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Der kleine Koenig von Bombay

Der kleine Koenig von Bombay

Titel: Der kleine Koenig von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chandrahas Choudhury
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Zunge hatte. Ihr neckender Tonfall zog einen sofort ins Gespräch und brachte die eigenen Gedanken in Schwung, so wie es auch bei Dashrath der Fall war. Und im Gegensatz zu vielen anderen Leuten redete sie auch nicht in einem speziellen Zwergenton mit ihm – sie redete so mit ihm, wie seine Freunde es taten. Ihm war, als gäben sie nur vor, einander nicht zu kennen, als wären sie einander tatsächlich schon seit vielen Jahren bekannt. War dem so? »Ist sie – ist sie
sie
?«, schoss ihm plötzlich durch den Kopf, und sein Herz setzte kurz aus. »Nein, natürlich nicht, das ist unmöglich – was bin ich für ein Dummkopf!« Doch er wollte gern wissen, wie sie aussah, und sagte: »Aber ich kenne
Sie
kaum, Miss Shireen. Ihr Vater hat mir nie etwas über Sie erzählt – er hat sich da sehr bedeckt gehalten. Wollen Sie sich nicht zu uns gesellen?«
    »Das würde ich sehr gern, aber ich nehme gerade ein Fußbad, und wenn ich das Wasser kalt werden lasse, muss ich es noch einmal warm machen. Aber wenn Sie zehn Minuten warten, mache ich Ihnen einen Tee …«
    »Sie tun ja wirklich viel für Ihre Hochzeit! Ich glaube, ich würde für meine nicht mehr Aufwand treiben, als ein neues Hemd anzuziehen und mich ordentlich zu rasieren.«
    »Ich hoffe, Sie kommen zu meiner Hochzeit! Sie sind einer unserer Sondergäste.«
    »Ich komme gern, Miss Shireen. Sie lassen mir ja gar keine andere Wahl, denn jetzt wollen Sie sich nicht zu uns gesellen, und irgendwann müssen wir uns ja mal kennenlernen! Auf jeden Fall schon mal herzlichen Glückwunsch! Ihr Mann kann sich glücklich schätzen.«
    »Ich hoffe, das sieht er selbst auch so. Ich bin mir da nicht so sicher.«
    »Nur keine falsche Bescheidenheit, Miss Shireen. Wenn Menschen wie Sie bescheiden sind, wo bleiben dann Menschen wie ich? Menschen wie ich müssen ihre Begabungen in den Himmel loben, um nicht unterzugehen.«
    »Das ist jetzt
Ihre
Art, bescheiden zu sein, Mister Arzee. Sie spielen das gleiche Spiel, das Sie mir unterstellen.«
    »Ich – ich –«
    »Sie ist ein kluges Mädchen«, sagte Phiroz und hob den Blick von seinen Umschlägen. Mit einem stolzen Glucksen fügte er hinzu: »Gegen sie kommt man nicht an.«
    »Sie wollen sich also wirklich nicht zu uns setzen, Miss Shireen? Was ist denn das? Eine Katze!«
    »Ich habe meine Vertreterin zu Ihrer Begrüßung geschickt, Mister Arzee. Ich bin wie eine Königin – ich verkehre über meine Abgesandten mit der Welt.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass ich nur der kleine Mann von der Straße bin, Miss Shireen? Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich bin nur der kleine Mann – ein sehr kleiner sogar.«
    »Oh bitte, Mister Arzee, nehmen Sie das nicht persönlich. Meine Katze und ich sind wie eine Person. Wenn Sie meine Katze gesehen haben, dann haben Sie auch mich gesehen.«
    »Ich sehe Ihre Katze, Miss Shireen. Sie sitzt zu meinen Füßen und starrt mich an.«
    »Wie finden Sie sie?«
    »Na ja, für mich sehen alle Katzen gleich aus. Ich weiß nur, dass es schwarze Katzen, weiße Katzen und gescheckte Katzen gibt und dass sie miauen und Milch und Fisch mögen.«
    »Dann können wir niemals Freunde werden, Mister Arzee. Für mich sehen nämlich alle Leute gleich aus, die nichts Gutes über meine Katze zu sagen haben.«
    »Jetzt werden Sie mal nicht hysterisch, Miss Shireen. Wenn Sie verheiratet sind, geht das ja auch nicht. Also gut, es ist eine sehr schöne Katze. Ich habe schon mal jemanden mit einer Katze gekannt.«
    »Nicht vorbeugen. Du bist mir im Licht«, sagte Phiroz.
    »Tut mir leid, Phirozbhai.«
    »Wann heiraten
Sie
denn, Mister Arzee?«, erklang nun wieder die Stimme vom Balkon.
    »Wann ich heirate? Äh … sobald ich das richtige Mädchen gefunden habe, Miss Shireen. Das ist das größte Problem – das richtige Mädchen zu finden. Und … wir leben in einer Zeit, in der sich alles nur um das Äußere dreht, Miss Shireen. Und wie Sie wissen, bin ich ein kleines – ein kleines bisschen kurz geraten, und damit lebt es sich nicht ganz einfach auf dieser Welt.«
    »Ach ja? Vater hat mir erzählt, Sie seien sehr beliebt bei den Frauen. Er hat ja sogar Ihre Freundin kennengelernt.«
    »Das ist schon sehr lange her, Miss Shireen, sehr lange. Sie ist nicht mehr da, und für mich ist das abgehakt. Es gibt ein paar Dinge, über die ich beschlossen habe, nicht mehr nachzudenken, und dazu gehört auch diese Geschichte. Man kann nicht in Groll und Selbstmitleid leben, Miss Shireen – da ist es auch kein Trost, dass man im Recht

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