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Der kleine Nadomir

Der kleine Nadomir

Titel: Der kleine Nadomir Kostenlos Bücher Online Lesen
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Gesicht reinigen, Olinga«, sagte Sadagar sanft. Nun wandte er den einfachen Zauber an, mit dem er das Feuer entzünden konnte. Die Holzscheite flammten auf; diesmal brannten sie allerdings ganz normal.
    Deutlich war Olingas Verwunderung zu bemerken. Sie war ganz offensichtlich von Sadagars Zauber beeindruckt.
    »Reinige Chwums Gesicht!« befahl er wieder.
    Zögernd griff die junge Frau nach einem Lederlappen. Das rasselnde Atmen des Sterbenden war verstummt. Seine Brust hob sich nun ruhig und gleichmäßig. Rasch wischte Olinga die Farbe fort und stand auf.
    »Wirf den Lappen ins Feuer!«
    Olinga gehorchte. Der Lappen fing rasch Feuer, loderte einmal kurz auf, krümmte sich und zerfiel zu Asche.
    »Du scheinst tatsächlich ein mächtiger Zauberer zu sein«, sagte sie leise. »Wann wird Chwum gesund werden?« »Es wird ein paar Tage dauern«, antwortete Sadagar ausweichend. »Heute abend werde ich für ihn einen weiteren Zaubertrunk bereiten, der die Heilung beschleunigen wird.«
    »Euer Leben ist mit Chwums Leben verbunden«, sagte sie, jedes Wort betonend. »Stirbt er, dann werdet ihr auch sterben.«
    Sadagars Mund war plötzlich trocken. Er räusperte sich, doch sie schenkte ihm keine Beachtung mehr.
    Ihre Aufmerksamkeit galt nur noch Nottr, vor dem sie stehenblieb. »Wie heißt du?« fragte sie.
    »Nottr.«
    »Nottr«, flüsterte sie. »Ein schöner Name. Woher kommst du, Nottr?«
    Der Barbar blickte sie verwirrt an. Er verstand ihre Frage nicht.
    »Nottrs Geist ist verwirrt«, sagte Sadagar rasch, »er war lange krank und…«
    »Ich habe dich nicht gefragt, Alter«, unterbrach sie ihn scharf. Ihre Stimme wurde aber sofort wieder sanft, als sie mit Nottr sprach. »Hast du mich nicht verstanden? Ich habe dich etwas gefragt, Nottr.«
    »Ich weiß nicht, was du von mir willst, Mädchen«, sagte er stockend.
    »Immerhin kannst du wenigstens sprechen«, freute sie sich. »Willst du mein Fell mit mir teilen, Nottr?«
    »Fell teilen...?« stotterte er verständnislos.
    »Nottr versteht dich nicht, Olinga.«
    »Dann erkläre ihm, was ich will. Und jetzt geht, da ich die Vorbereitungen zum Aufbruch treffen muss.«
    Sadagar ergriff Nottrs rechten Arm und zog ihn aus der Hütte. »Habe ich Olinga richtig verstanden, Duprel?« fragte Sadagar, als sie im Freien waren.
    »Ich denke schon. Sie will, dass Nottr heute nacht mit ihr schläft.«
    »Sind alle Frauen des Stammes so direkt in ihren Wünschen?«
    »Ja, das sind sie. Und sollte Nottr ablehnen, dann wäre das eine große Beleidigung für Olinga und den ganzen Stamm.«
    »Beim Kleinen Nadomir«, fluchte Sadagar verärgert, »ich ahnte, dass es mit diesem Weib noch Schwierigkeiten geben wird.«
    »Weshalb soll es denn Schwierigkeiten geben?« wunderte sich der Schmied. »Es ist doch eine große Ehre für Nottr, das Lager mit dem schönsten Mädchen des Stammes zu teilen.«
    »Das mag schon sein, trifft aber nicht auf Nottr zu. Durch die Folter scheint sein Interesse an Frauen erloschen zu sein, dabei war er früher alles andere als ein Kostverächter. Im Augenblick ist er an Frauen sowenig interessiert wie ein Wallach an einer rassigen Stute!«
    Duprels Gesicht verfinsterte sich, dann grinste er aber plötzlich. »Du bist doch ein großer Zauberer, Sadagar. Hast du nicht gewisse Mittelchen in deinem Kräuterbeutel, die da helfen könnten?«
    »Bei Nottr versagen meine Mittel.«
    »Dann, mein Freund, sehen wir einer unangenehmen Nacht entgegen.«
    Sadagar nickte kummervoll.
    *
    Der Himmel war frostklirrend, und die Landschaft war in ein düsteres Licht getaucht. Das flache, schneebedeckte Tal zog sich zwischen mächtigen Bergen dahin, deren Gipfel nicht zu sehen waren.
    Einige Zeit vergaß Sadagar seine Sorgen. Gebannt sah er dem Stamm beim Aufbruch zu. Die Felle der Erdhütten und alle Gebrauchsgegenstände wurden auf die Schlitten verladen, die unterschiedlich groß und verschiedenartig gearbeitet waren. Die meisten waren Kufenschlitten, von denen es zwei Formen gab. Die erste Art bestand aus einem Paar gerader Kufen aus Holz, die durch hölzerne Querstäbe miteinander verbunden waren; sie waren bis zu zwanzig Fuß lang. Die zweite Art war kleiner, da waren die Kufen nach oben gebogen, und darauf waren senkrechte Stützen angebracht, auf denen sich ein mit einer Lehne ausgestatteter Sitz befand.
    Gezogen wurden die Schlitten von den bösartig knurrenden Hunden, die seit zwei Tagen nichts zu fressen bekommen hatten. Es waren genügsame Tiere, die nur etwa alle drei Tage

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