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Der Knochendieb

Der Knochendieb

Titel: Der Knochendieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas O'Callaghan
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beobachtet. Was hatten sie doch für eine Legion von Polizisten aufmarschieren lassen. Mann oh Mann. Natürlich habe ich die Spielregeln missachtet. Nicht in Gang drei zu warten war etwas unfair, doch manchmal lügen wir Dämonen eben. Aber das hast du ja auch getan. Dein Donny war erfunden. Weißt du noch?«
    Moira hörte etwas knarren. Er hatte sich erneut bewegt.
    »Zuerst fand ich dein Make-up ja ein bisschen übertrieben für dein engelsgleiches Gesicht. Das hat mich schon verwundert. Und dann noch dieser braune Wildleder-Minirock. ›Gütiger Himmel‹, habe ich ausgerufen. ›So hat sie sich für unser Rendezvous angezogen?‹ Falls es dich interessiert - mein Plan war ganz simpel. Ich bin einfach hinterhergefahren, als dich die Polizisten nach
Hause gebracht haben. Dann sind sie verschwunden, und du bist irgendwann wieder herausgekommen. Und jetzt bist du hier.«
    Der Stuhl knarrte erneut. Und dann vernahm sie seine Schritte.

65. KAPITEL
    Der als Attrappe platzierte Streifenwagen funktionierte wunderbar, wie er da am Straßenrand des Palisades Interstate Parkway hinter der Hecke stand. Inspector Tom Mueller von der Highway Patrol 17 mochte zwar zu wenig Leute haben, doch er hielt es für Verschwendung, ein überzähliges Polizeiauto nutzlos in der Garage des Reviers vermodern zu lassen. Er ordnete an, den als solchen erkennbaren Streifenwagen an einem strategischen Punkt des Parkway abzustellen. Das Fahrzeug blieb unbemannt, doch ein rasender Autofahrer würde dies gar nicht bemerken, sondern beim Anblick des unübersehbaren dunkelblauen Wagens mit seinen bunten Lichtern auf dem Dach unverzüglich herunterbremsen.
    Es war kurz vor 22 Uhr - Zeit, um die Attrappe abzuholen -, als Highway Patrol Officer Bill Simmons mit seinem Streifenwagen Nr. 643 hinter dem geparkten Wagen zum Stehen kam. Sein Partner John Masterson trat auf den Seitenstreifen hinaus. Drei Schritte vor der Tür der Attrappe löste er die Sicherung seiner 9-Millimeter Automatik. Er hatte bemerkt, dass das Fahrzeug nicht leer war.
    Der Körper eines jungen Mädchens lehnte an der Beifahrertür. Der Gestank von Erbrochenem und menschlichen
Exkrementen drang in Officer Mastersons Nasenhöhle. Seine Taschenlampe beleuchtete große Flecken getrockneten Blutes, die Bluse und Minirock des Mädchens verunzierten.
    »Deinen Kartenabend kannst du vergessen, Partner«, knurrte er. »Wir haben eine anstrengende Nacht vor uns.«

66. KAPITEL
    Colm hatte noch nie totes Jungfrauenfleisch entbeint. Die Kühnheit des Vorhabens berauschte ihn. Um Clarissas Schändung zu feiern, suchte er seinen Weinkeller auf und musterte die Regale, ehe er schließlich einen 1975er Château Latour auswählte.
    Schmeicheleien und gewisperte Vorfreude drangen durch jede Pore des Betonfußbodens. Schon bald würde er der fröhlichen Gesellschaft zuprosten, die unter ihm und seiner neuen Beute versammelt war. Er würde Clarissas Knochen vor den Gesichtern seiner Eltern klappern lassen. Wie hatten sie sich nur zu der Annahme hinreißen lassen können, sie sei ihm entkommen? Doch fürs Erste würde er seine Trophäe ganz allein auskosten.
    Als er genug Wein getrunken hatte, stieg er ins zweite Untergeschoss, um dessen Bewohner zu begrüßen. Zuerst konnten sie ihre Euphorie kaum im Zaum halten. Doch beim Anblick des neuen Skeletts verstummten alle Anwesenden, verärgert darüber, dass sie ihre enge Behausung nun mit einer weiteren Bewohnerin teilen sollten.
    Die Knochen des Mädchens fest an sich gedrückt, suchte Colm die Regale nach einem geeigneten Plätzchen
ab. Er würde bald eine neue Vitrine für sie brauchen. Die alten Bewohner stöhnten einstimmig. Er verstand ihre Klage. Es war schon ohne eine weitere Reliquie voll genug. Er musste dringend sein Atelier renovieren und ihre Katakombe um hundert Quadratmeter erweitern. Das hieß, dass er fürs Erste mit dem Töten aufhören musste. Doch er konnte seinen Sport ja wieder aufnehmen, wenn der Anbau abgeschlossen war.
    Vielleicht sollte er beim Kunstbeirat des Staats New York einen Zuschuss für das Projekt beantragen. Schließlich handelte es sich hier um frühere Bewohner von New York City, die jetzt in Nassau County residierten. Es wäre eine Art von Einkommenssicherung, um eine standesgemäße Behausung für diese ehemals brav Steuern zahlenden Mitbürger zu gewährleisten. Er beschloss, die Idee zur späteren Betrachtung im Hinterkopf zu behalten.
    Auf einmal geriet der Boden unter ihm heftig ins Wanken. Nach einer kleinen

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