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Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Carter
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Bild des Opfers?«, fragte Roy schließlich.
    Hunter nickte und blätterte in der Mappe, die er mitgebracht hatte. »Mrs Mitchell«, sagte er und fing ihren Blick ein. »Es kann gut sein, dass diese Frau gar nicht Ihre Tochter ist. Es gibt also keinen Grund für Sie, sich das Foto unbedingt jetzt schon anzusehen.«
    Denise starrte Hunter mit tränenverschleierten Augen an. »Ich bleibe hier.«
    Â»Schatz, bitte«, flehte Roy erneut.
    Sie sah nicht einmal in seine Richtung.
    Hunter wartete kurz ab, doch die Entschlossenheit in ihrem Blick war deutlich zu erkennen. Er legte das Foto vom Gesicht des Opfers vor sie auf den Tisch.
    Denise Mitchell brauchte nur einen Sekundenbruchteil, um sie zu erkennen. »O mein Gott!« Zitternd flogen ihre Hände an den Mund. »Was haben sie mit meinem Kind gemacht?«
    Mit einem Schlag wirkte das Zimmer, in dem sie saßen, vollkommen verändert – dunkler, enger, kaum Luft zum Atmen. Hunter saß mehrere Minuten schweigend da, während Roy Mitchell seine Frau zu trösten versuchte. Sie weinte keine hysterischen Tränen, sondern Tränen der Trauer – und der Wut. Unter anderen Umständen hätte Hunter sich verabschiedet, um den Mitchells Zeit zu geben, in Ruhe zu trauern. Er wäre am nächsten Morgen wieder­gekommen und hätte ihnen alle weiteren Fragen gestellt. Aber dieser Fall war nicht so wie andere Fälle, und dieser Mörder war nicht so wie andere Mörder. Hunter hatte keine Wahl. Lauras Eltern waren seine beste, im Moment sogar seine einzige Informa­tionsquelle über Laura. Und er brauchte die Informationen.
    Denise Mitchell zog ein Taschentuch aus der Schachtel auf dem Beistelltisch und wischte sich die Tränen weg, bevor sie aufstand. Sie ging zu einem kleinen Schreibtisch am Fenster, auf dem mehrere gerahmte Fotos standen. Die meisten davon zeigten Laura in verschiedenen Stadien ihres Lebens.
    Roy folgte ihr nicht, sondern sank immer tiefer im Polster des Sofas zusammen, als könnte er so der Situation entfliehen. Er machte keine Anstalten, seine Tränen wegzu­wischen.
    Irgendwann drehte sich Denise zu Hunter um. Sie sah vollkommen anders aus als die Frau, die ihm wenige Minuten zuvor die Tür geöffnet hatte. In ihren Zügen lag unvorstellbare Traurigkeit.
    Â»Wie sehr hat meine Tochter gelitten, Detective?« Ihre Stimme war leise und rau, jedes ihrer Worte voller Schmerz.
    Ihre Blicke trafen sich kurz, und Hunter sah eine Mischung aus Gram und Wut tief in ihrem Innern lodern.
    Â»Die Wahrheit ist: Wir wissen es nicht«, gestand er schließ­lich.
    Mit zitternder Hand strich sich Denise eine Haarsträhne hinters rechte Ohr. »Wissen Sie, warum, Detective? Warum würde jemand einem Menschen so was antun? Meiner Laura? Sie war das netteste, liebenswürdigste Mädchen, das man sich überhaupt vorstellen kann.«
    Hunter hielt ihren Blick fest. »Ich kann nicht mal ansatzweise nachempfinden, was Sie zwei gerade durchmachen, Mrs Mitchell. Und ich will auch nicht so tun, als wäre das hier leicht. Wir suchen selbst nach Antworten, und im Moment kann ich Ihnen noch nicht viel sagen, weil wir so gut wie nichts wissen. Ich bin hier, weil ich Ihre Hilfe brauche, um den zu finden, der das getan hat. Sie kannten Laura besser als jeder andere.«
    Denises Augen ruhten noch immer auf Hunters Gesicht, und er wusste, wie ihre nächste Frage lauten würde, noch bevor ihr die Worte über die Lippen kamen.
    Â»Wurde sie …« Ihre Stimme brach, als sie erneut mit den Tränen kämpfte, die ihr die Kehle zuschnürten. »… vergewaltigt?«
    Jetzt endlich sah Roy Mitchell auf. Mit starrem Blick sah er von seiner Frau zu Hunter.
    Es gab nur sehr wenige Dinge im Leben, die Hunter mehr hasste, als trauernde Eltern anzulügen, aber ohne Autopsie konnte er Denise und Roy nur eine Antwort geben: dass er es nicht wusste. Diese Ungewissheit würde sie ein Leben lang verfolgen, das wusste er als Psychologe. Sie konnte sie ihre Ehe kosten, vielleicht sogar ihren Verstand.
    Â»Nein, sie wurde nicht vergewaltigt«, sagte er mit festem Blick und ohne zu zögern. Manche Lügen waren besser als die Wahrheit.
    21
    Der qualvolle Moment dehnte sich, bis Denise endlich den Blickkontakt mit Hunter abbrach und erneut die Fotos auf dem Schreibtisch betrachtete. Sie nahm einen kleinen silbernen Rahmen in die Hand.
    Â»Laura war immer sehr begabt, wissen

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