Der Koch
Steve und Waen sich begegneten. Dalmann hatte das Treffen arrangiert, und die beiden hatten sich auf Anhieb verstanden. Vor dem Essen hatte man in Dalmanns Büro seriös gearbeitet, und mit dem Resultat waren alle zufrieden.
Es ging um ein Geschäft, von dem Dalmann die Finger gelassen hätte, wenn die Zeiten besser gewesen wären. Aber in Anbetracht der - auch persönlichen - Finanzkrise und der Tatsache, dass das Geschäft quasi legal war, hatte sich Dalmann einverstanden erklärt, diese Vermittlerrolle zu übernehmen.
Die Handelsware bestand aus nicht kampfwertgesteigerten Panzerhaubitzen aus den fünfziger Jahren, die die Schweizer Armee ausgemustert hatte und denen die Verschrottung drohte. Waen hätte Abnehmer für das Material, das Problem war die Schweizer Gesetzgebung. Sie erlaubte zwar die Ausfuhr nach Thailand, aber nur gegen eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung, deren Einhaltung von der Schweiz kontrolliert werden könnte.
Das Risiko, dass diese Kontrollen tatsächlich durchgeführt würden, war zwar nicht groß, aber angesichts der innenpolitischen Befindlichkeiten doch vorhanden. Waffenexporte in Konfliktländer waren zur Zeit ein Thema, eine Volksabstimmung über ein Waffenausfuhrverbot stand bevor.
Nun hatte aber die Regierung vor ein paar Jahren eine Entscheidung zur Kriegsmaterialausfuhr getroffen, die dieses Problem löste: Ausgedientes Kriegsmaterial durfte ins Herstellerland zurückgehen, ohne dass eine Nichtwiederausfuhr-Erklärung verlangt wurde. Im Falle der Panzerhaubitze M-109 waren das die Vereinigten Staaten von Amerika.
Und hier kam Steve ins Spiel: Er würde die Ware für die Herstellerfirma zu einem symbolischen Betrag kaufen und als Produkte des Herstellerlandes an Waen liefern. Das war kein Problem, denn die USA waren der wichtigste Waffenlieferant Thailands.
Für den nächsten Vormittag hatte Schaeffer ein Meeting zwischen Carlisle, Dalmann und dem für die Liquidation der Haubitzen zuständigen Beamten arrangiert. Mit anschließendem Lunch.
Waen würde dazustoßen, wenn der Beamte wieder gegangen war.
Der Barkellner begleitete zwei langbeinige Frauen in engen Cocktailkleidern an den Tisch. Die größere der beiden war schwarz. Ihr kurzgeschorenes Haar sah aus wie die enganliegende Badekappe einer Olympiaschwimmerin. Die vier Herren erhoben sich zur Begrüßung. Zwei von ihnen überließen den Damen ihre Stühle und verabschiedeten sich bis zum nächsten Tag.
24
Es war nur ein Anruf, aber ein folgenschwerer. Andrea war beim Einkaufen in der Wohnabteilung eines Warenhauses. Sie wählte Tücher aus, Kissen, Kerzenständer und ein paar andere Dekorationselemente. Nicht, weil
Love Food
diese Dinge dringend brauchte, sondern einfach, weil hier indische Woche war und die Geschäfte gut liefen.
Ihr Handy klingelte, und das Display zeigte einen Anruf von Esther an, der Therapeutin.
»Hallo, Esther!«, rief Andrea, übertrieben erfreut. »So
schön,
von dir zu hören!«
Esther war sachlich und kurz angebunden. »Meine Aufgabe ist es, bei Paaren Probleme zu lösen und nicht, welche zu verursachen. Deswegen beende ich ab sofort unsere Zusammenarbeit.«
»Ich versteh nicht.« Andreas Stimme war ernst und leise geworden.
»Seine Frau ist hinter Meilingers Affäre gekommen. Er hat euch ins Spiel gebracht. Wie konntest du nur.«
»Er hat nicht lockergelassen. Es tut mir leid.« »Mir auch.«
Damit beendete Esther das Gespräch. Andrea legte die Sachen, die sie ausgesucht hatte, wieder an ihren Platz zurück.
Love Food
war für die nächsten zwei Wochen zwar noch gut ausgelastet, aber es trafen tatsächlich keine neuen Buchungen mehr ein.
Esther hatte Ernst gemacht. Andrea hatte noch versucht, sie umzustimmen, aber es hatte nichts genützt. »Weißt du«, hatte Esther gesagt, »ich habe einen Ruf zu verlieren. Wenn
Love Food
so halbseiden wird, kann ich meine Patienten gleich in den Puff schicken.«
Andrea hatte Esther im Verdacht, dass sie froh über den Vorwand war, die Zusammenarbeit aufzukünden, und beging den Fehler, das zu äußern. »Klar«, hatte sie bemerkt, »du hast nichts davon, wenn die Patienten direkt zu uns kommen und danach nicht mehr zu dir.«
Falls noch eine winzige Chance bestanden hätte, Esther von ihrem Entschluss abzubringen, hatte Andrea sie mit dieser Bemerkung zunichtegemacht.
Maravan hatte sie nicht gleich über die Entwicklung unterrichtet. Er selbst fragte schließlich: »Haben wir weniger Anfragen, oder nimmst du nicht mehr alle an?«
Erst
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