebt, als sie dorthin gekommen sei. Helena schien den Ernst der Situation nicht zu begreifen. Es muss noch gesagt werden, dass Helena nicht ganz nüchtern war. Ich erbot mich, bei der Suche nach Raoul zu helfen, und lenkte ihre Aufmerksamkeit bewusst vom Steg weg. Natürlich fanden wir ihn nicht. Nach einer Weile kehrten Helena und ich ins Haus zurück. Caroline rannte herum, rief und suchte. Ich ging in die Küche und kochte meinen Tee, so gut es ging. Ich zitterte am ganzen Körper. Aber es gelang mir, mich zu beruhigen, ins Speisezimmer zu gehen und Kjell zu bitten, mir mit dem Teetablett zu helfen.«
»Und wann begriffen Sie, was wirklich geschehen war?«
»Dass Anna die Schuldige war, wusste ich da noch nicht. Caroline war schließlich selbst davon überzeugt, ihn getötet zu haben. Aufgrund meiner Beobachtungen glaubte ich zu diesem Zeitpunkt auch, dass sie die Täterin war. Erst als ich erfuhr, dass er an Dexofen gestorben war, fiel mein Verdacht auf Anna.«
»Das müssen Sie uns erklären.«
»Ich sah, wie sie Sachen im Kachelofen im Salon verbrannte, und zwar genau nachdem wir die Leiche gefunden hatten. Anna begriff erst da, dass er tot war. Mir wurde einige Zeit danach bewusst, dass sie die Tablettenschachtel verbrannt haben musste, nach der Sie später suchten, denn sie benahm sich so seltsam. Mir war noch gar nicht aufgefallen, dass die Schachtel fehlte, weil ich statt Dexofen Voltaren schluckte. Aber ich hatte es auf die Insel mitgenommen, und als ich in meinem Necessaire nachschaute, war es weg.«
Ebba unterbrach sie. »W arum, glauben Sie, hat Anna so etwas Drastisches getan?«
»Anna hatte so einen vielversprechenden Start. Sie beendete ihren Diplomstudiengang mit einem einzigartigen Konzert, das wunderbare Besprechungen bekam. Wir glaubten alle, dass sie als Solistin aufblühen würde. Zu Anfang bekam sie einige Angebote von den großen Orchestern, aber dann schien ihr langsam die Luft auszugehen, alle Hoffnungen auf die Zukunft, alle Versprechen, die sie ihren Lehrern, ihren Freunden und sich selbst gegeben hatte, lösten sich in nichts auf. Soweit ich weiß, beruhte dies nicht auf einem besonderen Vorfall, kein schlechter Auftritt raubte ihr das Selbstbewusstsein.«
»W elche Rolle spielte Raoul bei diesem Rückzug?«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Bruch sie so erschüttert haben kann. Schließlich liegt der schon so lange zurück.«
»Der Schwangerschaftsabbruch könnte tiefere Spuren hinterlassen haben, als Sie glaubten.«
»W as weiß ich. Aber sie hat später schließlich auch keine Kinder bekommen. Wenn sie sich Kinder gewünscht hätte, hätte sie es ja wieder mit Bengt versuchen können.«
»W orauf beruhte dieser große Lebensüberdruss?«
»Ich glaube, sie war vom Leben enttäuscht. Dass nicht mehr aus ihr geworden war. Zu Beginn einer Musikerkarriere ist man von Illusionen über die Zukunft erfüllt, die dann eine nach der anderen zerplatzen.«
»So ist das doch wohl bei allen Karrieren. Man kommt zu der
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