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Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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Lügen. »Aber erst mal kaufe ich dir ein Eis.«
    Andrew machte große Augen. »Ein Eis? Mom will doch nicht, dass ich Eis esse, Dad. Sie sagt, das ist nicht gut für mich, weil ich diese Grippe hatte.«
    Â»Ich weiß, aber du magst doch Eis, oder?«
    Andrew nickte eifrig.
    Â»Eine Kugel wird dir schon nicht schaden. Heute ist ein besonderer Tag, und wenn du gerne Eis isst, dann darfst du heute eins haben. Welche Sorte?«
    Andrew überlegte kurz. »Chocolate Brownie«, sagte er schließlich, vor Freude fast überquellend.
    Wenig später kehrte sein Vater mit zwei Eiswaffeln zurück. Andrew machte sich über seine her, als könnte sie sich jeden Moment in Luft auflösen, wenn er sie nicht sofort verschlang. Innerhalb kürzester Zeit hatte er alles aufgegessen und leckte sich die Finger sauber.
    Sein Vater war gerade mit seiner eigenen Waffel fertig, als Andrew plötzlich heftig niesen musste und sofort darauf zu bluten begann. Er hatte es nicht geschafft, sich rechtzeitig die Hand vor die Nase zu halten, und das Blut spritzte aufs Armaturenbrett, gegen die Windschutzscheibe und vor allem auf sein T-Shirt. Die Blutung dauerte nicht lange an, war aber sehr stark. Sogar auf seine Hosen und Schuhe tropfte es. Ray beugte sich zu seinem Sohn, legte ihm den Kopf in den Nacken und wischte ihm mit dem Saum seines T-Shirts Mund und Nase sauber. Nach zwei Minuten war der Spuk vorbei.
    Â»Okay«, sagte sein Vater und runzelte zerknirscht die Stirn. »Vielleicht war das mit dem Eis doch keine so gute Idee.«
    Andrew lächelte, dann sah er auf sein blutiges T-Shirt herab und verzog das Gesicht.
    Â»Das macht doch nichts, Kiddo«, sagte Ray und legte seinem Sohn eine Hand aufs Haar. »Ich habe doch gesagt, dass ich eine Überraschung für dich habe, schon vergessen?« Er griff hinter seinen Sitz und zog eine in Geschenkpapier verpackte Schachtel unter seiner Jacke hervor. »Das ist für dich.«
    Andrews Augen begannen zu leuchten. »Aber ich hab doch gar nicht Geburtstag, und Weihnachten ist auch noch nicht, Dad.«
    Â»Das ist gewissermaßen ein Vorweihnachtsgeschenk. Du hast es verdient.« Einen Augenblick lang verschleierte tiefe Traurigkeit Rays Züge. »Na los, mach es auf. Bestimmt gefällt es dir.«
    So schnell er konnte, riss Andrew das Geschenkpapier auf. Er liebte Geschenke, auch wenn er selten welche bekam. Sein ganzes Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. Zuoberst in der Schachtel lag ein nagelneues T-Shirt mit einem großen Bild von Wolverine auf der Brust. Wolverine war Andrews Lieblingsfigur bei den X-Men.
    Â»Wow!« war alles, was er herausbrachte.
    Â»Na los, schau nach, was sonst noch drin ist«, forderte sein Vater ihn auf.
    Andrew wusste bereits, was es war, noch bevor er die Schachtel aufmachte – ein neues Paar Turnschuhe, und auch sie waren mit Wolverine und dem X-Men-Logo bedruckt. Andrew starrte seinen Vater an. Er stand regelrecht unter Schock.
    Â»Aber Dad, die waren doch bestimmt total teuer.« Er wusste, dass bei seinen Eltern seit einiger Zeit das Geld knapp war.
    Rays Augen füllten sich mit Tränen. »Du hättest noch viel mehr verdient, mein Junge.« Er schwieg kurz. »Und es tut mir so leid, dass ich dir nie all das geben konnte, was dir zugestanden hätte.« Er küsste Andrew auf die Stirn. »War­um probierst du die Sachen nicht an? Bei der Gelegenheit kannst du gleich dein schmutziges T-Shirt loswerden.«
    Andrew zögerte.
    Ray wusste, wie schüchtern sein Sohn war. »Ich gehe und hole uns ein paar Limos, und du ziehst dich in der Zwischenzeit um, einverstanden?«
    Andrew wartete, bis sein Vater im Kiosk der Tankstelle verschwunden war, bevor er sich rasch sein blutverschmiertes T-Shirt über den Kopf zerrte und es auf den Rücksitz warf. Unter den zahlreichen Wunden auf seiner Brust war die frische von gestern gut zu erkennen. Sie war leuchtend rot und juckte. Vorsichtig rieb er mit den Fingerspitzen dar­über. Er hatte frühzeitig gelernt, dass er sie nicht mit den Fingernägeln berühren durfte, weil sie sonst wieder aufgingen und zu bluten anfingen. Als sein Vater mit einer Papiertüte und zwei Flaschen Mountain Dew, Andrews Lieblingslimonade, zum Wagen zurückkehrte, trug er bereits sein neues T-Shirt und die Turnschuhe.
    Â»Du siehst toll aus, Kiddo«, sagte Ray und reichte ihm eine der Flaschen.
    Andrew grinste.

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