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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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Stück Knochen herausgebrochen, sondern von der Stelle aus verliefen auch Bruchlinien zickzackförmig in alle Richtungen.
    Auf der Innenseite war der Knochen rund um das Loch unregelmäßig verfärbt: Aus der Wunde war Blut geflossen und dann im Feuer verschmort. Die Blutflecken sprachen eindeutig gegen die Vorstellung, die Schädelverletzung könne entstanden sein, als der Müllsack ins Gebüsch geworfen wurde. Wenn das Blut abgekühlt ist und die Totenstarre eingesetzt hat, bluten später zugefügte Wunden nicht mehr. Sheilah Anderson war zuerst getötet und dann verbrannt worden.
    Der Gesichtsschädel war nicht verkohlt, aber ebenfalls verletzt: Im Oberkiefer waren drei Zähne herausgeschlagen, die Spitzen beider Nasenknochen waren gebrochen, und auch der Unterkiefer trug drei Brüche. Genau mit solchen Verletzungen rechnet man, wenn eine Frau von hinten mit einem Hammer erschlagen wird und dann vornüber mit dem Gesicht auf den Kellerboden oder das Straßenpflaster stürzt.
    Mit etwas anderem hatte ich nicht gerechnet: Auch die anderen Knochen aus dem Müllsack vom Straßenrand trugen Verletzungen. Am fünften, sechsten und siebten Halswirbel waren Spuren von der Einwirkung eines großen, scharfen Gegenstandes zu erkennen. Als ich die Hals- und Brustwirbel in ihrer natürlichen Anordnung nebeneinander legte, erkannte ich eine verblüffende Schädigung: Ein ganzer Abschnitt der Wirbelsäule war von den Rippen abgetrennt worden. Rechts waren die Rippen dicht an den Wirbeln durchgeschnitten, links lag der Schnitt etwas weiter vom Rückgrat entfernt, sodass Stümpfe von rund fünf Zentimetern Länge zurückgeblieben waren. Auch die Oberarmknochen waren mit großer Gewalt durchgebrochen worden, und die Beine hatte man im Hüftgelenk vom Becken geschnitten.
    Das Skelettpuzzle setzte sich fort. Aber ich kam voran: Als ich die neuen Stücke in das alte Puzzle einfügte, passte eines der nicht verbrannten Bruchstücke - das zum Ellenbogen weisende Ende einer Speiche aus dem Unterarm - genau zu einem verbrannten Speichenstück, das sich in Corporal Kellehers erstem Paket befunden hatte. Ein neues Stück Oberschenkelknochen passte genau zu dem Schaft aus der zweiten Lieferung, der Sammlung aus dem Wald hinter dem Haus. (Aus dem Oberschenkelschaft wurde außerdem auch DNA gewonnen, mit der die zahntechnische Identifizierung nochmals bestätigt werden konnte.) Obwohl also manche Details nach wie vor rätselhaft - sogar sehr rätselhaft - blieben, war eines jetzt völlig klar: Alle drei Sammlungen von Knochenstücken, die man im Laufe von 15 Monaten an drei verschiedenen Stellen gefunden hatte, stammten von Sheilah Anderson, deren Mann behauptet hatte, sie sei mit unbekanntem Ziel verreist.
    Unbekannt, in der Tat. Nicht wo , sondern wie ihr Leben geendet hatte, war unbekannt - oder wäre es jedenfalls geblieben, wenn Kelleher nicht ein so hartnäckiger Ermittler gewesen wäre. Es war einer der seltsamsten Fälle meiner Laufbahn, und ein besonders bizarrer Aspekt kam noch hinzu. Allem Anschein nach war Jim Anderson durchaus bereit gewesen, seine Frau zu ermorden und die Leiche zu zerlegen - aber um nichts in der Welt hätte er eine behördliche Anweisung missachtet, die offenes Feuer nur mit besonderer Genehmigung gestattete. Also beschaffte er sich die offizielle Erlaubnis, am 12. Juni Abfälle zu verbrennen, und dass er genau an diesem Tag in seinem Garten ein Feuer entzündete, wissen wir mit Sicherheit: Der Leiter der Feuerwehr von Alexandria kam vorbei und vergewisserte sich, dass der Brand unter Kontrolle war.
    Man stelle sich das Bild vor: Ein Mörder verbrennt im Vorgarten die Leiche seiner Frau, lächelt dabei und winkt dem vorüberfahrenden Feuerwehrchef zu. Einen Drehbuchautor, der eine solche Geschichte einem Filmstudio in Hollywood anbietet, würde man wahrscheinlich auslachen. Aber Corporal Kelleher und der stellvertretenden Generalstaatsanwältin Janice Rundles war durchaus nicht zum Lachen zumute. Würde ein Geschworenengericht in New Hampshire ihnen das bizarre Szenario abnehmen?
    Auf dem Rückflug nach Knoxville zermarterte ich mir das Gehirn mit der Frage, welche zusätzlichen Indizien man vielleicht aus den verstümmelten Knochen noch gewinnen könnte. Ich hatte Kelleher und Rundles bereits alles gesagt, was ich wusste. Wenn jemand an den beschädigten, verkohlten Bruchstücken weitere Anhaltspunkte erkennen konnte, dann Steve Symes, früher mein Student und jetzt ein höchst angesehener Kollege. Zurück in

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