Der König auf Camelot
präsentierten ihr urgeschichtliches Mauerwerk im Sonnenglanz;
Forellen und Lachse streckten ihre schimmernden Köpfe aus dem Wasser; die
Schluchten und Berge und Heidekuppen des schönsten Landes der Welt stimmten in
den allgemeinen Abschied ein – und die Seele der
gälischen Welt rief den Knaben mit lautester Feenstimme zu: Vergeßt uns nicht!
War schon
die Fahrt für die Kinder erregend, so raubten ihnen die Wunder der Metropole
Carlion schier den Atem. Hier waren um das Königsschloß herum Straßen – nicht
bloß eine einzige Straße – und Schlösser labhängiger Barone, Klöster, Kapellen,
Kirchen, Kathedralen, Marktplätze Bund Kaufherrenhäuser. Auf den Straßen waren
Hunderte von Menschen, alle in Blau oder Rot oder Grün oder in andere
leuchtende Farben gekleidet; sie trugen Einkaufskörbe am Arm oder trieben
zischende Gänse vor sich her oder eilten in der Livree irgendeines großen Lords
hierhin und dorthin. Blocken läuteten, Uhrenschläge dröhnten von Türmen
hernieder, Standarten flatterten: es war, als sei die ganze Luft über ihnen
lebendig. Hunde gab es und Esel und Zelter in Schabracken und Priester und Bauernwagen
(deren Räder zum Gotterbarmen quietschten) und Buden, in denen vergüldete
Pfefferkuchen feilgeboten wurden, und Läden, in denen herrliche Rüstungen nach
der allerneuesten Mode zur Schau standen. Seidenhändler gab es und Gewürzkrämer
und Juweliere. Über den Geschäften hingen gemalte Ladenschilder, ähnlich
unseren heutigen englischen Wirtshausschildern. Vasallen zechten vor
Weinstuben, und alte Weiber feilschten um Eier, und Wanderburschen trugen in
Käfigen Falken zum Verkauf. Hinzu kamen stattliche Ratsherrn mit goldenen
Ketten, braungebrannte und spärlich mit Lederfetzen bekleidete Pflüger,
Koppeln von Windhunden; seltsame Gestalten aus dem Osten, die Papageien
verkauften; hübsche Damen mit hohen Spitzhauben, von denen Schleier flatterten,
stolzierten einher; dann und wann ein Page, der seiner Dame voranging und ihr
das Gebetbuch trug, wenn sie auf dem Weg zur Kirche war…
Carlion war eine befestigte Stadt, so daß sich diese ganze
Geschäftigkeit innerhalb einer Wehrmauer abspielte, die kein Ende nehmen
wollte. Alle zweihundert Schritte hatte die Mauer einen Turm, und insgesamt
waren vier große Tore vorhanden. Wenn man sich der Stadt von der Ebene her
näherte, hatte man den Eindruck, als wüchsen die Schloß- und Kirchtürme in
dichtem Büschel aus der Mauerumfassung empor – wie Blütensprosse in einem irdenen
Topf.
König Arthur war entzückt, seine alten Freunde
wiederzusehen und von Pellinores Liebesbanden zu hören. Dieser war der erste
Ritter, zu dem er Zuneigung gefaßt hatte, als er ein kleiner Junge im Forest
Sauvage gewesen war, und er beschloß, dem guten Kerl eine Hochzeit von noch nie
dagewesener Pracht auszurichten.
Sie fand in der Kathedrale zu Carlion statt, und es wurde
keine Mühe gescheut, damit jedermann auf seine Kosten komme. Das Pontifikalamt
der Vermählung wurde von einer solchen Menge von Kardinalen und Bischöfen und
Nuntien zelebriert, daß die gewaltige Kirche bis in den letzten Winkel
ausgefüllt schien mit Violett und Scharlach und Weihrauch und
silberglöckchenschwingenden Knaben. Bisweilen eilte ein Bub zu einem Bischof
und klingelte ihm etwas vor. Bisweilen stelzte ein Nuntius zu einem Kardinal
und beräucherte ihn von oben bis unten. Es war wie eine Blumen-Schlacht.
Tausende von Kerzen flackerten vor den prächtigen Altären. Überall breiteten
derbe, geübte, geweihte Hände weiße Tüchlein aus, oder hielten Bücher in die
Höhe, oder segneten einander hingebungsvoll, oder besprengten sich wechselweise
mit Weihwasser, oder teilten ehrerbietig Gott dem Volke aus. Die Musik war
himmlisch – teils gregorianisch, teils ambrosianisch – , und die Kirche war
gerammelt voll. Mönche und Äbte jeder Couleur standen in Sandalen zwischen den
Rittern, deren Rüstungen im Kerzenschein blitzten. Sogar ein franziskanischer
Bischof war da, in Grau, mit einem roten Hut. Die Chorröcke und Mitren
bestanden fast gänzlich aus purem Gold, mit Diamanten besetzt, und es herrschte
ein ständiges Anziehen und Ausziehen, so daß es in der ganzen Kathedrale
fortwährend raschelte. Das Latein wurde mit solcher Geschwindigkeit geredet,
daß die Pluralgenitive von den Gewölberippen widerhallten, und die Prälaten
teilten eine derartige Menge von Ermahnungen, weisen Empfehlungen und
Segnungen aus, daß man sich wunderte, warum die gesamte
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