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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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schnappte sich ein Papiertaschentuch aus einer Box in Griffweite und wischte sich über die Stirn.
    «Wer hätte gedacht, dass es im April so warm sein könnte? Es ist
    gerade jemand dabei, meine Klimaanlage zu reparieren, aber so
    lange sollten Sie Ihre Jacketts ausziehen, Detectives. Machen Sie es sich bequem.»
    «Danke, es geht schon», sagte Gino, aber sein immer röter
    werdendes Gesicht strafte die Worte Lügen.
    «Vor fünf Uhr erwarte ich niemanden. Wir sind allein. Niemand
    wird Ihre Waffen sehen, bis auf mich, und ich verstehe mich sehr gut darauf, Geheimnisse zu wahren.»
    Gino hatte sein Jackett abgelegt, bevor der korrekte Magozzi ihm
    auch nur einen bösen Blick zuwerfen konnte, weil er sich über die Vorschriften des Department hinwegsetzte. Er hatte gerade
    beschlossen, Gino zu beschämen, indem er in seinem Jackett
    verschmachtete, als Sol auf die eigenen bloßen Arme deutete, die aus den kurzen Armen seines Hemds ragten.
    «Wenn Sie Ihr Jackett nicht ausziehen, Detective Magozzi, bin
    ich gezwungen, auch meins anzuziehen. Ich bin ein alter Mann. Ich könnte an einem Hitzschlag sterben.»
    Magozzi schmunzelte und schlüpfte aus seinem Sportsakko,
    während Sol sich auf einen Stuhl zu ihnen setzte.
    «Ich nehme an, Sie haben noch weitere Fragen an mich. Es tut
    mir leid, dass ich Ihnen gestern keine große Hilfe sein konnte.»
    Gino zog sein Notizbuch hervor. «Sie haben sich gestern wacker
    geschlagen, Mr. Biederman. Und wir verstehen, wie betroffen Sie
    gewesen müssen. Aber das Problem ist, heute Morgen ist alles noch ein bisschen komplizierter geworden.»
    Sol nickte traurig. «Ich hab von Rose Kleber gehört. Ihre Tochter rief mich an, kurz bevor Sie gekommen sind. So eine schreckliche
    Sache, einfach unglaublich, und ich frage mich, läuft da ein
    Verrückter durch die Gegend, der alte Juden umbringt?» Er blickte von Gino zu Magozzi. «Deswegen sind Sie hier, nicht wahr? Sie
    haben sich dieselbe Frage gestellt.»
    «Wir überprüfen eine Menge Dinge, Mr. Biederman», sagte
    Magozzi. «Sie kannten also Rose Kleber? Waren Sie mit ihr
    befreundet?»
    Sol schüttelte den Kopf. «Nicht wirklich befreundet, aber wir
    sind ja nur eine kleine Gemeinde. Und alle enden zu guter Letzt bei mir. Ich habe mich um Mrs. Klebers Ehemann gekümmert, als er vor
    zehn Jahren verstarb.»
    «War sie mit Mr. Gilbert befreundet?»
    «Nicht dass ich wüsste.»
    «Aber Sie hätten davon gewusst, denn Sie waren Mr. Gilberts
    bester Freund, nicht wahr?»
    Sol blickte ins Leere und blinzelte häufig. Es verging eine Weile, bevor er antwortete, so als habe es gedauert, bis die Frage durch den Raum bei ihm angekommen war. «Ja, zweifellos. Ich hätte mein
    Leben gegeben, um Moreys zu retten.»
    Diese Aussage klang so gefasst und selbstverständlich, dass
    Magozzi sie sofort glaubte.
    Gino beugte sich in dem Sessel vor. «Ich will Ihnen sagen, wie es aussieht, Mr. Biederman. Diese beiden Morde geschahen nicht
    wahllos. Es waren keine Zufallstaten. Jemand wollte, dass Morey
    und Rose Kleber starben, und wenn ein und dieselbe Person beide
    umgebracht hat, bedeutet das, sie hatten etwas gemeinsam, was wir bisher nicht entdeckt haben – etwas, das uns zu dem Mörder führen könnte. Daher könnte jede kleine Einzelheit, an die Sie sich erinnern, uns helfen, und wenn es nur so wäre, dass Morey die Tote einmal
    beiläufig erwähnt oder eventuell auf der Straße begrüßt hätte.»
    Sol dachte einen Moment nach, schüttelte dann aber den Kopf.
    «Tut mir leid. Aber ich glaube nicht.»
    «Die beiden Ermordeten waren während des Krieges im
    Konzentrationslager. Ich bin sicher, das haben Sie gewusst», sagte Magozzi.
    Sol hob den linken Arm, um ihnen die verblassten Zahlen an der
    Unterseite zu zeigen. «Natürlich wusste ich das.»
    Gino starrte auf den Arm des alten Mannes. «Wissen Sie, mein
    Leben lang habe ich noch keinen Menschen getroffen, der in einem
    Konzentrationslager war, und jetzt sind Sie der dritte in
    vierundzwanzig Stunden.»
    Sol lächelte verhalten. «Wir schalten nicht gerade
    Werbeanzeigen, aber es gibt mehr von uns, als Sie sich vielleicht vorstellen. Besonders in dieser Nachbarschaft.»
    «Verdammt, entschuldigen Sie bitte», sagte Gino.
    «Danke, Detective Rolseth.» Er sah hinunter auf die bläulichen
    Venen, die sich über seine alten Hände zogen. «Ich versuche mir
    vorzustellen, warum jemand Menschen umbringen will, die die
    Lager überlebt haben. Was hat das für einen Sinn?» Kopfschüttelnd und

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