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Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Der kleine Bruder: Der kleine Bruder

Titel: Der kleine Bruder: Der kleine Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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Fenster!« Immel zeigte auf ein Fenster, das nicht wie die anderen von innen mit Pappe zugeklebt war. Es zeigte auf den Innenhof. Frank ging hin und legte den Kopf gegen die Scheibe, um ganz nach unten gucken zu können. Öffnen konnte man es nicht, es waren keine Griffe daran.
    »Was soll da sein?« sagte Frank, der im Dunkeln nichts erkennen konnte.
    »Ach so, ist ja schon dunkel«, sagte P. Imme!. »Schrott! Da ist jede Menge Schrott. Haben wir den Punks vor die Tür geschmissen, da müssen die jetzt immer rüber. Auf diese Weise sind sie aber auch vor den Bullen sicher, sieh’s mal so.«
    »Ich seh das überhaupt nicht«, sagte Frank. »Vielleicht
    hören wir mal damit auf, in Rätseln zu reden, und sagen mal, worum es geht! Ich dachte, ich soll hier den Kram von meinem Bruder abholen!«
    »Der Schrott ist der Kram von deinem Bruder. Was weiß ich, was er sich damit noch alles zusammenschweißen wollte, ist jedenfalls eine ganze Menge. Ein paar Tonnen. Keine Ahnung, wo er das immer herkriegte. Das hat er alles nach und nach in sein Atelier geschleppt… «
    »Wo ist denn das Atelier?« unterbrach ihn Frank.
    »Im Keller.«
    »Im Keller? Ich dachte, da braucht man Tageslicht und so.«
    »Freddie nicht, auf Farben kam’s bei ihm nicht so an.«
    »Wie lange war er da drin in dem Atelier?«
    »Fast ein Jahr jetzt.«
    »Und wann war er das letzte Mal da?«
    »Vor einer Woche ungefähr. Da hat er mit dem Vollidioten seine Sachen aus der Galerie da reingestellt.«
    »Welcher Vollidiot?«
    »Kar! Schmidt. Gibt’s noch einen größeren Vollidioten?«
    »Keine Ahnung. Und wo sind die Sachen aus der Galerie jetzt?«
    »Tja…« Immel hob die Gabel und wedelte damit durch die Luft. Es steckte ein Stück eingelegter Brathering daran. »Als wir den Schrott auf den Hof geworfen haben, war davon nichts mehr da.«
    »Warum habt ihr das überhaupt auf den Hof geworfen?«
    »Er hatte schon zwei Monate nicht mehr bezahlt. Was bin ich hier, die Wohlfahrt?«
    »Und dann hast du ihm gekündigt, oder wie?«
    »Nicht direkt, was heißt schon gekündigt, ich hab ihn
    nur gefragt, wann er bezahlen will, und er hat gesagt, ich soll ihn am Arsch lecken.«
    Immel betrachtete das Stück Hering und warf es dann zurück in das Glas. »Sagt man sowas zu einem, der zwei Monate auf sein Geld wartet, ohne auch nur ein Wort zu sagen? Sagt man zu so einem, er soll einen am Arsch lecken? Ehrlich mal? Macht man das? Scheiße, eigentlich mochte ich Freddie immer ganz gern. Freddie war nicht wie die anderen Wichser. Freddie ist mir auch vorher nie blöd gekommen. Und dann sowas.«
    »Und seitdem hast du ihn nicht mehr gesehen.«
    »Nein.«
    »Ist sonst noch was von ihm hier? Oder liegt alles auf dem Hof.«
    »Seine Schweißgeräte sind noch da.«
    »Hat er mehrere?«
    »Ja, ein Elektro und eins mit Gas. Willst du die mitnehmen?«
    »Nein, ich habe mein Auto nicht dabei«, sagte Frank.
    »Willst du einen Kaffee?«
    »Nein danke.« Frank hätte eigentlich gerne einen Kaffee genommen, aber irgendwie war ihm die P.-Immelsche Freundlichkeit nicht ganz geheuer, man weiß nie, wann das wieder umschlägt, dachte er, und dann nehmen sie einem den Kaffee wieder weg und dann steht man blöd da. »Ich glaub, ich geh mal wieder.«
    »Ja, ist vielleicht besser«, sagte Immel. »Und wenn du Freddie siehst: Er schuldet mir noch zwei Monatsrnieten.«
    »Nicht schlecht«, sagte Frank, »Monatsrnieten in einem besetzten Haus. Hätte ich nicht gedacht. Warum sind eigentlich die Fenster verdunkelt? Habt ihr Angst vor Scharfsch ützen? «
    »Das ist keine Besetzung«, sagte Immel. Er schraubte das Glas mit dem Brathering zu und goß sich eine Tasse Kaffee ein. »Was wir hier machen, ist eine Simulation. Eine Hausbesetzungssimulation. Das ist eigentlich mein Haus.«
    »Ich weiß«, sagte Frank.
    »Alle wissen das«, sagte P. Immel. »Komisch: Alle wissen das und erzählen das sogar rum, aber es kommt doch nicht raus. Das ist doch faszinierend! Die doofen Punks zum Beispiel, die haben das bis heute noch nicht geschnallt. Und die Fernsehleute stehen hier jedesmal vor der Tür, wenn sie was über besetzte Häuser machen. ArschArt in aller Munde.« Er lächelte zufrieden. »Und weißt du, wessen Idee das war?«
    »Nein«, sagte Frank.
    »Das war Freddies Idee.«
    »Aha«, sagte Frank verblüfft.
    »Freddie ist ein Genie. Das hat uns bis nach New York gebracht.«
    »Wart ihr zusammen da?«
    »Ja. The Art ofWall City oder wie der Scheiß hieß. Da waren wir ArschArt-Leute wie die

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