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Der kleine Freund: Roman (German Edition)

Der kleine Freund: Roman (German Edition)

Titel: Der kleine Freund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
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wisst ihr«, sagte Tatty und klatschte in die Hände, »das ist eine wundervolle Idee!«
    »Lass uns Halt machen, Edith.«
    »Jetzt hört mal zu! Ich wollte heute Morgen um sechs Uhr losfahren! Wenn wir jetzt Pause machen, ist es Mittag, bevor wir unterwegs sind! Habt ihr denn nichts gegessen, bevor wir abgefahren sind?«
    »Nun, ich wusste ja nicht, wie es meinem Magen gehen würde, ehe wir ein Weilchen unterwegs waren«, sagte Adelaide.
    »Wir sind kaum aus der Stadt!«
    »Mach dir um mich keine Sorgen, Liebes«, sagte Libby. »Ich bin so aufgeregt, ich könnte keinen Bissen essen.«
    »Hier, Tat.« Edie fummelte die Thermosflasche hervor. »Gib ihr einen kleinen Becher Kaffee.«
    »Wenn sie nicht geschlafen hat«, sagte Tat pedantisch, »bekommt sie von Kaffee vielleicht Herzklopfen.«
    Edie schnaubte. »Was ist los mit euch? Bei mir habt ihr immer Kaffee getrunken, ohne über Herzklopfen oder sonst irgendetwas zu klagen. Jetzt tut ihr so, als wäre es Gift. Macht euch alle wild.«
    Ganz plötzlich sagte Adelaide: »O Gott. Dreh um, Edith.«
    Tat hielt sich eine Hand vor den Mund und lachte. »Heute Morgen ist wirklich der Wurm drin, nicht wahr?«
    »Was ist jetzt wieder?«, fagte Edie.
    »Tut mir Leid«, sagte Adelaide gepresst. »Ich muss zurück.«
    »Was hast du vergessen?«
    Adelaide blickte starr gerade aus. »Meinen koffeinfreien Kaffee.«
    »Dann musst du dir eben welchen kaufen.«
    »Na ja«, meinte Tat, »wenn sie zu Hause ein Glas hat, wäre es ja eine Schande, wenn sie jetzt noch eins kauft...«
    »Außerdem«, sagte Libby und hielt sich die Hände an die Wangen, während sie aufrichtig erschrocken die Augen aufriss, »was ist, wenn sie keinen findet? Wenn man da oben keinen kaufen kann?«
    »Koffeinfreien Kaffee kann man überall kaufen!«
    »Edith, bitte«, fauchte Adelaide. »Ich will davon nichts hören. Wenn du mich nicht zurückfahren willst, halte bitte an, und lass mich aussteigen.«
    Sehr scharf und ohne zu blinken, bog Edie in die Zufahrt zur Highway-Bankfiliale ein und wendete auf dem Parkplatz.
    »Sind wir nicht verrückt? Ich dachte, ich bin die Einzige, die heute Morgen alles vergessen hat«, sagte Tat vergnügt, während sie gegen Adelaide rutschte, und sie stützte sich mit der Hand an Addies Arm ab, als Edie ihre jähe Wende vollführte. Und gerade wollte sie laut verkünden, dass sie nicht mehr ganz so schlimme Gewissensbisse habe, weil sie ihre Uhr an der Spüle habe liegen lassen, als auf dem Vordersitz ein atemloser Aufschrei von Libby ertönte – und bamm ! Hart an der Beifahrerseite getroffen, schleuderte das Auto herum, drehte sich um sich selbst, und ehe man sich versah, gellte die Hupe, und Blut strömte aus Edies Nase, und sie waren auf der falschen Seite des Highways und starrten durch ein Spinnennetz aus gesplittertem Glas in den Verkehr, der auf sie zukam.

    »Oh, Harrr-iet!«
    Gelächter. Zu Harriets Bestürzung hatte die jeansgekleidete Bauchrednerpuppe von allen im Publikum ausgerechnet sie aufs Korn genommen. Sie und fünfzig andere Mädchen unterschiedlichen Alters saßen auf langen Bänken auf einer Waldlichtung, die die Betreuer als »Kapelle« bezeichneten.
    Vorn drehten zwei Mädchen aus Harriets Hütte (Dawn und Jada) sich um und funkelten sie an. Sie hatten sich noch am Morgen mit Harriet gestritten, und nur das Läuten der Kapellenglocke hatte den Streit unterbrochen.
    »Hey, sei nicht blöd, Ziggie, alter Junge!«, gluckste der Bauchredner. Er hieß Zach und war Betreuer im Jungencamp. Dr. und Mrs. Vance hatten mehr als einmal erwähnt, dass Zig (die Puppe) und Zach seit zwölf Jahren das Zimmer miteinander teilten und dass die Puppe als Zachs »Zimmergenosse« mit ihm an der Bob Jones University gewesen war. Harriet hatte schon viel darüber gehört, sehr viel mehr, als ihr lieb war. Die Puppe war gekleidet wie ein Slum-Kid – Kniehosen und runder Strohhut –, und sie hatte ein Furcht erregendes rotes Maul und Sommersprossen, die aussahen wie Masern. Jetzt riss sie – mutmaßlich
Harriet nachäffend – die Augen auf und drehte den Kopf einmal um dreihundertsechzig Grad.
    »Hey, Boss, ich soll blöde sein?«, kreischte sie aggressiv.
    Neues Gelächter – besonders laut von Jada und Dawn, die vorn begeistert applaudierten. Harriet starrte mit glühenden Wangen und unnahbarer Miene auf den verschwitzten Rücken des Mädchens vor ihr. Es war ein älteres Mädchen mit einem BH, der sich in Fettwülste schnitt. Hoffentlich sehe ich niemals so aus,

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