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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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können. Die Initiative jedoch blieb bei Arthur. Die geharnischten
Ritter der ›Alten‹ kämpften sich Seite an Seite aus dem verwüsteten Lager. Es
gelang ihnen, sich zu einer gepanzerten Schar zu formieren – die immer noch
etliche Male größer war als alles, was Arthur in eine Rüstung hatte stecken
können – , doch waren sie ihres gewohnten Schutzwalls von Fußsoldaten beraubt.
Es hatte an Zeit gefehlt, die Infanteristen zu organisieren, und diejenigen
von ihnen, die beim Adel verblieben, waren demoralisiert oder führerlos.
Arthur schickte seine eigenen Fußsoldaten unter dem Befehl von Merlin ins
Bodengefecht, das sich ums Lager herum abspielte, und er selber ging mit
seiner Kavallerie gegen die Könige vor. Er hatte sie auf Trab gebracht, und nun
hieß es, sie nicht zum Verschnaufen kommen zu lassen. Sie waren äußerst empört
ob einer solch unritterlichen Überrumpelungstaktik; ja, sie empfanden es als
eine persönliche Beleidigung, daß er ihnen direkt auf den Leib rückte:
einwandfrei Meuchelmord! Man konnte doch einen Baron nicht einfach töten wie
einen gemeinen Soldaten!
    Des Königs zweite Ungeheuerlichkeit bestand darin, daß er
die Fußsoldaten außer acht ließ. Diesen Teil der Schlacht – den Rassenkampf,
der gewisse greifbare Motive hatte, obwohl er zu verurteilen war – überließ
Arthur den Rassen selber: der Infanterie und Merlins Anweisungen, dort beim
umkämpften Feldlager, von dem die Kavallerie sich bereits entfernte.
    Zwischen den Zelten kamen auf jeden Gallier drei Gälen, die
jedoch aus dem Schlaf gerissen worden waren und sich daher im Nachteil
befanden. Er war ihnen nicht besonders übel gesonnen – sein Unwillen richtete
sich allein gegen die Anführer, welche die Hohlköpfe verführt hatten – , aber
er wußte, daß man ihnen ihren Kampf lassen mußte. Er hoffte, daß er für seine
Truppen siegreich ausgehen werde. Unterdessen hatte er’s mit den hohen Herren
zu tun, und je mehr der Tag heraufdämmerte, desto augenscheinlicher wurde das
Ungeheure seines Vorgehens.
    Denn die Elf Könige hatten einen notdürftigen Schutzwall
aus Fußsoldaten versammelt, hinter dem sie seine Attacke erwarteten.
Eigentlich wäre es an ihm gewesen, diesen Wall aus verschreckten Männern
anzugreifen und sie zu vernichten: Statt dessen ignorierte er sie. Er preschte
im Galopp durch die Infanteristen, als seien sie überhaupt nicht seine Feinde;
er ließ sie sogar gänzlich ungeschoren und richtete seinen Angriff
ausschließlich gegen das gepanzerte Zentrum des Gegners. Die Infanteristen
akzeptierten diese Gnade nur allzu gern. Sie benahmen sich, als hielten sie es
nicht für eine Ehre, für Lothian sterben zu dürfen. Ihre Disziplin war, wie die
Rebellen-Generale hinterher sagten, nicht die von Pikten.
    Die eigentliche Attacke begann mit dem heraufziehenden Tag.
    Wer bei einer militärischen Veranstaltung oder anläßlich
irgendeines historischen Aufzugs eine Kavallerieattacke gesehen hat, der weiß,
daß ›gesehen‹ nicht der richtige Ausdruck ist. Man hört es: das Donnern,
Beben, Trommeln und Tosen! Ja, aber auch dann ist’s nur eine Kavallerieattacke,
kein Aufeinanderprallen zweier Ritterheere. Nun stelle man sich vor, daß die
Pferde zweimal so schwer waren wie die weichmäuligen Jagdpferde bei heutigen
Schauszenen, und die Männer wegen ihrer Waffen und Schilde noch einmal doppelt
so schwer. Hinzu kommt das Klirren der Rüstungen und das Klingeln der
Geschirre. Und aus den Panzern werden Spiegel, auf denen die Sonne blitzt. Die
schweren Speere aus Stahl senken sich. Sie kommen! Die Erde erbebt. Erdklumpen
fliegen. Huf trifte reißen den Boden auf. Nicht die Männer sind zu fürchten,
nicht einmal ihre Schwerter oder Speere, sondern die Hufe der Streitrösser.
Gewaltig braust diese Phalanx aus Erz übers Schlachtfeld – unentrinnbar, alles
niederwalzend, lauter als Trommelklang und Beckenschlag, donnernd und dröhnend.
    Die Ritter der Konföderation begegneten dem Ansturm, so gut
es ging. Sie hielten stand und wehrten sich. Aber es war ihnen zu neu, zu
fremd, trotz ihrem Rang das Ziel solch wilder Wut zu sein, angegriffen von
einer unverschämten, rasenden Schar, die nicht einmal ein Viertel der eigenen
Stärke hatte und dennoch eine Attacke nach der anderen ritt – da blieb die Wirkung auf ihren Kampfgeist nicht aus. Sie
wichen zurück. Zwar behielten sie ihre Ordnung bei, doch wurden sie auf eine
Lichtung des Sherwood-Waldes abgedrängt – eine ausgedehnte Waldblöße, die

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