Der kleine Bruder: Der kleine Bruder
Wasser auf den Herd und fand ein Teenetz, das zwar schon alt und dunkelbraun, aber nicht verschimmelt war, und er spülte es gründlich aus. Dann tat er dasselbe mit einer alten Teekanne, die er im Geschirrschrank weiter hinten fand. Er häng te das Netz hinein und füllte es mit dem Tee, aus dem er zuvor wenigstens die Orangenschalenstückchen herauspulte. Das nützt zwar nichts, dachte er, das wird trotzdem komisch schmecken, aber was getan werden kann, dachte er, das sollte man tun, ansonsten sollte man aber morgens vor der ersten Tasse Tee nichts sagen, dachte er, kein Wort, das war ein Fehler gewesen, das steht schon mal fest, dachte er, das würde einem jeder Kung-Fu-Meister auch sagen, das würde einem so ein Kung-Fu-Mei-ster aber gleich zu Anfang gründlich einschärfen, wenn nicht gar mit harten Schlägen einbimsen, dachte er, daß man vor der ersten Tasse Tee die Schnauze halten sollte. Hat man ja gesehen, dachte er, was davon kommt, davon kommt nichts Gutes. Und der nächste, der mich ab jetzt anspricht, wird verlieren, dachte er, diesmal aber in echt, ich sage gar nichts mehr.
Aber leider sprach ihn keiner an. Erwin und Chrissie waren verstummt. Diesmal aber in echt, dachte Frank noch einmal drohend und abwartend, aber es kam nichts, die bei den schwiegen, und vielleicht schmollten sie auch, das konnte Frank nicht beurteilen, weil er ihnen den Rücken zugewandt hatte. Irgendwann wutde das Rauschen des Wassers in Franks Kessel leiser und leiser, ein Zeichen dafür, daß es gleich kochen würde, da sieht man’s auch mal wieder, dachte er, es wird leiser und dann kocht es, nicht etwa umgekehrt, wie man denken würde, man würde doch eigentlich denken, dachte er, daß es lauter wird, und dann kocht es, aber nein, es wird leiser, und dann kocht es mit einem ganz, ganz leisen Fauchen, dachte er, während das Wasser im Kessel ganz, ganz leise fauchte und der Dampf in einem geraden Strahl aus der Tülle nach oben schoß. So muß es sein, dachte er, schön kochen muß es, und dann immer rauf auf den Tee, dachre er und nahm den Kessel und goß den Tee auf, wobei seine Hand durch das Vorkippen des Kessels in den aufsteigenden Dampf geriet.
“Verdammt!« Er stellte den Kessel ab und drehte schnell das kalte Wasser auf und hielt die Hand drunter. “Verdammt noch mal!« Wenn die beiden jetzt was sagen, dachte er, dann garantiere ich für nichts mehr. “Verdammte Scheiße!«
Chrissie und Erwin sagten nichts, sie schauten ihm nur stumm dabei zu, wie er seine Hand unter den laufenden Wasserhahn hielt, und sie sagten auch nichts, als er das Teenetz aus der Kanne nahm, den Becher, in dem zuvor der Kaffee gewesen war, ausspülte, den Orangenschalenaroma-tee hineingoß und sich hinsetzte. Scheiß Kung Fu, dachte Frank und pustete in seinen Tee, daß der aufsteigende Dampf sein Gesicht wärmte.
»Was hast du denn heute so vor?« fragte Erwin.
“Weiß noch nicht genau« , sagre Frank, »wahrscheinlich werde ich noch ein bißchen nach Freddie suchen.«
»Warum das denn?« sagte Erwin. »Da würde ich meine Zeit nicht mit verschwenden. Ich werte, der ist nach Westdeutschland gefahren.«
»Warum weiß das dann keiner von euch?« sagre Frank. »Redet der mit euch nicht mehr, oder was?«
»Mit mir nicht so«, sagte Erwin. “In letzter Zeit nicht mehr so.«
»Hat er eigentlich eine neue Freundin?« fragte Frank.
»Wieso neue Freundin?« sagte Erwin.
»Weil er mit dieser Edith doch nicht mehr zusammen ist«, sagte Frank. »Ich denke, der war mit dieser Edith zusammen, die da gestern abend gesungen hat, und jetzt ist er von ihr getrennt oder was?«
»Naja, was immer das bei Freddie schon heißt«, sagte Erwin.
»Der hat keine neue Freundin«, sagte Chrissie.
»Woher willst du das denn wissen?!« sagte Erwin.
Chrissie sah aber nur in ihre Tasse und sagte nichts.
»Woher willst du das denn wissen, ob der eine Freundin hat?« beharrte Erwin auf seiner Frage. »Ich hab gar nicht gemerkt, daß du und Freddie so gute Bekannnte wart!«
»Daß du was nicht merkst, Erwin, das heißt überhaupt nichts«, sagte Chrissie. »Ansonsten gab es da auch nichts zu merken.«
»Wenn’s da nichts zu merken gab, dann kann man mir auch nicht vorwerfen, daß ich nichts gemerkt habe«, sagte Erwin.
»Ist mir doch egal!« sagte Chrissie.
»Naja, mir auch«, sagte Erwin. »Heute abend um sieben zeige ich euch die neue Wohnung. Habe ich mit dem Typen ausgemacht, da kriegt ihr auch gleich die Schlüssel.«
»Wo ist die noch mal?« sagte
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