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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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Namen herauszufinden. Am meisten steht bei Serienmorden wie diesem auf dem Spiel: Mindestens drei Frauen waren bereits tot, und wenn der Täter nach dem gleichen Schema wie die meisten anderen Mehrfachmörder vorging, würde es weitere Opfer geben, so lange er nicht gefasst war. Für zimperliche Eigentumsdispute blieb da keine Zeit.
    Ich sah mir die Hände an. Die Haut war durchweicht und stand kurz davor, sich abzulösen, aber wie ich genau wusste, war das für Art kein Hinderungsgrund bei der Sicherung der Fingerabdrücke. Es hatte sich herumgesprochen, dass er sich die abgelöste Haut von Opfern sogar über die eigenen Finger zog, um die natürlichen Konturen wieder herzustellen und an die Abdrücke zu gelangen. Aus meiner Sicht lautete die entscheidende Frage: Lieferten die Hände irgendwelche Aufschlüsse über Todesart oder Todeszeitpunkt? Auch bei eingehender Untersuchung fand ich keine durch Verteidigung entstandenen Verletzungen - die Frau hatte also nicht versucht, eine Messerattacke abzuwehren; ebenso wenig fand ich Spuren von Fesseln oder sonstige Wunden.
    Ich nahm ein Messer aus meinem Koffer und schnitt nacheinander beide Hände ab, um Arts Chancen auf einen brauchbaren Fingerabdruck zu verdoppeln. Ich ließ sie in einen Plastikbeutel fallen und gab sie ihm, der sich sofort auf den Weg ins Labor machte, um mit seiner Zauberei zu beginnen. Am unteren Ende des Fußweges blieb er noch einmal stehen und nahm Fingerabdrücke von der frischen Leiche neben der Straße. Diese Abdrücke steckte er in eine weitere kleine Plastiktüte.
    Für meine Arbeit brauchte ich einen viel größeren Beutel. Wir breiteten auf der Erde neben dem Opfer einen »Katastrophensack« aus - eine schönfärberische Bezeichnung für einen Leichensack -, öffneten den Reißverschluss und legten die Leiche vorsichtig in die längliche Öffnung. Dann griffen wir zu sechst nach den Seiten und Ecken des Beutels, trugen sie aus dem Wald und legten sie in den Lieferwagen.
    Als wir sie gerade einluden, erwachte der Polizeifunk krächzend zum Leben. Art Bohanan hatte eines der Opfer bereits identifiziert. Es handelte sich nicht um die Frau, deren Hände er mitgenommen hatte - das würde mehr Arbeit erfordern -, sondern um die frische Leiche. Sie hieß Patricia Ann Johnson, war 31 Jahre alt und eine Ureinwohnerin vom Stamm der Chattanooga; während der letzten Wochen hatte sie in einem Obdachlosenasyl in Knoxville gewohnt. Wegen Prostitution war sie nie festgenommen worden, aber man hatte sie öfter in Gegenden gesehen, in denen die Huren von Knoxville ihrer Tätigkeit nachgingen. Darüber hinaus teilte Art mir zwei weitere interessante Dinge mit: Sie war an Epilepsie erkrankt, und an ihrem Hals trug sie mehrere schwer erkennbare Fingerabdrücke; er hatte sie entdeckt, indem er die ganze Leiche mit Superkleber eingesprüht und dann mit einem Pulver bestäubt hatte, das im Ultraviolettlicht aufleuchtete. Leider waren die Abdrücke aber nicht genau genug - wer ihr den Hals zugedrückt hatte, war daran nicht zu erkennen.
    Jetzt war ich an der Reihe: Ich musste an die Arbeit gehen und so viel wie möglich über das Opfer Nummer drei herausfinden.
    Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kehrten wir zur Body Farm zurück. Nachdem ich den Lieferwagen rückwärts in die Einfahrt gesetzt hatte, holten wir den Sack heraus, legten ihn auf den Boden, öffneten den Reißverschluss und gingen daran, das weiche Gewebe zu entfernen.
    Als wir die Leiche in den Beutel gelegt hatten, waren uns nur wenige Maden aufgefallen - es waren höchstens eine Hand voll. Jetzt jedoch kamen sie uns buchstäblich zu Zehntausenden entgegen. Ein Student fragte, wo sie plötzlich herkämen. War es möglich, dass eine große Zahl von ihnen während der 45-minütigen Fahrt zur Universität aus den Eiern geschlüpft war? Nein, erklärte ich. Sie waren nur ein wenig durcheinander, was die Tageszeit anging. Maden mögen kein Sonnenlicht, und wenn eine Leiche im Freien liegt, bohren sie sich tagsüber tief in die Haut. Als wir aber die Tote in dem undurchsichtigen Beutel verstaut hatten, glaubten die Maden, es sei Nacht geworden; deshalb waren sie herausgekommen, um an der Körperoberfläche zu fressen.
    Eine weitere interessante, aber auch grausige Anmerkung zum Thema Maden: Kühle Witterung hält zwar die Schmeißfliegen am Boden fest, sie bringt aber ihren Larvennachwuchs, die Maden, keineswegs aus dem Konzept. Insekten gelten zwar immer als »Kaltblüter«, aber wenn Maden das menschliche

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