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Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition)

Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition)

Titel: Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz , Joja Wendt
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Klingen wie Dampfmaschinen mit Herzrhythmusstörungen.»
    Der Sampler stoppte, blieb regungslos in der Luft stehen, ließ seine LED-Anzeigen hektisch flimmern, grunzte «Pump up the Volume» und flog wieder weg.
    «Ich sag ja, komischer Kerl», kommentierte Strato.

    Der Flügel staunte. Was es doch alles gab! Aber eine Bemerkung der Gitarre hatte ihn eben besonders elektrisiert. Sie hatte gesagt, Harp würde mit einer Gitarre hinter dem Felsen jammen. Und auch der Moog hatte vorhin etwas von «jammen» gesagt. Soweit er wusste, bedeutete das «zusammen ohne Noten und völlig frei Musik machen».
    «Ihr könnt hier also Musik machen, wie ihr wollt? Einfach improvisieren?», fragte er.
    «Klar», sagte Strato. «Wir müssen nur auf den Wind aufpassen. Meist bläst er von der Ebene herüber und trägt die Töne weg vom Turm. Solange die Orgel nichts hört, ist alles gut. Falls doch, schickt sie den Dicken und den Feuermelder. Und dann muss einer dran glauben. Einmal haben sie eine Panflöte zertrümmert.»
    Der Flügel verstand nicht. «Den Dicken und den Feuermelder?», fragte er.
    «Die kennst du doch. So nennt Fendi den groben Kerl und die rothaarige Frau. Humor hat er. Wenn er denn überhaupt mal spricht. Ist eine echte Plaudertasche, unser Fender Precision.»
    Der Bass brummte nur. Der Flügel lachte. Der Kerl gefiel ihm.

    Die Tage vergingen. Der Flügel fühlte sich sehr wohl in dem Lager mit den anderen, modernen Instrumenten, und vor allem hatte er große Freude am gemeinsamen Musizieren. Meist kamen sie hinter einem großen Felsen zusammen, um dort, geschützt vor Blicken aus dem Turm, zu spielen. Besonders mit Fendi, dem E-Bass, verstand er sich prächtig, auch ohne viele Worte. Der Bass führte ihn in die Welt des Jazz ein, und der Flügel erklärte dem Bass die Feinheiten der klassischen Musik. Mit der Stratocaster spielte er besonders gern Blues, und alle zusammen machten Musik, die eigentlich keinen Namen hatte, außer dass sie wunderschön war. Selbst der Minimoog und der sonst notorisch verstimmte Sampler waren bei diesen kleinen Konzerten mit Eifer dabei.
    Der Flügel genoss all das, aber immer wieder blickte er sorgenvoll zum Turm herüber. Was mochte da drinnen geschehen? Wie weit war Theodoras Plan mittlerweile gediehen? Hatte sie schon einen neuen Flügel gefunden? Der Notenmond stand bereits sehr hoch am Himmel. Nein, all dies konnte, all dies wollte er nicht vergessen. Bisher hatte er den anderen noch nichts von Theodoras Plan erzählt, weil er anfangs nicht wusste, wem er trauen konnte. Aber nun musste es raus.
    Eines Morgens rief er die anderen hinter dem Felsen zusammen. «Ich habe euch etwas zu sagen», hob er an. «Während wir hier in Ruhe vor uns hin spielen, braut sich drüben im Turm großes Unheil zusammen. Die Welt, aus der wir stammen, ist in großer Gefahr.»
    Und dann erzählte er ihnen alles.

    «Oberkrass», brummte der Bass.
    «Sauerei», kommentierte Strato.
    «Voll fieser Plan», fiepte Moog.
    «Pump down the Tower», skandierte der Sampler.
    «Knockin’ on Heaven’s Door», quäkte Harp unheilverkündend.
    «Muss ich echt nicht haben, das», nölte die akustische Gitarre.
    «Typisch Orgel», sagte eine sehr helle, unbekannte Stimme.
    Alle erstarrten und sahen sich hektisch um. Woher kam das? Wer war das? Hatte sie jemand belauscht?
    «Da!», rief Moog und zeigte auf eine Spalte im Felsen. «Dadrin schwebt so ein grinsendes Dreieck.»
    Alle sahen hin – und tatsächlich: In der Spalte schwebte ein dreieckiges Instrument. Es war die kleine Triangel aus dem Turm. Bevor jemand etwas sagen konnte, flog sie vorsichtig ein Stück heraus und rief schnell: «Nicht hauen! Ich kann nichts dafür. Als der Flügel aus dem Turm gepustet wurde, hat er mich versehentlich mitgerissen. Mann, war das gruselig. Ich dachte, das war’s. Aber dann lag ich ein bisschen zerkratzt, aber unversehrt mitten unter den Trümmern des Zeltes und beschloss, mich erst einmal zu verstecken. Ich wusste ja nicht, was hier los ist. Ich hab euch beobachtet und auf den richtigen Moment gewartet, mich zu erkennen zu geben. Und jetzt ist er wohl da. Jetzt kann ich nicht länger warten. Die Orgel hat mich nie ernst genommen, weil sie wohl dachte, dass sich eine kleine Triangel nie traut, sich zu widersetzen. Dabei bin ich sogar vergoldet. Aber ich hasse sie. Ja, ich hasse Theodora.»
    Dann schwieg die Triangel und schwebte weiter in der Luft, ihren kleinen Schlagstab ängstlich an eine ihrer Seiten

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