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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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zu betrachten – als Werte ihrer
Besitzer, auch wenn die Besitzer Leibeigene waren. Merlin hatte ihn gelehrt,
jener Logik zu mißtrauen, der zufolge ganze Landstriche des Fouragierens wegen
ausgeplündert, Bauern ruiniert und Soldaten niedergemetzelt werden durften;
und er hatte begriffen, daß er selber in voller Höhe bezahlen mußte, wie der
Coeur de Lion in der Legende.
    Der König von England hatte angeordnet, daß es in dieser
Schlacht kein Lösegeld geben werde. Seine Ritter sollten kämpfen – nicht gegen
Fußsoldaten, sondern gegen die Ritter der Gälischen Konföderation. Mochten die
Fußsoldaten gegeneinander kämpfen, wenn sie es nicht lassen konnten – ja: da
sie eine wirkliche Aggression abzureagieren hatten (wobei es nicht um die
Lösegeld-Frage ging), sollten sie nach bestem Vermögen aufeinander
einschlagen. Seine Edelleute aber hatten die Edelleute der Rebellen zu attackieren,
als wären diese einfache Reisige und nichts anderes. Sie durften keine
Absprachen anerkennen und kein Ballett-Reglement einhalten. Es war ihre
Aufgabe, den Krieg an seine eigentlichen Herren heranzutragen, bis diese sich
bereit finden würden, dem Kriegführen zu entsagen, weil sie mit der
Wirklichkeit des Krieges konfrontiert worden waren.
    Hinterher, das wußte er nun genau, würde es seine
Lebensaufgabe sein, gegen jede Art der Unrechtmäßigkeit unter Androhung von
Gewalt vorzugehen.
    Wir dürfen also voraussetzen, daß man den Mannen des Königs
am Abend vor der Schlacht die Beichte abnahm. Etwas von der Vision, vom Zukunftsbild
des jungen Herrschers hatte sich seinen Hauptleuten und Soldaten mitgeteilt.
Etwas vom neuen Ideal der Tafelrunde, das unter Schmerzen geboren werden
sollte. Eine Ahnung davon, daß dem Anstand zuliebe ein abscheuliches und gefährliches
Handeln gewagt werden mußte – denn sie wußten, daß es in diesem Kampf nur Blut
und Tod geben würde, jedoch keine Belohnung. Sie hatten nur die profitlose
Befriedigung zu erwarten, das getan zu haben – trotz aller Angst – , was getan
werden mußte – einen Ertrag also, den üble Leute häufig dadurch entwertet
haben, daß sie ihn allzu pathetisch ›Ruhm‹ nannten – und der dennoch Ruhm ist.
Diese Idee war in den Herzen jener Männer, als sie niederknieten vor den
Bischöfen, die den Leib Gottes austeilten. Die Männer wußten, daß das
Verhältnis drei zu eins stand und daß sie den nächsten Sonnenuntergang
möglicherweise nicht mehr erleben würden.
     
    Arthur
begann mit einer Ungeheuerlichkeit und fuhr mit ändern Ungeheuerlichkeiten
fort. Die erste bestand darin, daß er nicht die schickliche Stunde abwartete.
Nach dem Frühstück hätte er sein Heer in Schlachtreihe dem Heere Lots gegenüber
aufstellen müssen; und um die Mittagszeit, wenn die Armeen ihre entsprechenden
Positionen bezogen haben würden, hätte er dann das Zeichen zum Beginn geben
sollen. Nach diesem Signal wäre es seine Aufgabe gewesen, Lots Fußsoldaten mit
seinen Rittern anzugreifen, während Lots Ritter seine Fußsoldaten
attackierten. Das hätte ein gar prachtvolles Gemetzel gegeben.
    Statt dessen griff Arthur bei Nacht an. In der Dunkelheit
und mit Schlachtgeschrei – eine unfeine und infame Taktik – überfiel er das
Lager der Aufrührer, wobei das Blut in seinem Halse pochte und Excalibur in seiner
Hand tanzte. Der Überlegenheit des Gegners war er sich wohl bewußt. Schon
allein die Übermacht der Ritter auf der anderen Seite war erschreckend. Ein
einzelner König der Rebellen – the King of the Hundred Knights –
verfügte bereits über zwei Drittel jener Anzahl, zu der es die Tafelrunde in
ihren besten Tagen bringen sollte. Und Arthur hatte den Krieg nicht begonnen.
Er kämpfte in seinem eigenen Land, Hunderte von Meilen diesseits seiner
Grenzen, gegen eine Aggression, die er nicht provoziert hatte.
    Nieder stürzten die Zelte, auf flammten die Fackeln, heraus
fuhren die Klingen, und das Geschrei der Schlacht vermischte sich mit dem
Geheul des Schreckens. Der Lärm, die niedermachenden und niedergemachten Dämonen,
die sich schwarz vor den Feuerbränden abhoben – was für Szenen spielten sich in
Sherwood ab, wo sich nun die Eichen schattend drängen!
    Es war ein meisterhafter Beginn, und er wurde mit Erfolg
belohnt. Die Elf Könige und ihre Barone waren bereits in voller Rüstung. (Das
Anlegen des Panzers nahm derart viel Zeit in Anspruch, daß man es oft noch bei
Nacht besorgte.) Wären sie es nicht gewesen, hätte es ein fast unblutiger Sieg
werden

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