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Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition)

Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition)

Titel: Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz , Joja Wendt
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rollte zu Moll, besprach sich kurz und spielte dann eine ziemlich jazzige Version des berühmten Flohwalzers. Moog versuchte, dem Stück noch eine verrückte elektronische Note zu geben, und variierte seine Töne wie ein Clown. Es klang wirklich ziemlich komisch. Aber als die Instrumente geendet hatten, seufzte Moll nur und summte mit unendlich trauriger Stimme die Melodie nach. Es klang nun wie ein Requiem.
    «Puh, so wird das nichts», sagte Strato. «Hat noch jemand eine Idee?»
    «Vielleicht sollten wir Moll einen Witz erzählen?», schlug Moog vor.
    «Ich kenne aber keinen», sagte der Flügel, und auch die anderen schüttelten nur hilflos den Kopf.
    «Aber ich kenne einen», zwitscherte Tri. «Ich habe mal einem ziemlich albernen Musiker gehört, der erzählte dauernd Witze. Einen habe ich mir gemerkt.»
    «Dann versuch’s halt», sagte der Flügel ohne große Hoffnung.
    Tri flog zögerlich los, stoppte dann etwa zwei Meter vor Moll und fiepte: «Also, Moll, hör mal. Hier ist ein Witz. Der wird dich weniger traurig machen.»
    Moll blickte interessiert auf die Triangel.
    «Wirklich? Was ist das, ein Witz?»
    «Eine lustige kleine Geschichte.»
    «Ich bin aber so traurig», sagte Moll.
    «Dann hör mal. Also: Zwei Zahnstocher gehen im Wald spazieren. Plötzlich kommt ein Igel an ihnen vorbei. Da sagt der eine Zahnstocher zum anderen: ‹Mensch, ich wusste ja gar nicht, dass hier ein Bus fährt.›»
    Seine Gefährten kicherten. Moll blieb regungslos. Aber plötzlich bewegte sich etwas in der unförmigen Masse. Etwas zuckte. Dann hörte man eine Art Rülpsen, und schließlich fing die ganze schwarze Wolke an zu lachen. Es klang sonderbar, aber es war ein Lachen. Und Molls Farbe veränderte sich. Er wurde heller. Und lachte und lachte. «Ein Bus!», grunzte er. «Zahnstocher, Igel, nein, ist das lustig. Du meine Güte, ich fühl mich fast wie mein lustiger Bruder Dur.»
    Schließlich beruhigte er sich wieder, war aber immer noch deutlich heller als vorher.
    «Danke», sagte Moll. «So gut habe ich mich lange nicht gefühlt. Ich weiß zwar nicht, was ihr hinter mir wollt, aber ich denke, ich lasse euch Leute ausnahmsweise mal durch. Aber ich muss euch warnen. Hinter mit geht es weiter abwärts. Immer weiter abwärts. Die Felswände werden höher und schroffer. Erst gibt es noch etwas Harmloses zu sehen: die Klippen der Klangfarben. Aber schließlich kommt ihr nach einiger Zeit an einen unheimlichen Ort. Am Boden der Senke erreicht ihr das tonlose Tal. Dort ist es dunkel, die Wände sind zerklüftet. Ein langer, schmaler Weg führt hindurch. Und wer sich dort entlangwagt, darf niemals und unter keinen Umständen ein Geräusch machen, denn in den Felsen, in den steinernen Ohren des Berges, hocken schlafende, unheimliche Kreaturen, die jeden vernichten, der ihre Ruhe stört. Es herrscht also stets eine unheimliche, drückende Stille dort im Tal. Ihr werdet sehen und hören. Na, sagen wir besser: nichts hören. Seid äußerst vorsichtig. Und nun geht, solange ich mich gut fühle.»
    Und dann machte Moll eine kleine Gasse frei, und die fünf Gefährten eilten hindurch, so schnell sie konnten.

[zur Inhaltsübersicht]
    Das tonlose Tal
    B edrückt setzten die fünf Freunde ihren Weg fort. Die Worte Molls hatten sie erschreckt. Das tonlose Tal – das klang schon so unheimlich. Aber es schien noch ein gutes Stück Weg bis dorthin zu sein, denn man konnte an jeder Biegung des Weges erkennen, dass es eine Weile weiter bergab ging. Noch hörten sie auch jede Menge Geräusche. Das seltsame Wispern der Felsen, Rascheln, das aus Spalten und Löchern in den steinernen Wänden kam, und das Heulen des immerwährenden eisigen Windes der Ebene über ihnen – und jetzt erschallte auch hinter ihnen wieder Molls Jammern und Stöhnen, das jedoch immer leiser wurde, je tiefer sie hinabstiegen. Die Wirkung des Witzes hatte offenbar bereits nachgelassen.

    Stunden vergingen. Niemand sagte etwas. Keiner spielte. Aber jeder hörte, wie die Rollen des Flügels und des Moogs auf dem steinigen Untergrund knirschten. Manchmal schlug auch Tri versehentlich mit ihrem Stab ein wenig gegen eine ihrer drei Seiten, und es gab einen Ton. Keiner sagte es, aber jeder fragte sich, wie sie es angesichts dieser Geräuschkulisse jemals in absoluter Stille durch das tonlose Tal schaffen sollten. Doch niemand blieb stehen, um zu diskutieren. Sie waren jetzt schon so weit gekommen. Vielleicht gab es ja eine Lösung. Vielleicht gab es ja irgendeinen

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