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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
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ein wenig erstaunt fest. »Das hatte die alte Dame zwar auch gesagt, aber ich dachte, ihre Erinnerung hätte sie getäuscht.«
    Sykes schaute sie verständnislos an.
    »Ich hätte schwören können, dass das Kissen in den Videos vom Täter blau war. Dunkelblau.«
    Nachdenklich schüttelte er den Kopf. »Aber das kann doch nicht sein, oder? Sie meinte, sie hätte absichtlich lilafarbenen Stoff genommen, damit es sowohl für ein Mädchen als auch für einen Jungen passt.«
    Stimmt. Lila leuchtete ein. Dunkelblau nicht.
    Aber Ronnie war sich ganz sicher, dass das Kissen in ihrer Erinnerung blau gewesen war.
    Aufgeregt beugte sie sich näher zu Jeremy. An dem kurzen Aufflackern seiner Augen erkannte sie, dass ihm das nicht das Geringste ausmachte, auch wenn sie sich nicht zum Vergnügen an ihn herankuschelte, sondern um ungestörter reden zu können. Als sie sich rasch umschaute, fiel ihr der Mann auf der anderen Seite des Ganges auf, der sich auf seinem Sitz streckte und einen Blick zu ihnen riskierte – offenbar hatte er bemerkt, dass sie etwas zu verheimlichen hatte.
    Beinahe steckte sie ihr Tablet wieder ein. In weniger als einer halben Stunde würden sie in Dulles landen, so lange konnte sie warten.
    Oder auch nicht.
    Es war nur ein kleines, bohrendes Detail, und sie war inzwischen fast überzeugt, dass entweder ihre Erinnerung sie trog oder sie schlechte Augen hatte. Das ständige Starren auf flackernde Bildschirme, wenn sie Fotos und Videos und Tatorte betrachtete, forderte weiß Gott irgendwann seinen Tribut.
    Dennoch musste sie einfach nachschauen. Es würde sie in den Wahnsinn treiben, wenn sie dieses Rätsel nicht auf der Stelle löste und sich bewies, dass entweder ihr Gedächtnis echt mies war oder irgendwas mit der Beweiskamera der Polizeibehörde von Chicago ganz und gar nicht stimmte.
    Oder … es lag an etwas völlig anderem. Das sie noch nicht beim Namen nennen konnte.
    »Hilf mir mal ein bisschen, ja?«, murmelte sie und warf einen raschen Blick an ihm vorbei.
    Sykes wandte sich kurz um, sah seinen Sitznachbarn angelegentlich in einer Broschüre schmökern, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, er würde lauschen wollen, worüber sich da zwei uniformierte Bullen unterhielten – oder zusehen, was sie da taten. Obwohl es unbequem sein musste, drehte Jeremy sich auf seinem Sitz, bis sie beide fast einen Kreis bildeten und die Köpfe zusammensteckten.
    Ronnie hielt das Tablet sorgsam zwischen ihren Oberkörpern und rief das Mordvideo auf. Die ganze hässliche Geschichte tat sie ihnen nicht an, sondern schob den Wiedergaberegler bis kurz vors Ende der Leiste und klickte erst dann auf Abspielen. An der Stelle betrachtete der Kerl erst den kleinen Jungen in seinem Schlafanzug, dann das Mädchen, dann machte er zwei Schritte zum Fenster hin und senkte den Blick auf den Schaukelstuhl.
    Er streckte die Hand aus und griff nach dem … dunkelblauen Kissen.
    »Was zum Henker?«, brummte Sykes. »Es ist tatsächlich blau!«
    Ja, es war blau. Sie hielt das Bild an, öffnete das Beweisfoto der Chicagoer Polizeibehörde und verglich.
    Das eine Kissen war blau. Das andere war lila. Das war nicht bloß ein kleiner Unterschied in der Farbnuance, keine Unausgeglichenheit in der Bildqualität, es waren
verschiedene Farben
. So verschieden wie ein klarer sonniger Himmel von einer reifen dunklen Weintraube.
    Sykes begegnete ihrem Blick, offensichtlich auf der Suche nach einer Erklärung. »Das ist echt merkwürdig.« Beinahe flüsternd fügte er hinzu: »Meinst du, er hat es verändert? Hat die Farben manipuliert?«
    Natürlich war ihr diese Möglichkeit durch den Kopf gegangen. Aber was zum Geier hätte er davon, das Kissen in der Datei umzufärben – wenn er das überhaupt
konnte
, was zu bezweifeln war? Na gut, er hatte seine Bilder beim ersten Mal auf einem Schwarz-Weiß-Bildschirm abgespielt; das hier war aber ein völlig anderes Kaliber. Hatte er sich wirklich die Mühe gemacht, irgendwie mittels eines Grafikprogramms die Farbe eines einzelnen Gegenstands in dieser ganzen schrecklichen Szene zu verändern?
    »Ich frage mich gerade, ob sein OEP -Gerät defekt ist«, grübelte Sykes.
    »Oder seine Augen«, erwiderte sie und seufzte. Sie wusste immer noch nicht genau, was sie hier entdeckt hatten, aber es war etwas Entscheidendes, das stand fest.
    »Komm, wir schicken Dr. Cavanaugh eine Nachricht und fragen sie. Vielleicht findet sie heraus, ob die Farben manipuliert wurden. Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, warum

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