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Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas O'Callaghan
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NYPD, und darum gebeten, in der Einsatzzentrale zehn zusätzliche Telefonleitungen zu legen. Demnächst würde er sich beim TARU, dem Technischen Hilfsdienst, melden und das benötigte elektronische Equipment anfordern. Dazu zählten Dinge wie
Abhörgeräte, Telefonwanzen, mobile Lauscheinrichtungen sowie eine Videoausrüstung. Thomlinson war außerdem verantwortlich für das Hinweistelefon der Polizei. Das Hinweistelefon war eine spezielle Nummer, unter der die Öffentlichkeit anrufen und Beobachtungen weitergeben konnte, die mit dem Fall zu tun hatten. Die Nummer wurde in sämtlichen Medien bekannt gegeben und am Ende jeder Nachrichtensendung und jedes Zeitungsartikels über den Fall genannt. Meist gingen hier zahlreiche Anrufe von Spinnern und falsche Spuren ein, doch jeder Anruf wurde einem Detective zugewiesen, in dessen Verantwortung es dann lag, den Angaben nachzugehen.
    Während der Lieutenant weiter in nördlicher Richtung die Centre Street hinauffuhr, warf er einen Blick auf Thomlinson und sah ihm an, dass er sich nach einem Drink sehnte. Driscolls frisch gebackenes Faktotum griff in seine Hemdtasche und zog eine Macanudo heraus. Das war immer ein sicherer Hinweis. Wenn er gern etwas getrunken hätte, gab sich Thomlinson mittlerweile notgedrungen mit dem Geschmack von Tabak zufrieden und verzichtete auf Alkohol. Driscoll entging allerdings nicht, wie sehnsüchtig er die Zellophanhülle von der Zigarre streifte, den Zigarettenanzünder des Chevy drückte und geduldig darauf wartete, dass er wieder herauskam. Doch das tat er nicht.
    »Werfen Sie mal einen Blick auf die Glühspirale«, empfahl Driscoll.
    Thomlinson sah nach. Die Spirale war kalt. »Haben Sie Streichhölzer?«, fragte er.
    »Im Handschuhfach müssten welche sein.«
    Thomlinson durchwühlte das Sammelsurium im Handschuhfach
und zog ein Streichholzbriefchen mit der Aufschrift SULLIVAN’S TAVERN heraus. Er riss ein Streichholz an und hielt es an seine Macanudo.
    »Die Leiche unter der Strandpromenade war ausgesprochen übel zugerichtet. Der Killer setzt seine Opfer förmlich in Szene. Und wir müssen jetzt seine Botschaft dechiffrieren.«
    »Der Typ ist ein geisteskranker Exhibitionist«, erwiderte Thomlinson und blies einen dünnen Rauchschwaden aus seiner Zigarre.
    Da konnte Driscoll nicht widersprechen. »Haben Sie eine Idee, warum er so scharf darauf ist, die Identität seiner Opfer zu dokumentieren?«
    »Um die Frage zu beantworten, müssen wir erst in seinen Schädel kriechen.«
    In seinen Schädel, dachte Driscoll. Das wäre eine Fahrt in die Finsternis ohne Wiederkehr.
    Der Lieutenant bog an der East Houston rechts von der Centre Street ab und kurz darauf links auf die First Avenue.
    In der Ferne war bereits die städtische Leichenhalle zu sehen, die im Haus First Avenue 335 untergebracht war.
    »Unser Mann ist ein Sammler«, sagte Driscoll, während er den Chevy in eine Parklücke manövrierte und die Sonnenblende herunterklappte, um das NYPD-Schild mit der Aufschrift »IM EINSATZ« nach außen sichtbar zu machen. »Offenbar nimmt er die Knochen als Souvenir seiner Morde mit.«
    »Vielleicht ist er ja Filmfan. Erinnern Sie sich an den Film Predator, wo der Alien aus reiner Jagdlust auf die Erde kommt? Nach jedem Mord nimmt er das Skelett seines Opfers mit und hängt es an einem Baum auf. Könnte
doch sein, dass der Typ hier auch einen Garten mit Erinnerungsstücken hat.«
    »Irgendwo muss er seine Trophäen ja unterbringen.«
    An ihrem Ziel angelangt, fuhren die beiden mit dem Aufzug in den sechsten Stock und gingen einen langen Korridor entlang, bis sie vor der doppelten Glastür mit der Aufschrift »Städtische Leichenhalle« standen.
    Der große Saal der Leichenhalle war geräumig und hoch und hatte weiß geflieste Wände. Leistungsstarke Glühbirnen beleuchteten acht nackte Leichen, die auf Bahren aus Edelstahl lagen. Um zwei der Toten, die mit klaffendem Brust- und Bauchraum dalagen, kümmerte sich ein Team von Assistenten, das routiniert die einzelnen Organe freilegte und wog.
    An einer anderen Bahre befassten sich Larry Pearsol, der ärztliche Leichenbeschauer, und Jasper Eliot, ein Assistent, mit der genauen Untersuchung von unidentifizierbarem fauligem Fleisch.
    »Willkommen, Lieutenant. Schön, Sie wiederzusehen, Cedric«, sagte Pearsol. »Die hier können Sie haben«, erklärte er mit ausladender Geste. »Die inneren Organe haben wir bereits untersucht, und ich wollte gerade meine Ergebnisse aufzeichnen.«
    Driscoll zuckte bei

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