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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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dem großen Bett aus.
Lange lag sie da, ohne zu schlafen, und ihr Körper regte sich ruhelos.
     
    »Und das,
meine Helden«, schloß Gawaine, »ist der Grund, weshalb wir von Cornwall und
Orkney immerdar gegen die Könige von England sein müssen, und besonders gegen
den Clan Mac Pendragon.«
    »Deshalb ist unser Paps losgezogen, um gegen König Arthur
zu kämpfen, denn Arthur ist ein Pendragon. Hat unsere Mami gesagt.«
    »Und die Fehde muß immerdar fortgeführt werden«, sagte
Agravaine, »denn Mami ist eine Cornwall. Dame Igraine ist unsre Oma.«
    »Wir müssen unsre Familie rächen.«
    »Weil unsere Mami die schönste Frau auf der ganzen großen,
umfassenden, gewichtigen, wundersamen Welt ist.«
    »Und weil wir sie liebhaben.«
    Sie liebten sie tatsächlich. Vielleicht schenken wir alle
unser ganzes Herz kritiklos gerade denen, die am wenigsten an uns denken.
     
     
     
     
    KAPITEL 2
     
     
    Während
eines kurzen Friedens zwischen den beiden Gälischen Kriegen geschah es, daß der
junge König von England mit seinem Lehrmeister auf den Zinnen des Schlosses von
Camelot stand und über die purpurnen Weiten der abendlichen Landschaft
blickte. Ein sanftes Licht überflutete die Ebene, gemächlich wand sich der Fluß
zwischen der ehrwürdigen Abtei und dem stattlichen Schloß hindurch, und im
überflammten Wasser spiegelten sich Türme und Spitzen und Wimpel reglos in der
ruhigen Luft.
    Wie ein Spielzeug lag die Welt unter den beiden
ausgebreitet, denn sie befanden sich auf einem hohen Bergfried, der die Stadt
beherrschte. Zu ihren Füßen konnten sie das Gras auf der Außenmauer sehen – es
war beängstigend, so tief hinabzublicken – und einen kleinen Mann mit zwei
Eimern am Joch, der sich zur Menagerie begab. Der Blick zum Pförtnerhaus war
nicht so furchterregend, da es weiter entfernt lag; dort löste die Nachtwache
den Sergeanten ab. Sie schlugen die Hacken zusammen und salutierten und
präsentierten ihre Piken und tauschten die Losungsworte aus, fröhlich wie
Hochzeitsgeläut – was die beiden, da es so weit unten geschah, allerdings
nicht hören konnten. Sie sahen wie Zinnsoldaten aus, die kleinen gallow-glasses, irische Infanteristen, und ihre Schritte ergaben auf dem herrlichen, von
Schafen kurzgehaltenen Rasen keinen Ton. Außerhalb der Sperrmauer feilschten
alte Weiber, brüllten Bälger, zechten Korporale; dazwischen blökten ein paar
Ziegen, und zwei oder drei Aussätzige mit weißen Kapuzen ließen im Gehen ihre
Glöckchen bimmeln; wohltätige Nonnen besuchten zu zweien die Armen, und
zwischen einigen Mannsbildern, die an Pferden interessiert waren, entspann
sich ein hitziger Disput. Jenseits des Flusses, der unmittelbar an der Burgmauer
vorüberfloß, pflügte ein Mann auf dem Felde; sein Pflug war an den
Pferdeschwanz gebunden. Der hölzerne Pflug knarrte. In der Nähe warf eine
stumme Gestalt die Angel nach Lachsen aus – die Flüsse waren zur damaligen Zeit
noch nicht verunreinigt – , und etwas weiter entfernt begrüßte ein Esel
lauthals die hereinbrechende Nacht. All diese Geräusche erreichten die beiden
auf dem Turm verkleinert, so, als lauschten sie durch ein umgedrehtes Megaphon.
    Arthur war ein junger Mann an der Schwelle des Lebens. Er
hatte blondes Haar und ein einfältiges Gesicht; zumindest fehlten ihm Schläue
und Gewitztheit. Es war ein offenes Gesicht mit gütigen Augen und einem verläßlichen
oder treuen Ausdruck, als sei er willens zu lernen und freue sich des Lebens
und glaube nicht an die Erbsünde. Er war, das muß gesagt sein, noch niemals
ungerecht behandelt worden, und deshalb kam er ändern Menschen freundlich
entgegen.
    Der König trug ein Gewand aus Samt, das Uther dem Eroberer
gehört hatte, seinem Vater, und das mit den Bärten von vierzehn Königen besetzt
war, welche in alten Tagen bezwungen worden waren. Unglücklicherweise hatten
einige dieser Könige rote Haare gehabt, einige schwarze, andere solche aus
Pfeffer und Salz, und die Bartlänge war sehr unterschiedlich. Der Besatz wirkte
wie eine Federboa. Die Schnurrbärte waren rings um die Knöpfe geheftet.
    Merlin trug einen weißen Bart, der bis zum Nabel reichte,
eine Brille mit Horngestell und einen
kegelförmigen Hut. Dieser war Ausdruck seiner Verbundenheit mit den saxischen
Leibeigenen des Landes, deren NationalKopfbedeckung entweder eine Art
Taucherkappe oder die phrygische Mütze oder dieser kegelförmige Strohhut war.
    Manchmal sprachen die beiden miteinander, wenn es sich so
ergab und wenn sie

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