Der Köder
erstauntes Gesicht. «Du meine Güte! Frischer Rosmarin.
Wunderbar.»
«Danke. Hier in der Gegend bemerkt keiner den Rosmarin.
Möchten Sie Ketchup?»
In stillschweigender Übereinkunft sprach keiner von ihnen in den
nächsten Minuten, während sie aßen. Magozzi und Malcherson
schafften beide nicht mehr als ein Drittel ihrer Portion und schoben gleichzeitig ihre Teller von sich.
«Esst ihr das nicht mehr?», fragte Gino, der gerade das letzte
widerspenstige Stück Wurst über seinen leeren Teller jagte. «Wäre doch eine Schande, wenn das umkommen müsste. Außerdem wäre
es bestimmt besser, den Koch nicht zu beleidigen.»
«Gutes Argument.» Malcherson gab seinem Teller einen Stoß in
Ginos Richtung und sah dann auf die Uhr. «Wenn Sie beide wirklich glauben, dass Morey Gilbert, Rose Kleber und Ben Schuler über ihre gemeinsame Erfahrung als KZ-Überlebende hinaus noch durch
etwas anderes verbunden waren, nehme ich an, dass sie deren
Unterlagen, Telefonrechnungen, Bankauszüge und dergleichen
überprüfen.»
Nun ja, das tun wir, dachte Magozzi, wenn auch nicht auf ganz
ordnungsgemäßen Wegen. «Darum kümmern wir uns, Sir.»
«Tatsächlich? Und wie kümmern Sie sich darum? Bis jetzt ist
kein Antrag auf einen Durchsuchungsbeschluss über meinen
Schreibtisch gegangen…» Er hielt abrupt inne. «Schon gut. Ich
möchte keine Antwort hören.»
Malcherson wusste sehr wohl Bescheid über Magozzis
fortdauernde Beziehung zu Grace MacBride, die sich in jede
angeblich sichere Datenbank hacken konnte. Er wusste auch, dass
sein bester Detective – ein Mann, der im Dienst niemals seine
Krawatte lockern würde, weil das gegen die Bekleidungsvorschriften verstieß – eine Besorgnis erregende Ungeduld gegenüber Gesetzen
zur Sicherung der Privatsphäre, Bürgerrechten und gegenüber
Verfahrensweisen innerhalb des Dezernats entwickelt hatte, wenn er meinte, Menschenleben stünden auf dem Spiel.
Vollziehungsbescheide brauchten Zeit. Unterlagen, Akten und
Strafregister zu überprüfen brauchte Zeit, und die Versuchung, eine Abkürzung zu nehmen, war für einen Cop besonders groß, wenn er
glaubte, gegen die Uhr zu kämpfen, um einen Mörder zu schnappen.
Malcherson verstand diese Versuchung so gut wie jeder andere, aber er wusste auch, dass es schwer war aufzuhören, wenn man erst
einmal angefangen hatte, die Regeln zu brechen. Aber es gab fast
nichts auf dieser Welt, das gefährlicher war als ein Gesetzeshüter, der meinte, über dem Gesetz zu stehen. «Detective Magozzi…»
«Wir geben uns alle Mühe, in dieser Sache schnell
voranzukommen, Chief», unterbrach ihn Magozzi. «Wir wissen ja
nicht, ob es da draußen noch mehr Menschen gibt, auf die es der
Mörder abgesehen hat.»
«Ist mir durchaus klar.»
«Alte, wehrlose, verängstigte Menschen», warf Gino ein, obwohl
er den Mund voll Ei hatte. «Kekse backende Großmütter wie Rose
Kleber.»
«Detective Magozzi», wiederholte Malcherson in einem Ton, der
seine beiden Detectives verstummen ließ. «Wenn Sie vorhaben
sollten, Grace MacBride und ihre Partner zu bitten, das Programm
laufen zu lassen, das bei unseren ungelösten Fällen so erfolgreich Links gefunden hat, dann erinnern Sie die Leute bitte daran, sich nur zu Informationen Zugriff zu verschaffen, die Allgemeingut sind.»
«Dafür werde ich sorgen, Sir. Aber wir warten nicht einfach
darauf, dass sich etwas aus den Unterlagen ergibt. Wie wir in
unserem Bericht geschrieben haben, glauben wir, dass Jack Gilbert etwas weiß, und wir werden ihn noch heute in die Mangel nehmen.»
«Dazu wünsche ich Ihnen alles Glück dieser Welt. Für Presse
und Öffentlichkeit sieht es so aus, als habe der Killer es auf eine ganz spezifische demographische Zielgruppe abgesehen, und diese
Menschen geraten langsam in Panik.» Er faltete die Hände und
blickte auf seine glänzende goldene Armbanduhr. «Erinnern Sie sich an die unheilvollen Voraussagen, die von der Presse gemacht
wurden, als das neue Waffengesetz durchgebracht wurde?»
Gino schnaubte verächtlich. «Aber ja. Sie haben die Zukunft
schwarz gemalt. Millionen Bürger von Minnesota, die sich
bewaffnen und gegenseitig auf den Straßen niederschießen. Und was war? Kein Wort habe ich in den Nachrichten gehört, als schon nach kurzer Zeit so gut wie kaum mehr ein Antrag auf den neuen
Waffenschein gestellt wurde.»
Malcherson wandte den Blick zu Gino. «Allein gestern gab es
dreihundertdreiundsiebzig neue Anträge. Das war im
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