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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Parrish
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hoffte.
    Das ganze Land wusste von Youth-United. Sie hatten um diese Kinder getrauert. Es hatte viele Gespräche gegeben, viel verspätete Kritik, und niemand würde je vergessen, was damals geschehen war. Dachte er, dass er die Bevölkerung dazu brachte, sich nach
mehr Gewalt
zu sehnen, indem er die Anführer einer Friedensbewegung ermordete? Sie konnte es nicht sagen. Aber wenn das seine Motivation war, dann war sein Plan das Produkt eines kranken, leidenden Geistes und leuchtete niemandem ein außer ihm selbst.
    Allmählich kam in ihr der Verdacht auf, dass er zwar mit dem Mord an Needham ein Zeichen gegen alles setzen wollte, wofür der Mann gestanden hatte; im Gegensatz dazu sollte wohl aber das Attentat auf Tippett einen persönlichen Drang nach Rache bei O’Neal befriedigen. Er gab nicht einfach einer Idee, einer Philosophie die Schuld, sondern dem Mann selbst. Tippett hatte Youth-United
gegründet
, und er hatte sich geweigert, diese Kinder loszukaufen.
    Ja, je länger sie darüber nachdachte, desto sicherer wurde sie, dass hinter diesen Idealen, dieser Mission, diesem Projekt, von dem O’Neal in seinen Mails geschrieben hatte, im Kern nichts anderes steckte als Rache.
    »Wir müssen aufbrechen«, sagte Jeremy. »Noch mal mein herzliches Beileid, Dr. Tate.«
    Ronnie lächelte zu Philip hoch. »Wir reden später, okay?«
    »Ja«, erwiderte er, nickte langsam und warf einen Blick auf seinen weinenden Vater. »Ich muss mit dir reden. Ruf mich an. So bald wie möglich.«
    Das klang ziemlich ernst, und sie hob neugierig eine Augenbraue. Aber dies war natürlich weder der richtige Zeitpunkt noch der richtige Ort, und Philip wandte sich wieder seinem Vater zu.
    Ronnie murmelte einen Abschiedsgruß und ging mit Jeremy zu dem Auto, in dem sie alle zusammen hergefahren waren. Seit ihrer Rückkehr nach Washington am Montagvormittag arbeiteten sie und Sykes fast ununterbrochen mit ihrem Partner zusammen, den die Ärzte auf sein Drängen hin früher als geplant zur Arbeit zugelassen hatten, weil die Stadt jeden Mann brauchte.
    Alle redeten über die Demonstration – Medien, Anwohner, Stadtbeamte, selbst die Müllmänner, und natürlich die Polizei. Seltsam, früher hätte man über einhunderttausend Menschen in Washington gelacht, das ganze Unternehmen wäre als gescheitert betrachtet worden. Selbst zum jährlichen Feuerwerk waren mehr Menschen gekommen. Doch inzwischen war so etwas ein aufsehenerregendes Ereignis.
    Hoffentlich schaffte die Veranstaltung es nicht aus den falschen Gründen in die Nachrichten. Die Vorstellung von Schnappschüssen von Reverend Tippett, wie er – am nächsten Tag mitten in seiner Rede oder heute Abend beim Gebet – gerade erschossen wurde, jagte ihr echte Angst ein.
    »Na, das war eine miese Art, seinen Vormittag rumzubringen«, brummte Daniels, als sie durch die Stadt fuhren. Er saß auf dem Beifahrersitz neben Ronnie, wo er sich ohne jeglichen Kommentar breitgemacht hatte.
    Sykes hatte es gelassen hingenommen und sich mit der Rückbank begnügt. Dafür hätte sie ihn küssen mögen – dass er Daniels die Gewissheit ließ, dass er und Ronnie immer noch Partner waren und sich nichts daran geändert hatte.
    »Ich kann es immer noch nicht fassen.«
    »Ob Tate mit dem Labor wohl weitermachen kann? Er sah ziemlich mitgenommen aus.«
    »Sein Sohn hat mir erzählt, dass der Stress mit diesem Fall bei ihm letzte Woche schon zu Gesundheitsproblemen geführt hat.«
    »Tja, besagter Sohn wird jedenfalls nicht die Aufgaben seines Vaters übernehmen«, bemerkte Daniels. »Der Junge ist ein geschniegelter Bürohengst, kein Wissenschaftler.«
    »Er ist in Ordnung«, beharrte Ronnie und fragte sich wieder einmal, warum Philip sich so merkwürdig benommen hatte – nicht nur vorhin, sondern auch die letzten Male am Telefon. »Kam er dir irgendwie komisch vor, als ihr euch getroffen habt?«
    Daniels nickte. »Ja, schon. Wie gesagt, als ich hingefahren bin, hat er mir ein paar Infos gegeben, die ich mir innerhalb weniger Stunden wahrscheinlich auch selbst hätte besorgen können, und hatte einen ganzen Ordner mit Sachen, die ich mir nicht mal mit halbem Auge ansehen durfte. Er wirkte irgendwie, keine Ahnung … geheimnistuerisch?«
    Geheimnistuerisch. Das sah ihm gar nicht ähnlich. Was mochte er wohl zu verbergen haben?
    »Was hast du eigentlich über diese anderen Fälle herausgefunden? Noch irgendwas, wovon ich nichts weiß?«
    Daniels nickte. »Ich habe jeweils mit den Kollegen vor Ort in Boulder

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