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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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Aufmerksamkeit. «Die hast du unter der Dusche
    gefunden?»
    «Schließ die Türen hinter mir ab.»
    «Sei nicht albern. Auf mich hat niemand geschossen. Ich bin der
    gute Mensch in dieser Familie.»
    Marty schmunzelte. Er konnte nicht anders. Das war sicher ihre
    Absicht gewesen. «Ich meine es ernst, Lily. Die Hintertür habe ich schon abgeschlossen, und ich werde draußen an der Vordertür
    warten, bis ich höre, dass du den Schlüssel im Schloss umdrehst.
    Und pack eine Reisetasche, während ich draußen bin.»
    Lily seufzte ärgerlich und stand auf, um ihm zur Tür zu folgen.
    «Gepackt habe ich längst. Innerhalb von fünf Minuten.
    Ein Wunder, dass ihr Männer überhaupt was erledigt kriegt, so
    lahm wie ihr seid.»
    Kaum war er vor die Tür getreten, spürte Marty, wie sich die
    Schweißperlen auf seiner Haut sammelten. Es war noch immer so
    heiß und drückend, dass einem die Luft wegblieb. Im Westen hatten sich die Wolken verdunkelt und verursachten eine jener vorzeitigen Abenddämmerungen in unheimlichem Graugrün, die einem
    Sommergewitter vorausgehen und die die wahren Farben so
    verfälschen wie eine billige Sonnenbrille mit gelben Gläsern. Der gewundene Kiespfad, der vom Haus aus zwischen den hinteren
    Anzuchtbeeten hindurchführte, wirkte in diesem seltsamen Licht
    schattig, grau und glanzlos.
    Er hatte Morey geholfen, den Kies abzuladen, hatte den kleinen
    Bagger gefahren, die Ladungen aufgeschüttet und aufgepasst, dass
    der Bagger nicht nach hinten kippte, wenn er die Schaufel hob. Der Kies war ungewöhnlich und von höchst ausgefallener Qualität,
    Lastwagen hatten ihn aus einer Grube nahe der kanadischen Grenze
    angeliefert, in der Quarz, Achat und andere Mineralien das Gestein in glitzernden rosa, lila und gelben Streifen äderten. Er war beinahe in Ohnmacht gefallen, als Morey ihm gesagt hatte, was er dafür
    bezahlt hatte.
    Aber die billigen Kieselsteine sind alle grau, Martin, und unsere alte Dame hasst grau. Das rührt vom Lager her, glaube ich. Dort war alles grau, und nichts funkelte. Siehst du, wie diese Kieselsteine in der Sonne funkeln? Das wird ihr gefallen. Das wird sie glücklich machen.
    Es war das einzige Mal, dass Morey je über ihre Zeit in
    Auschwitz gesprochen hatte, und Marty sah es als Privileg an, davon gehört zu haben. Ein noch größeres Privileg schien es ihm zu sein, dass er nun wusste, warum bunt glitzernde Steine den Gartenweg
    bedeckten. Hannah fand keinen großen Gefallen daran, weil es ihrer Meinung nach unnatürlich aussah, obwohl es doch das Gegenteil
    war. Jack fand es einfach nur protzig. Aber Marty kannte die
    Geschichte und behielt sie für sich wie ein Geschenk. Lily harkte den Pfad fast jeden Tag.
    Er hatte die Beziehung zwischen Morey und Lily nie wirklich
    verstanden. Wenn es Liebe war, dann war es auf jeden Fall eine
    andere Art Liebe als die, die er mit Hannah gefunden hatte. Er
    versuchte sich zu erinnern, ob er je gesehen hatte, dass die beiden sich küssten, umarmten oder einander auch nur an den Händen
    berührten, aber er konnte sich an dergleichen nicht entsinnen. Und doch gab es diese kleinen Gefälligkeiten zwischen ihnen – der bunte Kies für Lily; die sonderbaren Gewürzgurken, die sie jeden Morgen ihres Lebens für Morey machte, der sie als Einziger essen mochte.
    Er fand Jack und Officer Becker im fensterlosen Büro hinter dem
    Eintopfschuppen. Die Lampe auf dem Schreibtisch brannte und warf
    lange Schatten an die Wände, ließ aber die Ecken in absoluter
    Dunkelheit.
    Jack lümmelte auf dem rissigen Kunstledersofa, das vor eine
    Wand geschoben war. Sein Gesicht war rot, und er wirkte
    benommen von der Sonne und vom Schnaps, das allgegenwärtige
    Glas hielt er in der Hand. Becker stand in der Öffnung der Außentür, halb im Gebäude, halb im Freien, sodass die ersten dicken
    Regentropfen auf seine uniformierten Schultern platschten. Die
    Innentür, die zum Schuppen führte, war geschlossen und verriegelt.
    «He, Marty!» Jack tatschte auf das Kissen neben sich, sodass der
    Kunststoff knirschte. «Komm her und mach's dir bequem.» Vom
    Fußboden neben dem Sofa brachte er ein weiteres Glas zum
    Vorschein und noch eine Flasche von Moreys Balvenie, die er
    offenbar im Haus hatte mitgehen lassen.
    Officer Becker trat zur Seite, damit Marty vorbeigehen konnte.
    «Detective Rolseth hat mir gesagt, Sie würden eine Waffe tragen,
    Sir. Stimmt das?»
    Marty nickte, hob den Saum seines weißen Leinenhemds und
    enthüllte die 357er, die ziemlich

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