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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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Reisepass?» Jack schlug ihn auf und kniff die
    Augen zusammen. «Mein Gott, ist das klein gedruckt… Heißt das
    hier Paris oder Prag? Die verdammten Franzmänner können nicht
    mal einen Stempel benutzen, ohne alles zu verschmieren…»
    «Es heißt Paris. Er war einen Tag lang dort. Und an allen anderen Orten auch nicht viel länger. Seit wann war Morey ein
    Weltreisender?»
    Jack trank weiter, während er im Pass blätterte. «Mann, er war in Johannesburg?»
    «Willst du mir sagen, dass du von diesen Reisen nichts gewusst
    hast?»
    «Von diesen hier?» Jack warf den Pass auf das Kissen neben
    Marty. «Nichts. Habe ich nichts von gewusst. War's das? Können
    wir jetzt hier raus? Bei geschlossener Tür ist es höllisch heiß hier drinnen.»
    «Warum sollte Morey seinen Pass in einer Anglerkiste
    verstecken? Warum sollte er einen Haufen Reisen nach Übersee
    machen, aber gleich am nächsten Tag wieder zurückfliegen?
    Scheiße, was hat er an all den Orten getrieben, Jack?»
    «Ich wusste es. Ich wusste, dass es passieren würde. Man kann den Mann vom Polizisten trennen, aber niemals den Polizisten vom
    Mann, und jetzt kommst du mit all dieser Detective-Scheiße. Also, was jetzt, Marty? Spielen wir wieder Verhör? Möchtest du rüber in den Geräteschuppen gehen? Da hängt eine Glühbirne von der Decke.
    Die könntest du hin und her schaukeln lassen, so richtig wie im
    Kino…»
    Marty schloss die Augen und trank spontan einen Schluck.
    «Ich habe gedacht, wir könnten uns das ganze Theater sparen,
    und du sagst mir einfach die Wahrheit, Jack. Ich weiß, dass es in dieser Familie nicht üblich ist – vielleicht in keiner Familie –, aber neulich Abend habe ich's bei Lily versucht, und es ging ganz gut.»
    Jack kicherte. «Oh ja? Welche Wahrheit hast du ihr denn
    gestanden?»
    Marty sah ihm in die Augen. «Dass ich daran gedacht habe, mich
    umzubringen.»
    Jacks Glas erreichte nicht seine Lippen. «Mein Gott, Marty.
    Wegen Hannah?»
    «Nicht nur.»
    Das schien Jack mehr zu überraschen als alles andere. «Warum
    denn sonst, um Himmels willen?»
    Marty nahm noch einen Schluck, stellte das Glas auf dem
    Schreibtisch ab und schob es mit einem Finger zur Seite. Der
    Alkohol war immer noch verführerisch. Aber das Gefängnis würde
    es ihm schon austreiben, dachte er und lächelte bitter. «Das ist nun wirklich ein großes Geheimnis, Jack. Quid pro quo. Wahrheit gegen Wahrheit.»
    Jack stellte sein Glas auf den Fußboden, beugte sich vor und
    stützte die Ellbogen auf den Knien ab. «Ich hätte für dich da sein sollen. Ich habe dich im Stich gelassen, Mann. Ich habe in den
    letzten Jahren bestimmt hundert Sachen angehäuft, die ich bereue, und auf der Liste steht das an der Spitze.»
    «Die Wahrheit, Jack. Was weißt du darüber, wer deinen Vater
    umgebracht hat?»
    Jack lächelte ihn an, ohne sich zu bewegen. «Marty, die Wahrheit
    ist nicht immer das, als was sie gepriesen wird, verstehst du.»
    «Wer immer es getan hat, bringt noch andere Leute um, Jack. Du
    musst uns helfen.»
    «Nein. Er ist fertig. Nur ich bin noch übrig.»
    «Zum Teufel, woher weißt du das?»
    Jack sah tief in sein Glas, atmete durch und blies die Luft heftig wieder aus. «Ich glaube, ich muss ganz von vorne anfangen.»
    Manchmal feuerte man ganze Breitseiten von Fragen ab,
    hämmerte nonstop auf sein Gegenüber ein, aber bei jedem Verhör
    kam der Augenblick, in dem man zu fragen aufhörte und einfach
    schwieg. Marty ließ die Hände still auf den Lehnen seines Stuhls
    ruhen, behielt Jack im Blick und wartete.
    «Es fällt mir verdammt schwer, dir das anzutun, Marty. Ich weiß
    doch, was der alte Mistkerl dir bedeutet hat.»
    «Er war ein guter Mensch, Jack.»
    «Das wird hier genau wie bei Elvis.»
    «Ich kann dir nicht folgen.»
    «Na ja, erinnerst du dich, wie es war, als man herausfand, dass
    der King drogensüchtig war? Ich meine, da war dieser Typ, der
    einzig wahre König, und als was stellt er sich heraus? Als
    fettleibiger, Pillen schmeißender Junkie. Mann, das Idol stürzte vom Sockel und erschütterte mein ganzes Weltbild. Bist du bereit für so was?»
    «Jack…»
    «Pop hat mir zum ersten Mal an meinem neunten Geburtstag eine
    Waffe in die Hand gedrückt. Hast du das gewusst? Du musst bereit
    sein, sagte er, und von da an hat er mich jeden Sonnabend morgens mit zum Anoka Gun Club genommen, wo wir auf Zielscheiben
    geschossen haben. Ma dachte, wir gingen zu McDonald's, um was
    fürs Vater-Sohn-Verhältnis zu tun, und ich durfte

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