Der König auf Camelot
ein.
Das Biest hat mich gebissen. –
Und was glaubt Ihr?« fügte er hinzu und winkte mit einer
bandagierten Hand. »Piggy hat sie mir verbunden. Sie hat sie mir mit einem
Stück von ihren… – Ihr wißt schon: damit hat sie mich verbunden.«
»Petticoats«, brüllte die Tochter der Königin von Flandern.
»Ja doch, mit einem Stück von ihren Petticoats!«
Der König gluckste und kicherte und konnte sich nicht
halten.
»Das ist ja alles gut und schön, Pellinore, wirklich. Aber
was wollt Ihr wegen des Biests unternehmen?«
Seine Majestät wußten sich vor Freude nicht zu fassen. »Das
Biest?« rief er. »Juchhu! Andre Sorgen habt Ihr nicht? Damit werde ich gleich
fertig! –
Los denn!« rief er und schritt, sein Schwert schwingend,
zum Rand der Schlucht. »Los denn! Ab mit dir! Schschschschschsch!«
Das Aventiuren-Tier sah ihn abwesend an. Es bewegte seinen
Schwanz in einer vagen Geste des Erkennens und wandte seine Aufmerksamkeit dann
wieder dem Pförtnerhaus zu. Geschickt fing es die Steine auf, die von den
›Alten‹ geworfen wurden, und schluckte sie hinunter. Es benahm sich genauso
dreist und störrisch wie ein freches Huhn, das sich nicht vertreiben läßt: man
hätte aus der Haut fahren können.
»Laßt die Zugbrücke herab!« befahl der König. »Ich werd’s
schon in Schach halten. Schschsch-ab-schsch!«
Zögernd ging die Zugbrücke nieder. Sogleich näherte sich,
hoffnungsvoll, das tolle Tier.
»Los«, rief der König. »Lauft rüber. Ich bilde die
Nachhut.«
Die Zugbrücke war fast unten, und Piggy eilte hinüber, noch
ehe der Schwebesteg den Boden berührte. König Pellinore – weniger behende oder
mehr durch zärtliche Gefühle verwirrt – kollidierte mit ihr unterm Torbogen.
Das Aventiuren-Vieh rannte hinter ihnen her und riß den König um.
»Gebt acht! Gebt acht!« riefen die Lehnsmannen,
Fischweiber, Falkner, Pfeilmacher, Hufschmiede mitsamt all den anderen
Wohlmeinenden im Hof.
Die Tochter der Königin von Flandern wandte sich um – wie
eine Tigerin, die ihr Junges verteidigt.
»Hinweg mit dir, du schamloses Flittchen«, rief sie und
ließ ihre Reitpeitsche auf die Nase des außerordentlichen Geschöpfes
niedersausen. Das Aventiuren-Tier fuhr zurück; Tränen traten ihm in die Augen.
Dann krachte endgültig das Fallgatter herab.
Im
Verlauf des Abends entwickelte sich eine neue Krise. Es wurde offenbar, daß
Glatisant die Absicht hegte, die Burg zu belagern, bis man ihren Geliebten
herausgeben würde. Unter diesen Umständen weigerten sich die ›Alten‹, die ihre
Eier auf den Markt gebracht hatten, ohne Eskorte das Tor zu passieren.
Schließlich mußten ihnen die drei Ritter aus dem Süden mit gezogenem Schwert
bis zum Fuß der Klippen das Geleit geben.
Auf der Dorfstraße erwartete St. Toirdealbhach den Konvoi.
Er war in Begleitung von vier kleinen Knaben und wirkte wie ein liederlicher
Silen. Er roch stark nach Whisky, war wütend und schwang seine
Shillelagh-Keule.
»Keine einzige Geschichte mehr«, schrie er. »Heirat’ ich
nicht Mutter Morlan, und hab’ ich nicht grad eben mit Duncan gekämpft, und
brauch’ ich nicht kein Heiliger mehr zu sein?«
»Herzlichen Glückwunsch!« riefen die Kinder zum
hundertstenmal.
»Uns geht’s jetzt auch gut«, fügte Gareth hinzu. »Wir
dürfen jeden Tag das Essen auftragen.«
»Ehre sei dem Herrn in der Höhe! Jeden Tag? Bei Gott!«
»Ja. Und unsere Mutter geht mit uns spazieren.«
»Da sieht man’s. Jung müßte man sein.«
Der Heilige bekam den Konvoi zu Gesicht und brüllte wie ein
Irokese.
»Auf die Barrikaden!«
»Nicht doch«, sagten sie zu ihm. »Beruhigt Euch, Eure
Heiligkeit. Die Schwerter sind nicht zum Kämpfen.«
»Weshalb denn nicht?« fragte er entrüstet und trat vor, um
König Pel-linore mit einem Kuß zu begrüßen und ihn mit seinem Atemdunst zu umwölken.
Der König sagte: »Ich muß schon sagen – Ihr wollt wirklich
und wahrhaftig heiraten? Ich auch! – Seid Ihr sehr aufgeregt?«
Anstelle einer Antwort schlang der Heilige dem König seine
Arme um den Hals und zog ihn in Mutter Morlans Schwarzbrennerkneipe. Pellinore
war nicht übermäßig begeistert, da er lieber eilends zu Piggy zurückgekehrt
wäre; andererseits jedoch war es klar, daß eine Junggesellen-Abschiedsparty gefeiert
werden mußte. Das ganze gälische Miasma war verflogen wie ein Nebelschwaden
(was es ja auch war) – vielleicht dank dem Einfluß der Liebe oder des Whiskys,
vielleicht auch einfach vermöge seiner Dunstnatur – ,
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