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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Lieblingsanklagen zu sein«, bemerkte Harry trocken.
    »Jedenfalls trank Jerome und benahm sich merkwürdig. Ich sagte ihm, daß das FBI ihn rund um die Uhr beschattete, was nicht zutraf; aber er schien es zu glauben. Er wurde regelrecht paranoid und rief mich mehrmals täglich an. Dann betrank er sich regelmäßig und rief am späten Abend wieder an. Er wollte über die Leiche reden, getraute sich aber nicht, alles zu erzählen. Bei unserem letzten Telefongespräch sagte ich ihm, daß wir vielleicht einen Handel abschließen könnten. Wenn er uns sagte, wo die Leiche ist, würden wir ihm helfen, aus der Sache herauszukommen, ohne daß es aktenkundig würde, ohne Anklage, ohne alles. Er hatte fürchterliche Angst vor seinem Mandanten und hat nicht ein einziges Mal abgestritten, daß er wußte, wo sich die Leiche befindet.«
    »Euer Ehren«, unterbrach Reggie, »das ist natürlich pures Hörensagen und dient nur dem eigenen Nutzen. Nichts davon läßt sich verifizieren.«
    »Sie glauben mir nicht?« fauchte Fink.
    »Nein, das tue ich nicht.«
    »Ich weiß auch nicht, ob ich Ihnen das glauben soll, Mr. Fink«, sagte Harry. »Außerdem bin ich nicht sicher, ob irgend etwas von alledem für diese Anhörung relevant ist.«
    »Ich will damit sagen, Euer Ehren, daß Jerome Clifford über die Leiche Bescheid wußte und darüber redete. Außerdem begann er, den Verstand zu verlieren.«
    »Das gestehe ich Ihnen gern zu, Mr. Fink. Er hat sich eine Waffe in den Mund gesteckt. Das tun nur Verrückte.«
    Fink hing gewissermaßen in der Luft, mit offenem Mund, und wußte nicht, ob er sonst noch etwas sagen sollte.
    »Noch weitere Zeugen, Mr. Fink?« fragte Harry.
    »Nein, Sir. Wir sind jedoch, Euer Ehren, der Ansicht, daß in Anbetracht der ungewöhnlichen Umstände dieses Falles das Kind jetzt in den Zeugenstand treten und aussagen sollte.«
    Harry riß abermals seine Lesebrille herunter und neigte sich Fink entgegen. Wenn er ihn hätte erreichen können, wäre er ihm möglicherweise an die Gurgel gefahren.
    »Was sind Sie?«
    »Wir, äh, sind der Ansicht …«
    »Mr. Fink, haben Sie sich mit den für diesen Bezirk geltenden Jugendgesetzen vertraut gemacht?«
    »Das habe ich.«
    »Sehr schön. Würden Sie uns dann bitte sagen, unter welchem Paragraphen der Antragsteller das Recht hat, das Kind zur Aussage zu zwingen?«
    »Ich habe lediglich unser Ansuchen vorgetragen.«
    »Großartig. Welcher Paragraph gestattet es dem Antragsteller, ein derartiges Ansuchen vorzutragen?«
    Fink ließ den Kopf ein paar Zentimeter sinken und fand etwas auf seinem Notizblock, das er betrachten konnte.
    »Dies ist kein Wildwestgericht, Mr. Fink. Wir erschaffen nicht neue Gesetze, wenn es uns gerade in den Kram paßt. Das Kind kann nicht zur Aussage gezwungen werden. Das gilt für alle Verfahren, ganz gleich, ob vor einem Straf- oder einem Jugendgericht. Das müßte Ihnen eigentlich bekannt sein.«
    Fink betrachtete hingebungsvoll seinen Notizblock.
    »Zehn Minuten Pause!« bellte Seine Ehren. »Alle aus dem Saal, außer Ms. Love. Gerichtsdiener, bringen Sie Mark in ein Zeugenzimmer.« Harry war aufgestanden, um diese Anweisungen zu erteilen.
    Fink, der immer noch nicht aufzustehen wagte, aber dennoch entsprechende Anstalten machte, zögerte den Bruchteil einer Sekunde zu lange, und das ärgerte den Richter. »Raus mit Ihnen, Mr. Fink«, sagte er grob und deutete auf die Tür.
    Fink und Ord stolperten übereinander, als sie zur Tür hasteten. Die Protokollführerin und die Kanzlistin folgten ihnen. Der Gerichtsdiener führte Mark hinaus, und als er die Tür hinter sich zugemacht hatte, zog Harry seine Robe aus und warf sie auf einen Tisch. Er nahm seinen Lunch und stellte ihn vor Reggie auf den Tisch.
    »Essenszeit«, sagte er, riß das Sandwich auseinander und legte die eine Hälfte für sie auf eine Serviette. Die Zwiebelringe schob er neben ihren Notizblock. Sie nahm einen und knabberte daran.
    »Werden Sie zulassen, daß der Junge aussagt?« fragte er mit dem Mund voll Roastbeef.
    »Ich weiß es nicht, Harry. Was denken Sie?«
    »Ich denke, Fink ist ein Dummkopf, das ist es, was ich denke.«
    Reggie nahm einen kleinen Bissen von dem Sandwich und wischte sich den Mund ab.
    »Wenn Sie es zulassen«, sagte Harry kauend, »dann wird Fink ihm ein paar ganz gezielte Fragen stellen über das, was in Cliffords Wagen passiert ist.«
    »Ich weiß. Das ist es, was mir Sorgen macht.«
    »Wie wird der Junge die Fragen beantworten?«
    »Ich habe keine Ahnung.

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