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Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Titel: Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Bartosch Edström
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ihnen stellen müssen, aber noch wagte sie das nicht. Solange sie sie verleugnete, konnte sie an eine Rettung glauben. Dann blieb es ihr erspart, die Vergrämte zu werden. Die Vergrämte war nicht freundlich und beherrscht, sie war nicht stark auf die richtige, sondern auf eine abstoßend destruktive Art. Es war die Machtlosigkeit, die sie lächerlich machte. Sie war bemitleidenswert und schwach in ihrer Isolation. Das war so verdammt erniedrigend! Verzweiflung überkam sie wie eine Woge, die ihr all ihre Kräfte raubte.
    Als sie die Augen öffnete, schaute Helena gerade von ihrem Notenständer auf und legte den Kopf zurück. Louise ging sofort in Verteidigungsposition, eine mechanische Reaktion auf Helenas überlegenen Blick. Ganz unerwartet lächelte Helena sie dann jedoch an, und Louise sah ein, dass sie so verkrampft war, dass sie jedes Signal aus ihrer Umgebung falsch deutete. Mit gekünsteltem Selbstbewusstsein erwiderte sie das Lächeln. Natürlich wollte ihr Helena nichts Böses, warum auch? Helena konnte nicht ahnen, wie ohnmächtig sie sich im Moment fühlte. Normalerweise hätte sie ihren Verdacht mit einem Gespräch aus der Welt schaffen können. Gewiss gab es eine Grenze, wie privat sie mit anderen Menschen als Peder werden konnte, aber Helena war vernünftig und betrachtete Probleme häufig aus einer anderen Perspektive. In diesem Fall war das jedoch ausgeschlossen. Schließlich war sie Carolines große Schwester, und Louise wollte mit ihrer Schwäche nicht hausieren gehen, indem sie sie an ihrer kläglichen Lage teilhaben ließ. Am allerwenigsten, weil sie glaubte, dass Helena ihr Verhältnis mit Caroline nie akzeptiert hatte. Sich Helena gegenüber zu öffnen hätte bedeutet, ihr recht zu geben. Da hätte sie genauso gut gleich die Narrenkappe aufsetzen können. Und Anna? Nein, mit ihr konnte sie nicht reden. Sie schmachtete die ganze Zeit nach Raoul und begriff überhaupt nichts. Dumm wie Brot, aber die perfekte zweite Violine. Fleißig, folgsam und mit viel zu wenig Selbstvertrauen, um ihre Autorität als Leiterin infrage zu stellen.
    Louise ging ein paar Schritte auf die Terrasse und schaute auf das graublaue, herbstliche Meer. Es raschelte in den Büschen und sie schrak bei dem unerwarteten Geräusch zusammen. Ein Marder oder eine Amsel, vermutete sie und war erstaunt, als Raoul plötzlich lachend aus dem Fliedergebüsch hervorbrach. Er war ebenso perplex, als er Louise entdeckte, und blieb abrupt stehen. Caroline, die direkt hinter ihm aus dem Buschwerk kam, stieß mit ihm zusammen.
    »Oh! Hallo … ich wusste nicht … «, begann Raoul, aber es gelang ihm nicht, sein Lachen zu bändigen. Auch Caroline hinter ihm krümmte sich vor Lachen.
    Verwirrt sah Louise sie an und versuchte erst, in ihre Munterkeit einzustimmen, aber sie begriff auch, dass die Herzlichkeit nicht sie umfasste.
    »Es gibt einen Eingang von der Küche aus, der einfacher und schonender für die Beete ist«, meinte sie und drehte sich unwirsch wieder zum Studio um. Sofort bereute sie es. Wie sehr sie sich auch anstrengte, kam sie doch immer, wenn sie nur den Mund aufmachte, als eine moralisierende Langeweilerin rüber. Alles klang nörgelig und falsch. Sie wollte nicht dieser Mensch sein. Besorgt versuchte sie Blickkontakt zu Raoul aufzunehmen, aber dieser war bereits, ein Lächeln auf den Lippen und in Gedanken weit weg, damit beschäftigt, seinen Bogen zu spannen. Ihm gegenüber klappte Caroline ihren Cellokasten auf und tänzelte dann mit ihrem Instrument zu ihrem Stuhl. Fröhlich pfeifend stieß sie den Stachel in das immer größer werdende Loch im Parkett. Dann stimmte sie ihr Cello mit ein paar raschen Bogenstrichen.
    Helena hatte vorgehabt, am Morgen zwei Stunden zu üben, sich aber nicht motivieren können. Sie fühlte sich nach dem Vortag immer noch ganz erschöpft. Als sie an ihrem Pult im Studio Platz nahm und Raoul anschaute, konnte sie sich kaum noch vorstellen, dass sie auf seinem leblosen Körper gekniet und ihm vor allen anderen ins Gesicht geschlagen hatte. Wie bei einem Domina-Spiel. Nicht unähnlich den Übungen in gegenseitigem Einvernehmen in Hotelzimmern auf der ganzen Welt. Die Erinnerungen flossen ineinander. Von seiner nackten Haut und wie es war, sich in seine Glieder zu verkrallen. Ganz in Anspruch genommen von den Bildern, die vor ihrem inneren Auge auftauchten, merkte sie nicht, wie die anderen auf ihren Stühlen Platz genommen hatten und ihre Instrumente stimmten.
    »Stimmst du jetzt auch

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