Der Köder
Fernseher laufen und ging zu seinem Schreibtisch
zurück, um Angela anzurufen und sich zu vergewissern, dass sie auf das Wetter achtete. Außerdem wollte er sie für den Fall, dass sie es vergessen hatte, noch daran erinnern, wo sie im Keller Schutz finden konnte. «Weißt du noch, unter der Treppe, wenn es notwendig
werden sollte.»
«Da ist kein Platz, Gino. Mom und Dad sind schon unten.»
Gino sah zum Fenster hinaus. Es regnete stark und donnerte und
blitzte heftig, aber mehr nicht. «Jetzt schon?»
«Beim ersten Donnerschlag sind sie runter. Und haben eine
Flasche Wodka mitgenommen.»
«Oh, Mann.»
Als er das Gespräch beendet hatte, legte auch Magozzi gerade
auf. «Erzähl mir nicht, dass du Angela jetzt schon in den Keller
geschickt hast.»
Gino schüttelte den Kopf. «Meine Schwiegereltern sitzen unter
der Treppe, saufen sich einen an und machen wer weiß was. Ist
wahrscheinlich besser für die Kids, einen Tornado zu sehen als das, was die Alten da unten veranstalten.»
Magozzi sah aus dem Fenster. «Sind wir denn gefährdet?»
«Nein. Aber die beiden haben zu lange in Arizona gewohnt.
Wetter gibt es da nicht. Absolut keins. Deswegen haben sie
vergessen, wie es ist. Ich habe endlich diesen Jungen aus der
Ferienpension in Brainerd erreicht, der nach Deutschland gezogen
ist. Thomas Haczynski – bitte nennen Sie mich Tommy, Sir. Der
höflichste Bengel, mit dem ich je gesprochen habe, außer den
beiden, die in der Gärtnerei arbeiten, und das ist auch das Beste, was ich über diesen Fall sagen kann, dass wir zur Abwechslung ein paar anständige Jungs kennen gelernt haben. Gibt mir Hoffnung für die
Menschheit. Aber auch traurig, denn er ist noch ziemlich
durcheinander. Als ich ihm gesagt habe, dass wir vielleicht eine Spur des Täters haben, der seinen Vater getötet hat, hat er sich bedankt, dass ich ihn deswegen angerufen habe, und gleich schrecklich zu
heulen angefangen. Musste seinem Onkel das Telefon geben.»
«Und was hat der gesagt?»
«Habe keinen Schimmer. Etwas auf Deutsch, glaube ich. Mann,
wie ich diese Verzögerung bei Gesprächen nach Übersee hasse, man
spricht zum Schluss sogar übereinander.»
Magozzi seufzte bekümmert. «Okay. Also ist mit der Waffe, von
der Jack gesagt hat, dass sie seinem Dad gehörte, letztes Jahr in Brainerd der Besitzer einer Ferienpension getötet worden, vermutlich ein Nazi…»
«Genau.»
«… aber die Ehefrau des Nazis hat Selbstmord begangen, ein
Sohn starb bei einem Autounfall und der andere, mit dem du gerade gesprochen hast, befindet sich irgendwo in Deutschland.»
«München.»
«Scheiße.»
Frustriert warf Gino einen Bleistift auf die Schreibtischplatte.
«Also bleibt uns nur der Typ in Montana, den unsere Freunde
Morey, Rose und Ben umbringen wollten. Und weißt du was? Dass
der es sein könnte, leuchtet mir ein. Liegt doch verdammt nahe, dass einer, dem man ins Bein geschossen hat, auf den Gedanken kommt,
dass es jemand ernsthaft auf ihn abgesehen hat. Also beschließt er, ihn lieber selbst umzulegen, bevor der es wieder versucht. Außerdem sind der Kerl in Montana und sein Sohn Survivalisten. Wenn es für solche Sachen ein Täterprofil gibt, passen die beiden bestimmt wie die Faust aufs Auge.»
«Tut mir leid, Männer», sagte Langer von der anderen Seite des
Gangs und schwenkte seinen Telefonhörer, bevor er wieder auflegte.
«Die Jungs aus Montana sind nicht mehr im Rennen. Die
Wohnwagen-Ranch Happy-Go-Lucky in Vegas hat das Wohnmobil
identifiziert und bestätigt, dass es seit fast zwei Wochen dort steht.
Ich habe nach den Besitzern gefragt, und der Manager sagte, sie
stünden während unseres Gesprächs vor ihm und er habe bereits ihre Führerscheine überprüft. Sagte, soweit er wisse, hätten sie den
Wohnwagenpark nicht ein einziges Mal verlassen – sitzen einfach
nur rum und trinken den ganzen Tag lang Bier.»
«Bei uns geht's auch nicht voran.» Peterson kam vom Faxgerät
zurück. Er warf ein Blatt Papier auf Magozzis Schreibtisch. «Das
sind alle Morde aus den letzten zehn Jahren, zumindest diejenigen, die auf den Fotos aus Ben Schulers Haus aufgeführt sind. Wenn sich Angehörige dieser Opfer auf die Jagd nach Morey Gilbert und seiner kleinen Bande gemacht haben, dann in Rollstühlen und mit
Sauerstoffmasken. Die meisten von ihnen sind über siebzig, die
Hälfte von ihnen ist tot oder erholt sich von Bypass-Operationen, Chemotherapien oder sonstigen Albträumen – verdammt, Altwerden
ist ein
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