Der König auf Camelot
König beruhigend zu bedenken. »Um Avancen, gewissermaßen. Ich glaube
nicht, daß sie Euch Böses will. Ihr braucht nur vor ihr her zur Burg zu marschieren,
was? Ja, eigentlich könntet Ihr Euch ihr gegenüber auch ein wenig
entgegenkommend zeigen. Schließlich freut sich jeder, wenn seine Zuneigung
erwidert wird.«
»Schlagt Ihr etwa vor«, fragte Sir Grummore kalt, »daß wir
mit Euerm Reptil da flirten sollen?«
»Das würde die Sache gewiß wesentlich erleichtern. Ich
meine: den Rückweg.«
»Und wie sollen wir das anstellen, bitte sehr?«
»Je nun. Palomides könnte gelegentlich seinen Hals um den
ihren schlingen, was? Und Ihr mögt mit dem Schweif wedeln. Es wäre wohl zuviel
verlangt, ihre Nase zu belecken?«
»Euer in Dankbarkeit Verbundener«, sagte Sir Palomides am
Rande seiner Kräfte und mit Abscheu, »kann weder schlingen noch lecken. Auch
ist er im Begriff zu fallen. Adieu.«
Mit diesen Worten ließ der unglückliche Heide beidhändig
das Kliff los und schien geradewegs in den Rachen des Ungeheuers zu sinken –
doch Sir Grummore fing ihn auf, und die übriggebliebenen Knöpfe hielten ihn
fest.
»Seht mal, was Ihr angerichtet habt!« sagte Sir Grummore.
»Aber mein lieber Freund…«
»Ich bin nicht Euer lieber Freund. Ihr weiht uns einfach
dem Untergang.«
»Ich muß doch sagen – «
»Ja, das tut Ihr. Herzlos.« Der König kratzte sich den Kopf.
»Vielleicht«, sagte er zweifelnd, »könnte ich sie am
Schwanz festhalten, während Ihr Reißaus nehmt.«
»Dann tut das. Wenn Ihr nicht sofort was tut, stürzt
Palomides ab, und wir gehn entzwei.«
»Ich versteh’ immer noch nicht«, sagte der König bekümmert,
»weshalb Ihr Euch derart kostümieren mußtet. Damit fängt’s erst mal an. Es ist
mir völlig schleierhaft. – Nun gut«,
fügte er hinzu und packte das Biest beim Schwanz. »Nun mal sachte, altes
Mädchen. Immer mit der Ruhe. Unter den gegebenen Umständen wird’s wohl das
Richtige sein. Also los, Ihr beiden, lauft um Euer Leben! Beeilt Euch,
Grummore. Ich hab’ den Eindruck, dem Vieh gefällt die Geschichte nicht. Laß gut
sein, du Mistvieh! Lauft, Grummore! Mistvieh! Puh! Laß das! Schnell, Mann,
schnell! Macht Euch aus dem Staube! Faßt’s nicht an! Springt! Ich kann es nicht
mehr halten! Kommst du jetzt bei Fuß? Fuß, sage ich! Bleib zurück! Scheusal,
du! Schneller, Grummore! Sitz, sitz! Leg dich hin, Biest! Wirst du wohl? Seht
Euch vor, Mann, es kommt! Willst du das wohl lassen?! Da haben wir’s: jetzt hat
es mich gebissen!«
Mit
knappem Vorsprung erreichten sie die Zugbrücke, und im Hui wurde sie hinter
ihnen hochgezogen.
»Pfff!« sagte Sir Grummore, knöpfte das Hinterteil ab,
richtete sich auf und wischte sich die Stirn.
»Huuh!« kreischten diverse alte Weibsen, die auf die Burg
gekommen waren, um ihre Eier abzuliefern. Außer St. Toirdealbhach und Mutter
Morlan waren auch noch ein paar Leute vom Burgpersonal der Sprache dieser
fremden Ritter einigermaßen mächtig.
»Du glatt’s, teuflisch’s, scheußbar’s Urviech«, sagte der
Zugbrücken-Wärter. »Verschwind, vergeh, verkriech!«
»Düwelsbrut«, sagten die Umstehenden.
»Den hübschen Sir Palomides«, sagten mehrere der ›Alten‹,
die über das nächtliche Angst-Abenteuer am Kliff informiert waren, aber davon
kein Sterbenswörtchen husteten, weil sie – wie üblich – befürchteten, man
könnte ihnen daraus einen Strick drehen, »den hübschen Sir Palomides haut’s
gleich um.«
Alle wandten sich dem Heiden zu und stellten fest, daß dem
so war. Sir Palomides brach auf einem Steinblock zusammen, noch ehe er sich der
Mühe widmen konnte, seinen Kopf abzunehmen, und er atmete schwer. Sie nahmen ihm die Papphaube ab und kippten ihm einen
Eimer Wasser ins Gesicht. Dann fächelten sie ihm mit ihren Schürzen Kühlung zu.
»Ah, das arm’ Kin’«, sagten sie mitleidig. »Der Sassenagh!
Der schwarze Wilde! Kommt er’n nich’ wieder zu sich? Gib’m noch’n Schutt. Ah,
ja, so, das wirkt.«
Sir Palomides kam langsam wieder zu sich; er schnob Blasen
aus der Nase.
»Wo ist Euer Treuergebener?« fragte er.
»Wir sind hier, alter Knabe. Wir sind in Sicherheit. Das
Biest ist draußen.«
Zur Bestätigung von Sir Grummores Erklärung drang durchs
Fallgatter jammervolles Jaulen herein, so, als heulten dreißig Koppeln Hunde
den Mond an. Sir Palomides erschauerte.
»Wir sollten nach King Pellinore Ausschau halten.«
»Ja, Sir Grummore. Laßt mir nur eine Sekunde Zeit, mich zu
erholen.«
»Die
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