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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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war für mich viel wichtiger - hatte man mir die Verantwortung für die Sicherheit der Studenten übertragen, die bei mir arbeiteten. Insgesamt war ich 14 Jahre lang jeweils im Sommer zu Ausgrabungen in South Dakota, eine Zeit, die von meiner Tätigkeit als Doktorand in Philadelphia über den Lehrbeauftragten an der University of Nebraska bis zum Professor auf Lebenszeit an der University of Kansas reichte. In diesen Jahren waren insgesamt fast 150 Studenten bei mir in der Prärie tätig, und während dabei eine ganze Reihe von Klapperschlangen durch solche artübergreifenden Begegnungen zu Tode kamen, blieben meine Studenten ausnahmslos unversehrt.
    Anderswo dagegen starben leider auch Studenten.
    Die Prärie ist insbesondere im Sommer berüchtigt für ihre plötzlichen, heftigen Wetterumschwünge. Das viele Gras gibt ungeheure Feuchtigkeitsmengen ab. In der sengenden Sonne steigt der Wasserdampf auf, bis er kondensiert, und dann bilden sich flauschige weiße Schäfchenwolken, manchmal aber auch schwarze, sieben Kilometer hohe Gewitterwolkenberge.
    Vier Studenten aus der Mannschaft eines Archäologen waren gerade mit dem Boot auf dem Rückweg von einem abgelegenen Dorf, als sie in ein Unwetter gerieten. Sie hatten es kommen sehen und waren bemüht, vorher zurück zu sein, aber in der Prärie kann ein Sturm ebenso schnell und unbarmherzig zuschlagen wie eine verärgerte Klapperschlange. Bei orkanartigem Wind und ozeanartigen Wellen kenterte das Boot, und alle vier ertranken. Schwimmwesten hatten sie zwar an Bord, aber sie waren jung und hielten sich für unsterblich - keiner hatte das lebensrettende Kleidungsstück angelegt. Als das Boot dann umschlug, war es zu spät.
    Manchmal grinsten die Studenten über mein Sicherheitsbewusstsein, aber ich war immer ein vorsichtiger Mensch, und das hat sich ausgezahlt: Ernsthafte Verletzungen habe ich mir nie zugezogen, und auch meinen Studenten blieben sie stets erspart. Im Sommer 1958 waren wir auf die zweite Flussterrasse des Missouri zurückgekehrt und hatten mehrere Dutzend Gräber der Arikara ausgegraben. Nach manchen archäologischen Maßstäben wäre das eine hervorragende Ausbeute gewesen, insbesondere wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, auf Jahre hinaus immer wieder hierher zu kommen. Aber wir wussten, dass wir an der Sully-Stätte - und an allen anderen Stellen auf den nächsten 370 Kilometern flussaufwärts - nur sehr wenig Zeit hatten. Die Schleusen des Oahe-Dammes hatten sich bereits geschlossen, und das Wasser stieg. Wir mussten schneller vorankommen.
    Zehn Jahre zuvor, als Studienanfänger auf dem College, hatte ich im Sommer öfter im Steinbruch meines Stiefvaters Bulldozer und Kipplader gefahren. Es war ein toller Ferienjob für ein großes Kind, das gern mit riesigen Modellautos spielt.
    Für Geschwindigkeit hatte ich mich nie besonders interessiert - schnelle Autos haben für mich keinen großen Reiz. Kraft dagegen war ganz etwas anderes. Gebt mir einen Lastwagen mit einem riesigen Dieselmotor und einem dicken Untersetzungsgetriebe, dann bin ich glücklich.
    Bei meiner sommerlichen Tätigkeit im Steinbruch musste ich mir als Sohn des Chefs so manche Stichelei gefallen lassen. Manches davon war gutmütig, anderes nicht. Insbesondere ein Arbeiter, ein hagerer, einfältiger Mann Mitte 40, ließ nichts unversucht, um mir das Leben schwer zu machen. Eines Tages - ich fuhr gerade durch eine schmale Passage zwischen zwei Gebäuden - kam er mir geradewegs mit einem Tieflader entgegen.
    In einem Steinbruch gibt es für solche Begegnungen ganz genaue Regeln: Das beladene Fahrzeug hat immer Vorfahrt. Ich hatte 15 Tonnen Steine geladen; sein Tieflader war leer. Es war kein Platz, um aneinander vorbeizufahren, und es war kein Platz zum Wenden. Er musste zurücksetzen.
    Aber er setzte nicht zurück. Ich wartete, und er grinste mich an. Ich hupte; er grinste nur noch breiter.
    Den ganzen Sommer über hatte ich versucht, freundlich zu dem Burschen zu sein, aber es hatte ganz offensichtlich nichts genützt. Schließlich rastete bei mir etwas aus. Krachend legte ich den ersten Gang ein und ließ die Kupplung kommen. Als die Stoßstange meines Lastwagens den Bug seines Tiefladers berührte, bekam er große Augen. Aber er setzte immer noch nicht zurück. Ich trat auf das Gaspedal, der große Lastwagen kroch vorwärts und schob den Tieflader zurück.
    Nur eines hatte ich anfangs nicht erkannt: Die Stoßstange des Lastwagens war ungefähr 30 Zentimeter höher als die des

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