Der Klient
mir nichts zu erklären, Mr. Fink. Ich bin nicht blind. Ihr habt euch ganz miserabel vorbereitet in diese Sache gestürzt. Mr. Foltrigg sollte hier sein, aber er ist es nicht, und jetzt brauchen Sie ihn. Sie haben gedacht, Sie könnten eine Eingabe zusammenschustern, ein paar hohe Tiere vom FBI dazuholen, Mr. Ord hier mit hineinziehen, und ich würde so beeindruckt sein, daß ich einfach klein beigebe und alles tue, was Sie wollen. Darf ich Ihnen etwas sagen, Mr. Fink?«
Fink nickte.
»Ich bin nicht beeindruckt. Ich habe bei gespielten Gerichtssitzungen an High Schools schon bessere Arbeit gesehen. Die Hälfte der Jurastudenten im ersten Semester an der Memphis State könnte Ihnen in den Hintern treten, und die andere Hälfte in den von Mr. Foltrigg.«
Fink war nicht dieser Ansicht, nickte aber auch weiterhin. Ord rückte seinen Stuhl ein paar Zentimeter von dem von Fink weg.
»Was halten Sie davon, Ms. Love?« fragte Harry.
»Euer Ehren, unsere Verfahrensregeln sind völlig eindeutig. Ein in einem Verfahren tätiger Anwalt kann nicht in demselben Verfahren als Zeuge auftreten. So einfach ist das.« Sie hörte sich gelangweilt und frustriert an, als müßte das jedermann bekannt sein.
»Mr. Fink?«
Fink gewann seine Fassung zurück. »Euer Ehren, ich würde das Gericht gern unter Eid über bestimmte Fakten informieren, die Mr. Cliffords Aktionen vor seinem Selbstmord betreffen. Ich entschuldige mich für diese Bitte, aber unter den gegebenen Umständen geht es nicht anders.«
Es wurde an die Tür geklopft, und der Gerichtsdiener öffnete sie. Marcia kam herein mit einem Teller mit einem dicken Roastbeef-Sandwich und einem hohen Plastikbecher mit Eistee. Sie setzte beides vor Harry ab, der ihr dankte, dann verschwand sie wieder.
Es war fast ein Uhr, und plötzlich hatten alle Heißhunger. Von dem Roastbeef mit Meerrettich, Pickles und Zwiebelringen stieg ein appetitanregender Duft auf, der den Saal durchzog. Alle Augen waren auf das Baguettebrötchen gerichtet, und als Harry danach griff, um einen gewaltigen Bissen zu tun, sah er, wie Mark jede seiner Bewegungen verfolgte. Er stoppte das Sandwich auf halbem Wege und bemerkte, daß Fink und Ord, Reggie und sogar der Gerichtsdiener in hilfloser Erwartung daraufstarrten.
Harry legte das Sandwich wieder auf den Teller und schob es beiseite. »Mr. Fink«, sagte er, mit einem Finger auf ihn zeigend, »bleiben Sie, wo Sie sind. Schwören Sie, daß Sie die Wahrheit sagen werden?«
»Ich schwöre es.«
»Dann stehen Sie jetzt unter Eid. Sie haben fünf Minuten, um mir zu sagen, was Ihnen auf dem Herzen liegt.«
»Ja, danke, Euer Ehren.«
»Also, fangen Sie an.«
»Also, Jerome Clifford und ich waren Studienkollegen, und wir kannten uns schon sehr lange. Wir hatten viele gemeinsame Fälle, immer als Gegner natürlich.«
»Natürlich.«
»Nachdem Barry Muldanno angeklagt worden war, begann der Druck größer zu werden, und Jerome fing an, sich merkwürdig zu benehmen. In der Rückschau glaube ich, daß er allmählich durchdrehte, aber damals habe ich mir nicht viel dabei gedacht. Ich meine … wissen Sie, Jerome war schon immer ein merkwürdiger Mensch.«
»Ich verstehe.«
»Ich arbeitete ununterbrochen an dem Fall, viele Stunden täglich, und ich habe mehrmals pro Woche mit Jerome Clifford gesprochen. Es mußten vorbereitende Anträge eingereicht werden und dergleichen, deshalb sah ich ihn auch gelegentlich vor Gericht. Er sah fürchterlich aus. Er hatte eine Menge Gewicht zugelegt, und er trank zuviel. Er kam immer zu spät zu den Sitzungen. Badete nur selten. Oft versäumte er es, Telefonanrufe zu beantworten, was ungewöhnlich war für Jerome. Ungefähr eine Woche vor seinem Tod rief er mich eines Abends zu Hause an, völlig betrunken, und schwadronierte fast eine Stunde lang. Er war völlig verrückt. Am nächsten Morgen rief er mich im Büro an und entschuldigte sich. Er druckste herum, als befürchte er, er hätte am Abend zuvor zuviel gesagt. Mindestens zweimal erwähnte er die Leiche von Boyette, und schließlich war ich überzeugt, daß Jerome wußte, wo sie sich befindet.«
Fink hielt inne, um das erstmal wirken zu lassen, aber Harry wartete ungeduldig.
»Nun, danach hat er mich noch mehrere Male angerufen, hat immer wieder die Leiche erwähnt. Ich habe ihn geblufft und angedeutet, daß er zuviel gesagt hätte, als er betrunken war. Ich sagte ihm, wir dächten daran, ihn wegen Behinderung der Justiz anzuklagen.«
»Scheint eine Ihrer
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