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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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geglaubt. Die Fälle hängen miteinander zusammen, klar. Ich kann mir nur nicht
    vorstellen, wie.»
    Gino stand von seinem Stuhl auf und streckte sich, die Hände ins
    Kreuz gepresst, den Bauch nach vorn geschoben. «Ich hatte mir alles richtig schön zusammengereimt, mit Lily als zweifachen Mörderin,
    aber du willst es nicht auf die leichte Tour haben, oder? Leo, du musst aufhören, immer nach dem Abwegigsten zu suchen.»
    Magozzi lachte, machte sich daran, die Teller abzuspülen und sie
    dann in den Geschirrspüler zu stapeln. «Wenn ich mich recht
    erinnere, hattest du doch in einem deiner so ‹schön
    zusammengereimten› Szenarien Grace MacBride schon zur
    Monkeewrench-Mörderin gestempelt.»
    «Sie war als Verdächtige auch absolut logisch.»
    «Aber der Abwegigste war es dann doch.»
    «Gut, das eine Mal mag ich ja ein wenig irregeleitet worden sein.
    Das heißt noch lange nicht, dass ich jetzt nicht den Nagel auf den Kopf getroffen habe. Hast du was gegen Sodbrennen? Die letzte
    Wurst spricht in irgend 'ner Fremdsprache mit mir.»
    «Im Schrank mit den Gläsern.»
    «Du hast Gläser! Wieso muss ich dann mein Sodawasser aus der
    Dose trinken?»
    «Wolltest du etwa ein Glas?»
    «Mann, Leo, ich bin nicht ganz unzivilisiert.» Er fand die
    Tabletten, warf ein paar davon ein, lehnte sich zurück gegen den
    Küchentresen und kaute nachdenklich. «Wo wir gerade von
    Monkeewrench sprechen – wir könnten sie doch bitten, Gilbert und
    Kleber mit der Software zu checken, die sie bei den alten,
    ungeklärten Fällen angewendet haben, und dann abwarten, ob was
    rausspringt. Das Programm war doch echt überzeugend. Hat in
    Sekunden Verbindungen gefunden, nach denen wir jahrelang gesucht
    haben.»
    «Könnte nicht schaden, denke ich. Ich werde Grace heute Abend
    die Namen geben und sie darum bitten, die beiden durchzujagen.»
    Gino bedachte ihn mit einem skeptischen Seitenblick, und
    Magozzi verzog das Gesicht. Er würde wieder eine Standpauke zu
    hören bekommen.
    «Du weißt, ich liebe Grace MacBride, stimmt's?»
    «He, du weißt, ich will dir wegen dieser Sache nicht auf den Sack gehen, aber sag mir doch mal ganz ehrlich, was für eine Zukunft du für euch beide siehst! Vielleicht musst du dich damit abfinden, dass sie ein wandelndes Trauma ist. Höllisch paranoid. Oder hat sie
    normale Beziehungen auf ihrer Liste? Zum Teufel, der letzte Mann, den sie liebte, war ein Serienmörder.»
    Magozzi funkelte ihn an. «Sie fängt sich langsam, Gino.»
    «Ach, tatsächlich? Und wie kommt es dann, dass sie letzte
    Woche ihre Knarre mit ins Kino genommen hat?»
    «In den Kinos tummeln sich heutzutage jede Menge Irre.»
    «Leo, ihr seid Sonntag in eine Vormittagsvorstellung gegangen,
    um euch einen Zeichentrickfilm anzusehen. He, versteh mich nicht
    falsch, ich bin dafür, mit Monkeewrench zu arbeiten – es sind tolle Leute, allesamt. Aber ich glaube, du solltest vorsichtig sein und eure Beziehung im Augenblick auf die Arbeit beschränken.»
    «Bist du fertig?»
    «Ja. Ende der Standpauke.»
    «Vielen Dank. Und nenne sie nicht Monkeewrench.»
    «Ach ja, habe ich vergessen. Verdammt, ich krieg den Namen
    einfach nicht aus dem Kopf.»
    So erging es auch dem Rest der Stadt, dachte Magozzi.
    «Haben sie schon einen neuen Namen?»
    «Soweit ich weiß, nein.»
    Gino reckte das Kinn nach vorn. «Ich werde drüber nachdenken.
    Ihnen eine Art Hilfestellung geben.»

    KAPITEL 16

    Es war halb zwei und fünfundzwanzig Grad warm, als Magozzi und
    Gino bei Biedermans Bestattungsunternehmen eintrafen. Beide
    schwitzten erbärmlich, denn sie trugen Jacketts, um ihre Waffen zu verbergen.
    Sol Biederman erwartete sie an der Vordertür. Er sah nicht mehr
    so mitgenommen aus wie gestern, als sie sich bei der Leiche von
    Morey Gilbert getroffen hatten, aber seine Augen waren noch rot
    gerändert. Noch so eine unangenehme Folge des Älterwerdens,
    dachte Magozzi. Das Gewebe brauchte länger, sich von Ausflügen
    ins heulende Elend zu erholen, und von so gut wie allem anderen
    auch.
    Sol führte sie in ein geräumiges Zimmer, in dem Möbel standen,
    die vor dreißig Jahren modern gewesen sein mochten. Es roch nach
    verwelkten Blumen und angebranntem Kaffee, der schale, fast
    widerliche Geruch eines billigen Kölnischwassers hing in der Luft, das jemand kürzlich beim Besuch des Aufbewahrungsraums
    getragen haben musste.
    Wenn es eine Klimaanlage gab, war sie niedrig eingestellt. Gino
    ließ sich in einen kastanienbraunen Ohrensessel fallen,

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