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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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einen Keller nachzustellen, brauchten wir eine Betonplatte. Zufällig war dieser Teil der experimentellen Rahmenbedingungen bereits in Arbeit: Wir bauten in der Forschungseinrichtung gerade einen Schuppen für Gartengeräte, medizinische Instrumente (Skalpelle und andere Gerätschaften, mit denen die Skelette am Ende der Untersuchung auseinander geschnitten wurden) und eine kleine Wetterstation. Als Erstes hatten wir kurz zuvor ein Fundament gegossen, dessen Größe für das Experiment mehr als ausreichend war. Um einen geschlossenen Keller nachzuahmen, brauchten wir über diesem Fundament nur ein »Zimmer« zu errichten - es bestand aus einer einfachen Sperrholzkiste von zweieinhalb Meter Länge, 1,20 Meter Breite und 1,20 Meter Höhe.
    Dann aber wurde Bohanan und mir eine Schwierigkeit bewusst. Der Sommer kam schnell näher, und im Osten von Tennessee ist es in dieser Jahreszeit heiß und feucht; die Temperaturen liegen häufig bei 30 bis 35 Grad - erheblich wärmer als in einem kühlen Keller in Black Mountain. Wir riefen Cornwell an und besprachen das Problem mit ihr; darauf erwiderte sie, wenn die Schwierigkeit damit zu beseitigen wäre, sollten wir eine Klimaanlage bestellen und ihr die Rechnung schicken. Wir hätten uns keine Sorgen machen müssen. Manchmal werden mehr Leichen gespendet und manchmal weniger, und dieser Sommer war aus irgendeinem Grund eine Sauregurkenzeit. Nicht lange, dann war die warme Jahreszeit vorüber; mit der neuen Footballsaison kam der Herbst.
    Und Patricia Cornwell. An einem Footballwochenende im September 1993 besuchte sie uns. An solchen Wochenenden steht Knoxville Kopf; sie hatte vermutlich das letzte freie Hotelzimmer der Stadt gebucht und aß mittags zwischen orange gewandeten UT-Fans in einem beliebten Restaurant am Flussufer nicht weit vom Stadion. Ich begleitete sie zu unserer Forschungseinrichtung, zeigte ihr die Leichen in unterschiedlichen Verwesungsstadien und erläuterte ihr die Forschungsprojekte einiger Studenten. Sie machte sich eifrig Notizen.
    Ein paar Wochen später nahmen Arthur Bohanan und ich einer gespendeten Leiche die Fingerabdrücke ab, und dann brachten wir den Toten - Nummer 4-93 - zur Forschungseinrichtung. Gemeinsam hievten wir die Leiche aus dem Lastwagen in unsere Sperrholzkiste. Wie Cornwell es gewünscht hatte, legten wir sie auf den Rücken. Unter den Körper steckten wir ein Ein-Cent-Stück mit der Kopfseite nach oben, einen Schlüssel, eine Messing-Schließplatte aus einem Türrahmen, eine Schere und die Kette einer Kettensäge. Dann schlossen wir die Tür und entfernten uns wie der Mörder in Cornwells Geschichte.
    Sechs Tage später kamen wir wieder, nahmen die Kiste auseinander und holten die Leiche. Aber im Gegensatz zu Cornwells Mörder, der den Toten an einem Seeufer ablegt, brachten wir unseren ins Leichenschauhaus; dort untersuchten und dokumentierten wir, welche Spuren und Indizien von der nachgestellten Mordszene übrig geblieben sein könnten. Am unteren Rücken trug die Leiche eine genau kreisförmige Vertiefung, in deren Mitte schwach, aber eindeutig das Bild von Abraham Lincoln zu erkennen war. Der Abdruck war nicht ganz so scharf, als wenn man ein Blatt Papier über die Münze legt und mit einem Bleistift darüber streicht, aber es kam einem solchen Bild erstaunlich nahe. Die Vertiefung war braun mit grünen Flecken - Kupferoxid, entstanden durch die Korrosionswirkung der Körperflüssigkeiten auf die Münze.
    Der Schlüssel und die Schließplatte hatten an den Beinen scharfe Umrisse hinterlassen. Den gleichen Effekt hatte die Schere, die wir unter den Rücken gelegt hatten; ihre Griffe hatten im Fleisch zwei exakte Ovale hinterlassen. Der Abdruck der Sägekette sah gewunden und unheilvoll aus; die Zähne hatten das Fleisch dunkel rötlich braun verfärbt, fast als hätten sie in die Haut gebissen.
    Noch etwas anderes fiel uns an der Leiche auf: eine scharf umgrenzte, erhabene Leiste aus Fleisch, die sich im Zickzack über Rücken und Schulter zog. Anfangs stellte sie uns vor ein Rätsel, aber dann sahen wir uns die Stelle, wo der Tote gelegen hatte, noch einmal genauer an. Quer über unsere Betonplatte, die von blutigen Amateuren - meinen Studenten und mir - gegossen worden war, zog sich ein Riss, dessen Zacken genau mit der Linie auf der Leiche übereinstimmten.
    Arthur und ich waren über die Ergebnisse begeistert; den gleichen Effekt hatten sie auch auf Patricia Cornwell, als wir ihr den Forschungsbericht und Kopien unserer

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