Der Klient
ab.«
Sie hörten es sich ein zweites Mal an, und der Schock ließ nach. Dianne zitterte. Reggie hielt ihren Arm und versuchte, tapfer zu sein, aber das leichtfertige Gerede über das Umbringen der Anwältin des Jungen ließ ihr Blut erstarren. Dianne bekam eine Gänsehaut, und aus ihren Augen quollen Tränen. Sie dachte an Ricky, der in diesem Moment von Greenway und einer Schwester bewacht wurde, und betete, daß er in Sicherheit war.
»Ich habe genug gehört«, sagte Harry, als das Band abgelaufen war. Lewis kehrte auf seinen Platz zurück und wartete darauf, daß Seine Ehren seine Anweisungen erteilte. Harry wischte sich die Augen mit einem Taschentuch, dann nahm er einen großen Schluck Eistee. Er lächelte Dianne an. »Verstehen Sie jetzt, Ms. Sway, warum wir Mark in die Haftanstalt gebracht haben?«
»Ich glaube, ja.«
»Zwei Gründe. Der erste ist, daß er sich geweigert hat, meine Fragen zu beantworten, aber der ist im Moment bei weitem nicht so wichtig wie der zweite. Er ist in großer Gefahr, wie Sie eben gehört haben. Was möchten Sie, daß ich als nächstes tue?«
Es war eine unfaire Frage an eine verängstigte, zutiefst besorgte Frau und Mutter, und sie wußte nichts mit ihr anzufangen. Sie schüttelte lediglich den Kopf. »Ich weiß es nicht«, murmelte sie.
Harry sprach langsam, und es konnte keinerlei Zweifel daran bestehen, daß er genau wußte, was er als nächstes tun sollte. »Reggie hat mir gesagt, daß sie mit Ihnen über das Zeugenschutzprogramm gesprochen hat. Sagen Sie mir, was Sie davon halten.«
Dianne hob den Kopf und biß sich auf die Lippe. Sie dachte ein paar Sekunden lang nach und versuchte, den Blick auf den Recorder zu heften. »Ich will nicht«, sagte sie entschlossen, mit einem Kopfnicken auf den Recorder deutend, »daß diese Leute mich und meine Kinder verfolgen, solange wir leben. Und ich habe Angst, daß genau das passieren wird, wenn Mark Ihnen sagt, was Sie wissen wollen.«
»Sie werden unter dem Schutz des FBI und jeder einschlägigen Behörde der Regierung der Vereinigten Staaten stehen.«
»Aber niemand kann uns unsere Sicherheit hundertprozentig garantieren. Das sind meine Kinder, Euer Ehren, und ich bin eine alleinstehende Mutter. Es gibt niemanden sonst. Wenn ich etwas falsch mache, könnte ich sie verlieren – ich mag gar nicht daran denken.«
»Ich glaube nicht, daß ihnen etwas passieren wird, Ms. Sway. Es gibt Tausende von Zeugen, die von der Regierung geschützt werden.«
»Aber einige von ihnen sind gefunden worden, stimmt’s?«
Es war eine leise Frage, aber sie traf genau den wunden Punkt. Weder McThune noch Lewis konnten die Tatsache bestreiten, daß schon Zeugen umgebracht worden waren. Es folgte ein langes Schweigen.
»Also, Ms. Sway«, sagte Harry schließlich mit sehr viel Mitgefühl, »was ist die Alternative?«
»Warum können Sie diese Leute nicht verhaften? Sie irgendwo einsperren. Ich meine, es sieht so aus, als liefen sie einfach frei herum und terrorisieren mich und meine Familie und Reggie auch. Was unternimmt die Polizei?«
»Soweit ich informiert bin, Ms. Sway, wurde letzte Nacht bereits jemand verhaftet. Die hiesige Polizei sucht nach den beiden Männern, die Ihren Wohnwagen in Brand gesetzt haben, zwei Gangster aus New Orleans namens Bono und Pirini, aber sie hat sie noch nicht gefunden. Stimmt das, Mr. Lewis?«
»Ja, Sir. Wir glauben, daß sie noch in der Stadt sind. Und ich möchte hinzufügen, Euer Ehren, daß der Bundesanwalt in New Orleans vorhat, Muldanno und Gronke Anfang nächster Woche wegen Behinderung der Justiz vor Gericht zu stellen. Sie werden also schon bald hinter Schloß und Riegel sitzen.«
»Aber das ist die Mafia, nicht wahr?« fragte Dianne.
Jeder Idiot, der die Zeitung lesen konnte, wußte, daß es die Mafia war. Es war ein Mafia-Mord, begangen von einem Mafia-Killer, dessen Angehörige seit vier Jahrzehnten Mafia-Gangster in New Orleans waren. Ihre Frage war so simpel, dennoch verwies sie auf das Offensichtliche. Die Mafia ist eine unsichtbare Armee mit zahllosen Soldaten.
Lewis wollte die Frage nicht beantworten, also wartete er auf Seine Ehren, der gleichfalls wünschte, sie würde sich einfach in Luft auflösen. Wieder trat ein langes, verlegenes Schweigen ein.
Dianne räusperte sich und sprach mit wesentlich kraftvollerer Stimme. »Euer Ehren, wenn Sie oder diese Herren mir einen Weg zeigen, der meinen Kindern absolute Sicherheit garantiert, dann werde ich Ihnen helfen. Aber vorher
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