Der Köder
seinen Mont Blanc aus
der Tasche und sah Langer und McLaren an. «Haben wir schon
einen Abschlussbericht über die Durchsuchung von Thomas
Haczynskis Wohnung?»
«Ist in Arbeit, aber der vorläufige Bericht sagt eigentlich schon alles.» McLaren schlug ein zerfleddertes kleines Notizbuch auf,
dessen Umschlag bekritzelt war. «Der Junge hatte eine 22er unter
seiner Matratze, die heute am frühen Morgen von der Ballistik als die Waffe identifiziert wurde, mit der Morey Gilbert erschossen
worden ist. Und mit der 9-Millimeter, die er bei Marty benutzt hat, sind Rose Kleber und Ben Schuler erschossen worden. Außerdem
haben wir ein Tagebuch gefunden, in dem er darlegt, was er getan
hat und warum. Der letzte Eintrag betrifft gestern Abend, als er in die Gärtnerei ging, um Jack zu töten. Eine schlimme Lektüre, kann ich euch sagen. Mich hat's jedenfalls gegruselt. Seit über einem Jahr hat er alles geplant, und zwar bis ins letzte Detail. Er hat sich auch diese Handy-Masche ausgedacht, damit es so aussieht, als würde er in Deutschland leben.»
Malcherson sah von seinem Schreibblock auf. «Und wie ging
das?»
«Wir haben es gerade Gino und Magozzi erklärt», sagte Langer.
«Montgomery besaß eins dieser teuren Tri-Band-Telefone, die
sowohl hier als auch in Europa funktionieren. Es war im Grunde
ganz einfach. Er musste nur einen deutschen Handy-Vertrag mit
deutscher Telefonnummer abschließen, und keine
Anrufrückverfolgung, noch nicht einmal unsere, konnte ihn
lokalisieren. Er konnte auf der ganzen Welt Gespräche annehmen
oder von sonstwo anrufen, und es sah so aus, als sei er in
Deutschland.»
«Der kleine Mistkerl», schimpfte Gino, der vor Wut kochte, weil
man ihn zum Narren gehalten hatte. «Heult rum, spricht im nächsten Moment Deutsch, tut so, als sei er sein eigener Onkel.»
Malcherson seufzte. «Also sind Magozzis und Rolseths Fälle
abgeschlossen.»
«Würde ich auch sagen», stimmte Langer zu. «Der Fall Arien
Fischer ist eine andere Sache. Wir wissen, dass Morey Gilbert und seine Truppe ihn umgebracht haben, aber es sind nur Indizien. Ein Stapel Flugtickets und eine Menge Mutmaßungen. Bei nicht einem
der über sechzig Morde, die sie unseres Wissens begangen haben,
ganz abgesehen von dem an Arien Fischer, können wir nachweisen,
dass einer von ihnen zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Waffe in der Hand gehabt hat. Und was Moreys Geständnis
gegenüber Lily betrifft, das könnte ein Jurastudent aus dem dritten Semester in der Luft zerreißen. Sie ist alt, sie wurde aus dem
Tiefschlaf geweckt, sie hätte es geträumt haben können… so in der Art.»
«Dasselbe gilt für Jacks Geschichte darüber, was in Brainerd
geschehen ist», sagte Gino. «Wenn sie von Jimmy Carter käme, dann vielleicht. Aber von einem betrunkenen Schadenersatzanwalt, der im Bademantel durchs Zentrum von Wayzata spaziert – das glaube ich
nicht.»
«Was ist dann das Problem?», fragte McLaren. «Wir wollen
diese Leute nicht strafrechtlich verfolgen. Sie sind tot.»
«Wenn wir versuchen, aufgrund unserer Mutmaßungen und ohne
schlüssige Beweise den Fall Arien Fischer abzuschließen, dann
verfolgen wir diese Leute strafrechtlich, wenn auch ohne Prozess», sagte Malcherson. «Ich jedenfalls möchte nicht die Öffentlichkeit davon überzeugen müssen, dass diese drei netten älteren Leute,
Säulen der Gemeinde, die alle Schrecken der Konzentrationslager
erlitten und überlebt hatten, nur um dann in unserer Stadt ermordet zu werden, in Wahrheit eine Bande von Serienmördern waren.»
McLaren warf die Hände in die Luft. «Also schließen wir den
Fall einfach nicht ab. Wir lassen ihn in alle Ewigkeit offen.»
«Das geht auch nicht», sagte Langer. «Auf Jeff Montgomerys
Tagebuch hat die Öffentlichkeit ein Anrecht, sobald wir die
Untersuchung der Morde an Gilbert, Kleber und Schuler
abschließen, und in dem Tagebuch ist in allen Einzelheiten
geschildert, wie die drei seinen Vater in Brainerd ermordet haben.
Dann käme alles auf den Tisch, und wir geraten unter Beschuss, weil wir die Sache nicht weiter verfolgt haben.»
Malcherson berührte mit dem Finger eine buschige weiße
Augenbraue. «Die Presseleute werden sich die Hände reiben. Es ist nämlich genau die Art Story, von der Journalisten träumen: Nazis, die sich unter aller Augen verstecken, jüdische Todesschwadronen, die Selbstjustiz üben – die ganze Stadt wird lange Zeit darüber
diskutieren, und wir werden zwischen den
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