Der kleine Bruder: Der kleine Bruder
schepperte wieder, und einzelne Metallbleche flogen durch die Luft. Jemand kämpfte sich seitlich zwischen Wand und Schrotthaufen zu Frank und zum Hofausgang durch. Er mußte erst ziemlich nahe kommen, bevor Frank ihn erkannte: Es war Wolli.
15. EXIT WOLL!
»Scheiße!« schrie Woll i ihn an.
»Wolli, ich bin’s!« sagte Frank.
»Ach du bist das, Frankie«, sagte Wolli. Er hob die linke Hand zum Gruß wie ein Indianer im Film und lutschte dabei an seinet techten Hand.
»Warum schreist du mich denn an?« sagte Frank.
»Hab dich nicht erkannt.«
»Warum schreist du mich an, wenn du mich nicht erkennst, ich meine, wen wolltest du denn eigentlich anschreien? «
»Keine Ahnung. Ich hab mich an dem Schrott da geschnitten, hab gedacht, du wätst vielleicht einer von den Vorderhausleuten. Was machst du denn hier?«
»Det Schrott gehört meinem Bruder. Den hatte er in seinem Atelier oder seiner Werkstatt oder was.«
»So viel? Das muß ja eine Riesenwerkstatt gewesen sein.«
»Oder nicht direkt in der Werkstatt, vielleicht hatte er noch einen Lagerraum daneben, was weiß ich denn …!«
»Nicht viel, wie’s aussieht.«
»Hör mal, Wolli«, sagte Frank, »jetzt ist auch mal gut, jetzt hör endlich mal auf, mich so blöd von der Seite anzuquatschen, das war neulich schon unverschämt genug!«
»Ja, ‘tschuldigung, tut mir leid«, sagte Wolli. »Hab gerade schlechte Nerven. Hast du Lust, mit in die Kneipe zu gehen? Ich wollte gerade in die Kneipe.«
»Alleine?«
»J a klar, hier gehen doch dauernd alle alleine in die Kneipe, wir sind doch in Berlin, das ist doch hier nicht der Bremer Freimarkt, Mann.«
»Wolli, hör auf damit!«
»Ja, ‘tschuldigung.«
Sie verließen gemeinsam den Hof. Draußen nahm Wol-li die Hand, an der er die ganze Zeit gelutscht hatte, aus dem Mund und hielt sie in das Licht unter einer Laterne. »Scheiße, von so was kann man ruck, zuck eine Blutvergiftung kriegen.«
Frank beugte sich über die Hand, betrachtete den kleinen, blutenden Schnitt an der Handkante und sagte: »Tja, das sieht bös aus, das könnte sich ziemlich verkomplizieren. «
»Wie meinst du das?«
»Hast du dir das an dem Metall geschnitten?« sagte Frank.
»Ja, logo«, sagte Wolli.
»Ich kannte mal einen«, fabulierte Frank im Wolli-Stil drauflos, »der hat sich genauso mal die Hand geschnitten, und an so Metall ist ja immer auch Rost, das ist dann wie ein rostiger Nagel im Fuß, und dem haben sie fast die Hand abnehmen müssen. Da hat sich dann so eine dunkle Linie … « Er zog mit dem Finger eine imaginäre Linie von der Wunde an Wollis Hand den Arm hinauf bis zu seinem Brustkorb. »Das war höchste Eisenbahn gewesen am Ende, der wär fast draufgegangen.«
»Ich weiß gar nicht, ob ich geimpft bin«, sagte Wolli.
»Das nützt da nichts«, sagte Frank entschieden. »Der war geimpft gegen alles mögliche, der war überhaupt komplett geimpft, aber das nützt bei Wunden mit Rost gar nichts. In welche Kneipe willst du denn gehen?«
»Ich dachte, ich gehe ins Honka, die Kneipe, wo wir uns neulich getroffen haben.«
»Das war gestern.«
»Ach so, gestern erst. Kommt mir länger her vor.«
»Mir auch«, gab Frank zu. »Das Honka, das ist doch Scheiße! Laß uns lieber ins Krahl-Eck gehen.«
»Was ist denn das Krahl-Eck? Woher kennst du denn hier eine Kneipe?«
»Ein bißchen was kenne ich auch, Wolli!«
»Eigentlich habe ich überhaupt kein Geld«, sagte Wolli.
»Ins Honka kann ich nicht gehen, einmal da angeschrien werden reicht.«
»Ja, ‘tschuldigung«, sagte Wolli, und Frank kam langsam zu dem Schluß, daß mit Woll i irgendwas nicht stimmte, er war nicht in Form, und das hatte nichts mit seiner Handverletzung zu tun.
»Laß uns mal ins Krahl-Eck gehen«, sagte Frank und ging los. Wolli kam widerstandslos mit.
»Mann, das ist hier ja voll die Mauer«, sagte er, als sie an die Mauer kamen. »Kannst du mir mal fünfzig Mark leihen?«
»Wozu brauchst du denn so viel Geld?!« fragte Frank streng.
»Ich glaub …« Wolli seufzte und sprach nicht weiter. Dann zeigte er wieder auf die Mauer. »Voll die Mauer, Mann, guck mal, da hinten!«
»Da hinten was?«
»Das Holzding da, wo man hochgehen kann und über die Mauer gucken!«
»Was ist damit?«
»Laß uns da mal hochgehen!«
»Muß das sein, Wolli? Ich dachte, du wolltest in die Kneipe.« »Das ist nicht so dringend, ich wollte nur in Ruhe mal wieder scheißen.«
»Ich dachte, in Ruhe scheißen macht man zu Hause.«
»Hast du eine Ahnung!« sagte
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