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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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höflich alle Fragen beantworteten, die man ihnen stellte.
    Verständlicherweise schienen die beiden College-Studentinnen,
    die die Leiche ihrer Großmutter gefunden hatten, am ärgsten
    mitgenommen. Schluchzend streichelten sie fast zwanghaft eine
    verstörte Katze, die sich zwischen ihnen aufs Sofa gekauert hatte.
    Ihrer Mutter, Rose Klebers Tochter, war das ganze Ausmaß einer
    bodenlosen Verzweiflung anzusehen, die sehr viel tiefer reichte. Ihr Ehemann lief aufgeregt zwischen den Mitgliedern seiner kleinen
    Familie hin und her, tätschelte Schultern und Köpfe und verteilte Umarmungen, als handelte es sich dabei um Zaubertränke. Auch er
    weinte, bemühte sich aber, Haltung und Würde zu bewahren. Wer
    immer Rose Kleber gewesen sein mochte, sie war innigst geliebt
    worden.
    Nein, keiner von ihnen hatte Morey Gilbert persönlich gekannt,
    und soweit sie wussten, auch Rose nicht. Die Tochter hatte ihre
    Mutter jeden Tag besucht und konnte sich nicht vorstellen, dass ihr eine Freundschaft der beiden alten Leute entgangen sein sollte. «Wir haben gelegentlich in der Gärtnerei eingekauft», erzählte sie, «und es mag schon sein, dass er uns das eine oder andere Mal bedient hat.
    Aber, ehrlich gesagt, ich kann mich daran nicht erinnern.»
    «Können Sie sich einen Grund vorstellen, warum Ihre Mutter
    seine Nummer in ihrem Telefonbuch hatte?», hatte Gino gefragt.
    «In der Gärtnerei werden kleine Plastikschildchen mit der
    Telefonnummer zu jeder Topfpflanze gesteckt. Ich nehme an, sie hat die Nummer von einem dieser Schildchen abgeschrieben.»
    Sie hatten danach noch ein paar weitere Fragen gestellt. Womit
    Rose Kleber ihre Zeit verbrachte und welchen Organisationen sie
    angehörte. Die schwierigste Frage von allen betraf die Tätowierung auf ihrem Arm. Aber die Familie wusste nichts über Rose Klebers
    Zeit in den Lagern vor einem halben Jahrhundert. Sie hatte sich
    immer geweigert, darüber zu sprechen.
    Als Magozzi den Wagen zum Stehen brachte, öffnete Gino auch
    schon seine Tür und stieß sie weit auf. «Das war ja der reine
    Horror», schimpfte er und durchbrach das düstere Schweigen, in das sie verfallen waren, seit sie das Haus von Rose Klebers Tochter
    verlassen hatten. «Aber weißt du was? Das war echte Trauer. So müssten sich Lily Gilbert und ihr mieser Trunkenbold von Sohn
    eigentlich auch verhalten, es sei denn, einer von ihnen hat den armen alten Kerl umgebracht.»
    Magozzi seufzte und löste seinen Sicherheitsgurt. «Die
    Menschen trauern auf verschiedene Weise, Gino.»
    «Erzähl mir nicht solche Scheiße. Äußerlich mag es zwar
    verschieden aussehen, aber man erkennt doch, wann es Menschen
    das Herz bricht, weil jemand gestorben ist, und ich kann nur sagen, bei den Gilberts sehe ich davon nichts – außer vielleicht bei Marty.
    Langsam glaube ich, dass er der Einzige von der ganzen Mischpoke
    ist, dem wirklich an dem alten Mann gelegen ist. Jesus, Leo, habe ich in letzter Zeit mal erwähnt, das dies das schäbigste und armseligste Stück Garten ist, das ich in meinem ganzen Leben gesehen habe?»
    Und damit schob Gino den Kummer der Kleber-Familie, die
    Morde und die Ermittlungen beiseite, holte sich zurück ins Hier und Jetzt und zog Magozzi mit sich.
    Der atmete tief durch, fühlte sich erleichtert und grinste seinen Partner an. «In letzter Zeit nicht.»
    Sie stiegen aus dem Wagen und gingen über Grasbüschel,
    zwischen denen große Flecken bloßer Erde lagen. «Weißt du, wie es hier aussieht? Wie der Kopf von Viegs, mit all den kahlen Stellen und den vereinzelten Haarbüscheln.»
    «Es soll so aussehen», sagte Magozzi trotzig. «Man nennt das
    Xeri-Scaping.»
    «Zero-Scaping?»
    «Nein, Xeri, mit X.»
    «Hast du dir das gerade ausgedacht?»
    «Nein. Habe ich nicht. Es ist ein Wort für eine bestimmte
    Gartengestaltung, bei der man einheimische Pflanzen benutzt, die
    nicht viel Pflege erfordern.»
    «Du meinst den Löwenzahn da und die Ackerquecke?»
    «Genau.» Magozzi schloss die Tür auf und bedeutete Gino
    einzutreten. «Mach die Würstchen fertig, und ich werfe den Grill
    an.»
    Als die Kohle richtig schön glühte, war Gino mit den
    Vorbereitungen in der Küche fertig und ins Wohnzimmer gewandert.
    Er ließ den Blick über die nackten Wände schweifen, den
    Ledersessel und den einen Beistelltisch, auf dem eine dieser billigen Halogenlampen stand. «Und wie nennst du das? Xeri-Design im
    Wohnzimmer?»
    «Nein, Minimalismus.»
    Gino schüttelte den Kopf. «Jämmerlich ist das, eine

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