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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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völlig gelassen. »Die fährt nirgendwohin«, sagte er mit dem Selbstbewusstsein des Gesetzeshüters, der ein Fluchtrisiko genau einschätzen kann.
    Bill kroch wieder unter das Haus, und das forensische Team ging an die Arbeit. Als dienstältestes Mitglied hatte Bill die Leitung. Er wies Samantha an, die Beine auszugraben, und Bruce sollte die linke Seite freilegen. Bill selbst begab sich zu der Stelle, wo er den Schädel vermutete.
    Nachdem Bill wenige Minuten mit der Maurerkelle gearbeitet hatte, fand er die Rückseite des Schädels; die Leiche lag also auf dem Bauch. Auf der rechten Schädelseite befand sich ein kleines, sauberes Loch mit abgeschrägten Rändern: Es war auf der Innenseite ein wenig größer als außen. Vom oberen Rand des Loches zog sich eine Bruchlinie über den ganzen Schädel bis auf die linke Seite. »Sieht so aus, als hätten wir da einen Einschusskanal«, sagte er zu Samantha und Bruce.
    Bill räumte vorsichtig die Erde beiseite und legte den Schädel frei, ohne ihn zu bewegen. Als er die linke Seite ausgegraben hatte, sah er dort in der Nähe der Stirn weitere Brüche - mehrere Knochenfragmente ragten schräg nach außen -, aber ein Loch war nicht zu erkennen. »He, Leute, die Kugel dürfte noch im Schädel stecken«, sagte er aufgeregt. Ein paar Minuten später lag der Schädel völlig frei. Der Knorpel, der ihn mit den Wirbeln verbunden hatte, war schon lange verwest, deshalb konnte Bill ihn ohne weiteres hochheben. Als er ihn umdrehte und das Gesicht betrachtete, hörte er es im Inneren des Schädels klappern: In dem Hohlraum, den das schrumpfende Gehirn beim Austrocknen hinterlassen hatte, rollte eine Kugel des Kalibers.22 herum.
    Die ernüchternde Wirklichkeit traf sie erst, als sie mit der Ausgrabung fertig waren, die Bodenproben eingesammelt hatten und alles für den Transport nach Knoxville in Kisten verpackten. Sie legten die Leichenteile, den Stoff und die Bodenproben in eine Asservatenschachtel von 30 Zentimetern Breite und 90 Zentimetern Länge. Als Samantha mit der Schachtel aus dem Kriechkeller stieg, kam Robert Ramsburg auf sie zu. »Was soll ich machen?«, flüsterte sie. »Will er die sterblichen Überreste sehen?«
    »Das geht nicht«, sagte Bill. »Das sind Beweisstücke. Am besten sagst du nichts und siehst ihn nicht einmal an.«
    Den Blick zu Boden gerichtet, ging Samantha zum Lastwagen. Aus ihrem bedrückten Gesichtsausdruck konnte Robert Ramsburg ganz gut ablesen, was in der Kiste war.
    Er hatte Recht. Es war sein Sohn.
    Das Ergebnis der anthropologischen Untersuchung war für keinen der Beteiligten eine Überraschung: weiß, männlich, 28 bis 34 Jahre alt, Körpergröße 1,63 bis 1,75 Meter. Ebenso wunderte sich niemand, als zahnmedizinische Röntgenaufnahmen bestätigten, dass es sich um Terry Ramsburg handelte, einen 33-jährigen weißen Mann, der 1,66 Meter in die Höhe geragt hatte, bevor er von einer Kugel flachgelegt wurde.
    Kopien des forensischen Untersuchungsberichtes schickte ich am 9. Oktober an die Kriminalpolizei von Tennessee, den Sheriff des Kreises Cumberland, die Polizei von Crossville und das Büro des Staatsanwalts. Am gleichen Tag wurde Lillie Mae Ramsburg Davis des schweren Mordes angeklagt und ohne Kaution festgenommen.
    Der Prozess wurde für den Juli 1992 angesetzt. Monatelang beteuerte Lillie Mae ihre Unschuld. Eine Woche bevor der Prozess beginnen sollte, machte sie schließlich ein Angebot: Sie wollte sich des Mordes in einem minder schweren Fall schuldig bekennen. Die Ermittler hatten mir berichtet, sie habe ihn erschossen, als er schlafend auf dem Sofa lag; anschließend habe sie ihn unter das Haus geschleppt und verscharrt. Besonders entsetzlich war, dass sie zusammen mit ihren Töchtern zweieinhalb Jahre lang weiter in dem Haus gewohnt hatte, direkt über der verwesenden Leiche von Terry Ramsburg; während eines Teils dieser Zeit hatte auch ihr zweiter Ehemann über den Resten seines ermordeten Vorgängers gelebt.
    Lillie Mae wurde zu 30 Jahren verurteilt, konnte aber schon nach zehn Jahren die vorzeitige Entlassung beantragen. In der Begnadigungsverhandlung setzte sich ihr früherer Schwiegervater Robert Ramsburg leidenschaftlich gegen die Entlassung ein, und die Begnadigungskommission entschied, sie im Gefängnis zu belassen.
    Lillie Maes Geständnis machte den Zeitraum seit dem Tod unter juristischen Gesichtspunkten zu einer nebensächlichen Frage, aber wissenschaftlich war sie nach wie vor von großer Bedeutung. Die Leiche von

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