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Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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»Die Schuhe muss ich aber nachher wieder ausziehen, sonst werden sie schmutzig, wenn wir beim Angeln sind.«
    Etwas in Rays Augen veränderte sich. Mit einem Mal schien sein ganzes Wesen von Trauer und Schmerz erfüllt. »Ich muss dir was sagen, Schatz. Wir können heute leider nicht angeln gehen.«
    Rays Traurigkeit spiegelte sich im Gesicht seines Sohnes. »Aber Dad! Mom hat gesagt, wenn ich heute einen ganz großen Fisch fange, dann streitet ihr euch nicht mehr. Sie hat es mir versprochen.«
    Erneut glänzten Tränen in Rays Augen, doch er kämpfte sie nieder. »Ach, Junge. Wir werden uns auch so nicht mehr streiten. Nie mehr.« Er legte Andrew eine Hand in den Nacken. »Ab heute nie wieder.«
    Andrew kamen vor Freude die Tränen. »Echt? Versprochen, Dad?«
    Â»Hoch und heilig, Kiddo. Aber du musst mir noch einen kleinen Gefallen tun.«
    Â»Okay.«
    Â»Ich muss heute etwas sehr Wichtiges erledigen. Das ist auch der Grund, weshalb wir nicht angeln gehen können.«
    Â»Aber heute ist Sonntag. Am Sonntag musst du doch nicht arbeiten.«
    Â»Es geht auch nicht um die Arbeit. Aber es ist trotzdem sehr, sehr wichtig.« Ray hielt kurz inne. »Du hast mir mal gesagt, dass du ein Geheimversteck hast, stimmt das?«
    Andrew sah ihn beunruhigt an.
    Â»Hast du das immer noch?«
    Er nickte zögerlich. »Ja, aber ich kann dir nicht verraten, wo es ist. Das ist geheim.«
    Â»Schon klar, das will ich ja auch gar nicht.« Ray griff unter seinen Sitz und holte etwas hervor. »Aber du musst mir einen Gefallen tun und in dein Versteck gehen und da den ganzen Tag lang bleiben. Du kannst mit denen hier spielen.« Ray zeigte ihm drei Actionfiguren – Wolverine, Professor X und Cyclops.
    Â»Mann.« Andrew traute seinen Augen nicht. Das wurde immer besser.
    Â»Was meinst du? Gefallen dir die Geschenke?«
    Â»Klar, Dad. Vielen, vielen Dank.« Er griff nach den Figuren.
    Â»Keine Ursache, mein Schatz, aber machst du dann auch, was ich dir gesagt habe? Kannst du in dein Geheimversteck gehen, bis heute Abend dableiben und mit deinen neuen Spielsachen spielen?«
    Widerwillig riss Andrew den Blick von seinen Action­figuren los und sah seinem Vater ins Gesicht. »Aber du und Mom, ihr streitet euch doch nicht wieder, oder?«
    Ray schüttelte ganz leicht den Kopf. »Nein, nie mehr«, flüsterte er.
    Â»Versprochen?«
    Â»Versprochen, mein Schatz.«
    Andrew lächelte. »Okay.«
    Â»Und du darfst vor heute Abend nicht aus deinem Versteck kommen, hörst du?«
    Â»Verstanden, Dad. Alles klar.«
    Â»Hier.« Ray gab ihm die Papiertüte. »Da sind Schokoriegel drin – Butterfinger. Ich weiß, dass du die am liebsten isst. Und noch ein paar Pringles, ein Sandwich mit Schinken und Käse und zwei Flaschen Limo. Falls du Hunger und Durst bekommst.«
    Andrew nahm die Tüte und schaute hinein.
    Â»Aber nicht alles auf einmal essen, sonst bekommst du Bauchweh.«
    Â»Mach ich nicht.«
    Â»Also dann. Ist dein Geheimversteck in der Nähe? Kannst du zu Fuß hinlaufen?«
    Â»Ja, kann ich, Dad. Es ist nicht weit.«
    Ray umarmte seinen Sohn sehr lange. »Ich habe dich lieb, Andrew. Ich werde dich immer liebhaben, ganz egal was passiert. Vergiss das niemals, hörst du?«
    Â»Ich hab dich auch lieb, Dad.« Während sein Vater mit den Tränen kämpfte, öffnete Andrew die Tür des Pick-ups und sprang mit seinem neuen T-Shirt, seinen neuen Turnschuhen und seinen neuen Actionfiguren auf die Straße. Sein Vater hatte ihm versprochen, dass seine Eltern sich nie wieder streiten würden. Heute war der schönste Tag seines Lebens.
    101
    Andrew schaltete das Radio ein, weil er hoffte, dass Musik die Erinnerungen vielleicht vertreiben würde. Aber es war bereits zu spät. Seine Gedanken waren in einem wilden Strudel gefangen. Er konnte den Bildern nicht mehr Einhalt gebieten.
    Er wusste noch, dass er, nachdem er sich an der Tankstelle von seinem Vater verabschiedet hatte, nur wenige Minuten zurück zum Haus gebraucht hatte. Er steckte die Actionfiguren in seine Jackentaschen, sprang über den Zaun und wartete dann im Gebüsch an der Grenze zum Nachbargrundstück. Er wollte sichergehen, dass seine Mutter nicht im Garten war. Aber es war sowieso zu kalt, um draußen zu sitzen. Er huschte zur Hauswand und begann wie jeden Tag, das Spalier hochzuklettern, nur dass er diesmal

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