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Der Klient

Titel: Der Klient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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das Opfer wirklich tot ist. Und Boyette war ein derart exzentrischer Mann, daß Gerüchte und Klatsch alle möglichen Spekulationen über sein Verschwinden ausgelöst hatten. Einer der Berichte, die veröffentlicht worden waren, hatte Details über psychische Probleme geliefert, unter denen er in jüngster Zeit gelitten hatte, und auf diese Weise war eine populäre Theorie aufgekommen, derzufolge er den Verstand verloren hatte und mit einer blutjungen Nutte abgehauen war. Er hatte Spielschulden. Er trank zuviel. Seine Ex-Frau hatte ihn bei der Scheidung wegen Betruges verklagt. Und so weiter und so weiter.
    Boyette hatte massenhaft Gründe, zu verschwinden.
    Und nun wußte ein elfjähriger Junge in Memphis, wo er begraben war. Gronke machte das zweite Bier auf.
    Doreen hielt Marks Arm und führte ihn in seine Zelle. Sein Gang war schlurfend, und er schaute auf den Fußboden, als hätte er gerade die Explosion einer Autobombe auf einem belebten Platz miterlebt.
    »Bist du okay, Junge?« fragte sie, und die Falten um ihre Augen verrieten tiefe Besorgnis.
    Er nickte und trottete weiter. Sie schloß schnell die Tür auf und führte ihn zu dem unteren Bett.
    »Leg dich lang, Kleiner«, sagte sie, schlug die Decke zurück und schwenkte seine Beine aufs Bett. Sie kniete vor ihm nieder und suchte in seinen Augen nach Antworten. »Bist du wirklich okay?«
    Er nickte, konnte aber nichts sagen.
    »Möchtest du, daß ich einen Arzt kommen lasse?«
    »Nein«, brachte er mühsam und mit hohler Stimme heraus. »Mir geht’s gut.«
    »Ich glaube, ich hole doch lieber einen Arzt«, sagte sie. Er ergriff ihren Arm und drückte ihn fest.
    »Ich brauche nur ein bißchen Ruhe«, murmelte er. »Sonst nichts.«
    Sie schloß die Tür auf und ging langsam hinaus, ohne Mark aus den Augen zu lassen. Als die Tür ins Schloß gefallen war, schwang er die Beine auf den Boden.
    Um drei Uhr am Freitag nachmittag war Harry Roosevelts legendäre Geduld aufgebraucht. Das Wochenende würde er in den Ozark-Bergen verbringen, beim Angeln mit seinen beiden Söhnen. Und während er noch auf dem Podium saß und in den Gerichtssaal hinabblickte, in dem es noch immer von Vätern wimmelte, die darauf warteten, verurteilt zu werden, weil sie ihren Zahlungspflichten nicht nachgekommen waren, waren seine Gedanken bereits bei langem Ausschlafen und kühlen Bergbächen. Mindestens zwei Dutzend weitere Männer füllten die Bänke des Hauptgerichtssaals, und neben den meisten von ihnen saß nervös die gegenwärtige Ehefrau oder die gegenwärtige Freundin. Ein paar hatten ihre Anwälte mitgebracht, obwohl ihnen juristischer Beistand im Moment nicht das geringste nützte. Sie alle würden wegen Nichtzahlung von Alimenten bald Wochenendstrafen im Zuchthaus von Shelby County abbüßen müssen.
    Harry hoffte, um vier vertagen zu können, aber es sah nicht danach aus. Seine beiden Söhne warteten in der hintersten Reihe. Draußen stand der gepackte Jeep, und wenn der Hammer endlich zum letzten Mal niederfuhr, würden sie Seine Ehren so schnell wie möglich aus dem Gebäude herausbefördern und zum Buffalo River fahren. So jedenfalls war es geplant. Sie waren gelangweilt, aber sie hatten schon oft hier gesessen.
    Trotz des Chaos, das vor dem Gerichtssaal herrschte – Angestellte, die mit Aktenbündeln kamen und gingen, Anwälte, die sich flüsternd unterhielten, Deputies, die auf Abruf bereitstanden, Angeklagte, die vor das Richterpodium und wieder aus dem Saal herausgeführt wurden –, funktionierte Harrys Fließband reibungslos. Er funkelte jeden säumigen Zahler an, schalt ein wenig, las manchen kurz die Leviten, dann unterschrieb er einen Beschluß und ging zum nächsten Fall über.
    Reggie betrat den Gerichtssaal und bahnte sich ihren Weg zu der neben dem Podium sitzenden Kanzlistin. Sie flüsterten eine Minute miteinander, wobei Reggie auf ein Dokument deutete, das sie mitgebracht hatte. Sie lachten über etwas, das vermutlich nicht sonderlich komisch war, aber Harry hörte sie und winkte sie zu sich heran.
    »Ist etwas passiert?« fragte er mit der Hand über dem Mikrofon.
    »Nein. Mark geht es gut, nehme ich an. Ich wollte Sie um einen Gefallen bitten. Es handelt sich um einen anderen Fall.«
    Harry lächelte und stellte das Mikrofon ab. Typisch Reggie. Ihre Fälle waren immer die allerwichtigsten und mußten sofort erledigt werden. »Um was geht es?« fragte er.
    Die Kanzlistin reichte Harry die Akte, während Reggie ihm einen Beschluß übergab. »Die

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