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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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hast, H.R.«
    »Hab ich nicht«, murmelte H.R. in seine Zigarette hinein. »Ich habe Klaus nicht lieb, ich vergöttere ihn, das ist was völlig anderes!«
    »Klaus ist der geborene Eierdieb«, sagte Karl. »Ich hab ihm vierundzwanzig Bierdosen vom Türken um die Ecke mitgebracht, das ergibt für ihn einen Extragewinn von, laß mich überlegen …« Er sah zur Zimmerdecke und legte die Stirn in Falten.
    »Sechs Mark,<, sagte Erwin.
    »Genau«, rief Karl begeistert und breitete dazu die Arme aus, »echt mal, sechs Mark! Wegen sechs Mark so ein Aufriß, tu dir das mal rein. Ich liebe Klaus!«
    »Ich nicht«, sagte Erwin. »Ich bin da eher neutral, wenn es um Klaus geht! Außerdem sind sechs Mark eine Menge Geld. Und mich bringt er dabei um vierundzwanzig mal fünfundsiebzig Pfennig, das sind achtzehn Mark, tu dir das mal rein!«
    »So weit, so gut«, sagte Karl und nahm die Arme wieder herunter. »Konnte ja keiner ahnen, daß es noch besser werden würde. Denn jetzt kommt Frankie ins Spiel.«
    »Frank!« sagte Frank.
    »Frank meinetwegen«, sagte Karl ungerührt. »Weil Klaus jetzt nämlich mit einer Platzwunde über dem rechten Auge ausgefallen ist, Onkel Erwin. Das ist das unbekannte, das chaotische, das menschliche Element darin.«
    »Stark!« sagte H.R. »Das ist stark!«
    »Nein, H.R., das ist nicht stark,<, sagte Karl. Er knüllte seine leere Bierdose zusammen und warf sie auf den an der Wand schlafenden Martin. »Das ist Scheiße.«
    »Das ist Kunst«, sagte H.R.
    »Nein, das ist Scheiße.«
    »Wieso hat Klaus eine Platzwunde?« fragte Etwin.
    »Hat eine Bierdose an den Kopf bekommen. Aber eine volle!« sagte Karl. »Ich stand direkt daneben. Hätte auch mich treffen können. So ist das im Krieg, da fragt man sich ja eigentlich auch immer: Warum der Kamerad neben mir, warum nicht ich?!«
    »Stark!« sagte H.R. »Nimmt das auch schön auf, das Ding?«
    »Das nimmt auf!« bestätigte Karl. »Und wie!«
    »Und wer hat die geworfen?« fragte Etwin.
    »Sag ich nicht!« sagte Karl und drehte die Augen zur Decke. »Ich sag’s nicht.«
    »Wer denn?« sagte H.R.
    »Du warst das, du Arsch!« sagte Chrissie, die neben Martin hockte und ihm über den Kopf streichelte.
    »Echt? Stark!«
    »Nein, H.R., das war auch nicht stark!« sagte Karl. »Das war auch scheiße.«
    »Stark!« sagte H.R. »Zwangsgemeinschaft 1: Der Schwabe und der Eierdieb. Und dann so: Zwangsgemeinschaft 2: Das war auch scheiße! - Stark!«
    »H.R.«, sagte Karl, »gib mal ‘ne Zigarette und nimm dir selbst auch eine.«
    »Gute Idee!«
    H.R. schwieg und rauchte wieder auf seine komische Weise. Karl nahm sich eine neue Dose Bier aus dem Kühlschrank und fuhr dann fort: »Jedenfalls kam Frank InS Spiel und ist für Klaus eingesprungen.«
    Jetzt schauten alle Frank an.
    »War nicht meine Idee«, sagte Frank. »Aber meinetwegen können wir gerne abrechnen«, sagte er zu Erwin. »Aber vorher nochmal eine Frage an dich.« Er zeigte auf H.R.: »Weißt du zufällig, wo Freddie ist?«
    »Was? Freddie?« murmelte H.R. hinter seiner Hand. »Ist er weg? Mir wär’s recht!«
    »Mir aber nicht«, sagte Frank. »Weißt du, wann du ihn das letzte Mal gesehen hast?«
    »Hm, hm”.« - H.R. wiegte sich schmatzend und rauchend hin und her, immer die Hand mit der Zigarette vor dem Gesicht. »Nö. Wollte der nicht nach Amerika?« murmelte er schließlich.
    »Wohin?« fragte Frank, weil er glaubte, nicht richtig gehört zu haben.
    »Nach Amerika!«
    »Quatsch, nach New York«, warfKarl ein, »das ist doch was ganz anderes.«
    »New York, lieber Herr Schmidt, liegt in Amerika. Man kann nicht nach Amerika fahren, ohne nach New York zu fahren. Nein, umgekehrt!« rief H.R., der plötzlich lebhaft wurde. Er sprang auf und wedelte mit seiner Zigarette in der Luft herum. »Umgekehrt! Verdammt nochmal!« Er setzte sich wieder. »Ich weiß das, ich hatte mal eine Professur für Mathematik in Mexiko-Stadt, jawohl!« Er griff nach dem Mikrofon und rief hinein: »Mexiko-Stadt, jawohl! Das war, weil ich ein sehr kompliziertes mathematisches Problem einmal in einer einzigen Nacht auf LSD.,,«
    »Ja, ja, H.R.«, unterbrach ihn Erwin, »das kannst du alles mal deinem Friseur erzählen.«
    »Wieso New York?!« sagte Frank. »Davon hat er gar nichts erzählt, daß er da hinwill, als er in Bremen war.«
    »Da bist du aber der einzige, dem er davon nichts erzählt hat«, sagte Erwin. »Bei Freddie ging’s doch schon seit Monaten um nichts anderes mehr, New York, New York, das war ihm doch

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