Der Köder
Wasserlauf, über dem sie in der Schwebe gehalten
wurden, war die geographische Trennlinie zwischen Minneapolis
und seiner Zwillingsstadt, und nachdem Magozzi an diesem Morgen
eine Wiederholung von Kristin Kellers Fernsehbericht gesehen hatte, war ihm klar geworden, warum Malcherson eine winzige
Imbissstube in St. Paul als Ort für die morgendliche
Krisenbesprechung gewählt hatte. Wie man nämlich hörte, lagen die Medienleute bereits an der City Hall in Minneapolis im Hinterhalt.
St. Paul hingegen war der letzte Ort, an dem sie nach ihnen suchen würden.
«Oh, Mann, nun sieh dir das an», murrte Gino und stieg aus. «Da
hinten auf der Brücke rennen Leute rum. Setz die Sirene aufs Dach, ich werde da vorn 'n bisschen Dampf machen.» Er stapfte zwischen
den Reihen stehender Autos davon, und Magozzi sprach ein
stummes Gebet für all die Verkehrsteilnehmer, die zwischen Gino
und sein Frühstück geraten waren.
Nach weniger als fünf Minuten war er zurück und rutschte auf
den Sitz. Er lächelte verschmitzt: «Das war echt cool.»
Magozzi musterte ihn von der Seite. «Du hast Federn auf dem
Hemd.»
«Hä? Wie kommt das?»
«Du hast doch keinen Vogel verspeist, oder?»
«Nein. Da war nur eine von diesen selbstmörderischen
Entenmüttern, die ihre Küken über die Brücke geführt hat, als hätte sie hier das Wegerecht. Ahnst du eigentlich, wie schnell diese
kleinen gelben Viecher rennen können? War 'ne Höllenarbeit, sie alle einzufangen. Ein Typ hatte 'ne leere Bierkiste in seinem Truck, und da haben wir das Federvieh drin verstaut. Er nimmt sie jetzt mit auf die andere Seite. Müsste gleich weitergehen.»
Basil's Broiler war ein schummriger, schmieriger Imbiss für
Nachteulen, aber nach den unbesetzten Hockern am Tresen und den
leeren Tischen zu urteilen, hatten sich die meisten von ihnen schon nach Hause und ins Bett geschleppt. Die einzige Person am Tresen
war ein junger Bursche mit Stachelfrisur und einer unglaublichen
Menge von Metall, das in seinen Ohren, Augenbrauen, Lippen und
Nase klimperte. Er sah kurz auf, als Magozzi und Gino eintraten,
starrte jedoch gleich darauf wieder in seine Kaffeetasse.
«Siehst du den Jungen?», flüsterte Gino, als sie außer Hörweite
waren. «Ich sage dir, so was passiert, wenn du deinem Kind erlaubst, einen Ohrring zu tragen. Die fangen mit einem niedlichen kleinen
Goldknopf an, danach kommt ein Ring, zwei Ringe, und eh du dich
versiehst, sieht ihr Gesicht aus wie 'n Schrottplatz.»
«Hat Helen die Ohren durchstochen?»
«Nur über meine Leiche.»
Sie entdeckten Malcherson an einem Tisch in der hintersten
Ecke. Er hatte einen Schreibblock, zwei Handys und einen dieser
ekelhaften roten Schnellhefter des Morddezernats vor sich liegen.
Er sah auf, als sie näher kamen, und nickte einmal. «Guten
Morgen, Detectives.»
«Guten Morgen, Chief», erwiderten sie unisono und klangen wie
Schuljungen, die ihren gestrengen Rektor begrüßten.
«Sie sind spät.»
«Entenmutter und ihre Küken auf der Brücke», erläuterte Gino
und verdiente sich ein seltenes Schmunzeln von Malcherson. Jeder, der auch nur einen einzigen Frühling in Minnesota verlebt hatte,
kannte die Enten, die die Straßen überquerten, den Freeway-Verkehr zum Stillstand brachten, und die entnervten Autofahrer, die einander am liebsten erschossen hätten, sich aber von einem Moment zum
anderen in eine beglückte Schar von Tierschützern verwandelten.
«Ich nehme an, Sie konnten sie sicher über die Straße lotsen.»
«Ja, Sir.»
«Gut.» Er bedeutete ihnen, sich zu setzen, und schob ihnen eine
metallene Kaffeekanne entgegen. «Es gibt keine Speisekarte. Es gibt keine Kellnerin. Es gibt aber in der Küche einen ungeschlachten
Klotz, der versprochen hat, uns dreimal Frühstück zu servieren. Ich habe jedoch keine Ahnung, woraus es bestehen könnte.»
«Es ist bestimmt toll», sagte Gino. «Viegs hat mir von diesem
Laden erzählt. Sie bereiten alles in Lammöl zu.»
Malcherson seufzte. «Wie… ungewöhnlich.»
Gino schenkte sich eine Tasse Kaffee ein, schlürfte laut einen
ersten Schluck und studierte leicht verdutzt den Anzug des Chiefs.
Malcherson trug an diesem Morgen den taubengrauen Zweireiher
und dazu eine blassblaue Krawatte.
Frag nicht, befahl sich Malcherson selbst und gab vor, nichts zu bemerken. Aber schließlich hielt er es nicht mehr aus. «Also schön, Rolseth, was haben Sie für Probleme mit meiner Kleidung?»
«Also, das ist ohne Frage einer meiner
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